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Mitarbeitergewinnung im Elektrohandwerk

Beruf mit Arbeitsplatzgarantie

Ein nebelgrauer und eiskalter Morgen in einem Münchener Vorort. Der Berufsverkehr hat sich mittlerweile wieder normalisiert und ich gehe durch eine Geschäftsstraße in Richtung des Betriebes. Am Vortag fand die innerbetriebliche Weihnachtsfeier statt, deswegen ist der Empfang von Ingrid und Klaus Saller (Bild 1) entspannt und man begrüßt mich mit einem heißen Kaffee, den ich natürlich gerne annehme. Der Besprechungsraum ist wohlig warm, die Atmosphäre herzlich; das Gespräch kann losgehen.

Historie der Firma

Quelle: Saller Elektrotechnik
Quelle: Saller Elektrotechnik
Klaus Saller hat den Beruf »Energieelektroniker« gelernt. Mit der bestandenen Meisterprüfung im Jahr 2000 kam sehr schnell die erste folgenreiche Entscheidung: er gründete im selben Jahr seinen eigenen Betrieb und zwar genau mit einem weiteren Mitarbeiter, den er von seinem vorhergehenden Arbeitsplatz kannte. »Du hast ihm einfach mitgeteilt, dass er ab jetzt bei dir arbeitet und hast ihn die Kündigung und den neuen Arbeitsvertrag unterschreiben lassen«, stellt Ingrid Saller lachend fest.

Danach ging es sozusagen steil bergauf. Dennoch, so der gebürtige Vilshofener, »war es schon damals nicht leicht qualifizierte Mitarbeiter zu finden, schon gar nicht als ‚no name‘«. Seine damalige Partnerin und jetzige Frau Ingrid stieg deswegen bald nach der Gründung der Firma mit in das Tagesgeschäft ein. Zunächst als »Feierabendkraft« und zwei Jahre später dann in Vollzeit, denn »da war die Firma bereits so in Fahrt und so arbeitsintensiv, dass ich mir überlegte, sie solle wechseln und ihren bisherigen Job kündigen«, so der Inhaber.

Die zweite und ebenso weitreichende Entscheidung folgte dann im Jahr 2002, als sich Ingrid und Klaus Saller entschlossen, ein Haus in der Nähe zu kaufen. Das hatte allerdings zur Folge, dass eine Betriebsprüfung ins Haus schneite. Der Prüfer verließ nach getaner Arbeit mit einem Grinsen das Anwesen und wurde nie mehr gesehen – Finanzcheck bestanden. Damit war für einen nicht aus Oberbayern stammenden Handwerker die Integration in die heutige Umgebung abgeschlossen. Im darauffolgenden Jahr kam der erste Auszubildende in den Betrieb, der mittlerweile ebenfalls seine Meisterprüfung abgelegt hat.

Aktuell beschäftigt Saller Elektrotechnik 16 Mitarbeiter in der Verwaltung und Installationsabteilung. Mit einem Jahresumsatz von 1,5 Mio. € ist das Einkommen aller gesichert. Die Kunden generiert der Betrieb zu 70% aus dem Gewerbe und zu 30% aus dem privaten Bereich: »Hier sind wir in der Position, aufgrund des boomenden Handwerks, uns die schöneren Aufträge heraussuchen zu können. So versuchen wir in der Industrie, möglichst Aufträge zu bekommen, die praktisch keine Fräs- und Schlitzarbeiten beinhalten.«

Ein guter Teamgeist ist wichtig

Von Beginn an war und ist Klaus Saller die Außenwirkung wichtig. Deswegen stellt er ausschließlich für den Job entsprechend qualifizierte Mitarbeiter ein. Die zu finden ist allerdings nicht ganz einfach. So hatte man keine guten Erfahrungen mit klassischen Stellenanzeigen in der Tageszeitung. Die, so der Firmenchef, ziehe einfach nicht mehr. Besser dagegen wären eine aussagekräftige Internetseite (www.saller.eu) und persönliche Kontakte. Sich ins Gespräch zu bringen bei den Leuten, das sei wichtig und unter anderem deswegen wolle er den wöchentlichen Stammtisch auch nicht missen.

Schließlich gehört für ihn aber auch ein guter Umgang untereinander unbedingt zum Tagesgeschäft dazu. Seine Devise dabei: Wie ich in den Wald rufe, so schallt es zurück. So sind Herr und Frau Saller auch ein wenig stolz darauf, dass sich schon mehrfach ehemalige Kollegen, die nach der Ausbildung den Betrieb verließen, um anderswo zu arbeiten, nach einiger Zeit wieder zurückkehrten: »Einer kam nach viereinhalb, der andere nach sechs Jahren wieder zurück. Schließlich stellte sich noch ein dritter ehemaliger Azubi vor, der wiederum, über die beiden zuerst genannten, Wind davon bekam und vor wenigen Tagen zum Vorstellungsgespräch vor mir saß«, betont Klaus Saller nicht ohne Stolz.

Dabei spielte es für ihn keine Rolle, welcher Nationalität seine Mitarbeiter sind: »Ich schätze meine ost- und südosteuropäischen Kollegen genauso wie meine deutschen Mitarbeiter«. Entsprechend bunt gemischt sind die Dialekte und kulturellen Hintergründe. Ein Problem gab es damit allerdings noch nie. Bemerkenswert auch der Umgang mit Problemen bei einzelnen seiner Mitarbeiter: »Eines Tages kam mein bester Geselle zu mir und berichtete mir über ein psychisches Problem. Welches, das ist mir bis heute nicht bekannt. Mir war nur wichtig, ihm sagen zu können, dass er sich jetzt die Zeit nehmen solle, die er bräuchte, auch wenn es ein halbes Jahr wäre, eben so lange, bis er wieder fit sei und seinem Job geordnet nachgehen könne. Als er dann nach zwei Monaten wieder kam, hat er mir das total gedankt.«

Azubi aus Afghanistan – die Krux mit den theoretischen Anforderungen

Bild 2: Safi Hanefi – hier im Gespräch mit der Büroassistenz Beate Kroha – schließt im Februar 2019 seine Ausbildung ab
Bild 2: Safi Hanefi – hier im Gespräch mit der Büroassistenz Beate Kroha – schließt im Februar 2019 seine Ausbildung ab
Safi Hanefi (Bild 2) steht kurz vor seinem Abschluss als Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik. Dabei waren die Voraussetzungen des aus Afghanistan stammenden jungen Mannes alles andere als rosig: er hatte schlicht und ergreifend überhaupt keine Schulbildung in seiner Heimat erhalten. Sein Vorteil war allerdings, dass er die deutsche Sprache recht schnell erlernte und so einen Grundstein für seine Ausbildung legen konnte. Ein Berufsgrundbildungsjahr im BFZ sowie ein damit verbundenes Praktikum bei Saller Elektrotechnik ebneten dann den Weg zum begehrten Ausbildungsvertrag. Außerdem ist er inzwischen auch in Besitz eines Hauptschulabschlusses.

Als schwierig beurteilt der Firmenchef dann aber auch die theoretischen Anforderungen, die die Ausbildung im Allgemeinen beinhaltet: »Die sind meiner Meinung nach zu hoch, weil wir ja im Handwerk gerade die Kandidaten bekommen, die praktisch etwas machen möchten. Die gehen ja deswegen nicht ins Büro, weil sie in der Schule mit den theoretischen Anforderungen Probleme hatten. Jetzt kommt das duale System daher und die Jungs müssen wieder in die Schule mit den hohen theoretischen Hürden und vielen Inhalten, die wir im Handwerk zunächst gar nicht benötigen.«

Alles in allem also ein Dilemma, aus dem es so zunächst keinen Ausweg gibt. Deswegen wünscht sich Klaus Saller für die Zukunft bei der Berufsausbildung eine Reform: »Ich war schon häufiger in Schulen, um für den Job zu werben. Wenn ich jetzt aber die Ausbildungszeit von dreieinhalb Jahren präsentiere – manche kaufmännischen Berufe sind schon nach zwei Jahren abgeschlossen – und ich die Vergütung mitteile, da habe ich einfach gegenüber den anderen Berufen verloren.«

Letztendlich spielt einem in diesem Bereich aber auch das Image des E-Handwerks nicht gerade in die Karten: »Das Image ist tatsächlich nicht das Beste, weil man sich ja schmutzig machen könnte und körperlich arbeiten müsste und mancher munkelt, dass der Verdienst nicht der größte ist. Das, denke ich, ist natürlich von der Außenwirkung her ein Problem. Wobei ich das mit den Verdienstmöglichkeiten persönlich nicht so sehe.«

Zukunftsaussichten

Bild 3: So könnte die Zukunft vermehrt aussehen – Klaus Saller bei der Planung mit seinem KNX-Programmierer Robert Scherzl
Bild 3: So könnte die Zukunft vermehrt aussehen – Klaus Saller bei der Planung mit seinem KNX-Programmierer Robert Scherzl
Irgendwann geht aber auch das schönste Arbeitsleben zu Ende. Dabei ist es für viele inhabergeführte Betriebe nicht leicht, einen potentiellen Kandidaten für eine Übernahme zu finden. Rechtzeitig die Weichen zu stellen, ist für beide aber dennoch wichtig, nicht zuletzt, weil es mit der Gesundheit von Herrn Saller in der jüngsten Vergangenheit nicht gut bestellt war und es kaum Aussicht auf Besserung gibt: eine Multiple Sklerose bindet ihn zunehmend an den Rollstuhl.

Er sieht dennoch positiv in die Zukunft: »Ich liebe meinen Beruf und möchte gerne meine Erfahrung weiterhin an die Azubis oder die Elektrofachkräfte weitergeben. Da ich jetzt nicht mehr aktiv auf den Baustellen unterwegs bin, kann ich mehr und mehr unternehmerisch und planerisch tätig werden und darüber mein Wissen weitergeben.« (Bild 3)

Letztendlich sei es für ihn so, dass ihn seine Aufgabe glücklich mache und er dies auch bei seinen Kunden sehe, wenn diese sich an einer einfachen Reparatur oder einer Gebäudeautomation erfreuen würden: »Wenn wir mit unserer Arbeit fertig sind und ein Kunde ist begeistert, weil er mit seinem Handy die Haustechnik schalten kann oder eine Kundin, die sich gerade im Urlaub auf Mallorca befindet, öffnet dem Paketdienst die Gartentür über ihr Smartphone, dann ­bin ich der Überzeugung, dass wir im Handwerk Menschen glücklich machen.«
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Über den Autor
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Marcel Diehl

Redaktion »de«

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