Um hier erfolgreich zu agieren, empfehlen Experten eine ausgeprägte Kommunikation mit den Mitarbeitern und die Offenheit der Führungskraft für Rat und Unterstützung
Veränderte Strukturen erfordern veränderte Führung
Der zentrale Treiber dieser Entwicklung ist die Informationstechnologie. Sie durchzieht heute die meisten Unternehmen wie das Nervensystem den menschlichen Körper. Deshalb müssen die Führungskräfte stärker in digitalen Zusammenhängen denken.Sie müssen zudem einschätzen können, was aktuell und in naher Zukunft technologisch realisierbar sein wird. Zugleich wird es verstärkt ihre Aufgabe sein, ihren Mitarbeitern vor Augen zu führen, welche Herausforderungen und Chancen sich hieraus ergeben; des Weiteren sie zu ermutigen, diese aktiv zu nutzen.
Das setzt voraus, dass die Führungskräfte eines Unternehmens selbst bereit sind, ihre Denk- und Verhaltensgewohnheiten zu überdenken. Sie müssen sich zudem eingestehen, dass sie in der VUCA-Welt (Abkürzung der Worte
- Volatility – Flüchtigkeit
- Uncertainty – Unsicherheit
- Complexity – Komplexität und
- Ambiguity – Mehrdeutigkeit)
Verabschieden müssen sich die Digital Leader von morgen zudem von der Fiktion, dass Veränderungen in der VUCA-Welt langfristig und im Detail planbar sind. In ihr ist vielmehr häufig ein ähnliches Vorgehen angesagt wie beim klassischen Lean Management, das auf eine kontinuierliche Verbesserung abzielt: also ausgehend von einer vorläufigen Planung die ersten Schritte tun. Dann evaluieren: »Erzielen wir so die gewünschte Wirkung?« Und dann, abhängig vom Ergebnis, den Kurs entweder korrigieren oder beibehalten.
Das setzt voraus, dass die Führungskräfte in einem regelmäßigen, von Vertrauen geprägten Informationsaustausch mit ihren Mitarbeitern stehen und sie und ihre Mitarbeiter bereit sind, sich Fehlversuche einzugestehen.
Die Kompetenz mit System entwickeln
Einen solchen, von Kooperation auf Augenhöhe und regelmäßiger (Selbst-)Reflexion geprägten Führungsstil praktizieren noch wenige Führungskräfte. Deshalb feilen zurzeit viele Unternehmen an neuen Führungskräfteentwicklungskonzepten. Dabei orientieren sie sich häufig am Lean-Leadership-Development-Modell. Dieses Modell unterscheidet in der Kompetenzentwicklung von Führungskräften vier Stufen.Stufe 1: Sich als Führungskraft selbst entwickeln. Dahinter steckt die Annahme, dass in der VUCA-Welt eine Kernkompetenz von Führungskräften ist, das eigene Verhalten und Wirken zu reflektieren und die eigene Performance systematisch zu erhöhen.
Stufe 2: Andere Menschen coachen und entwickeln. Die zweite Kompetenz-Stufe besteht in der Fähigkeit, als Führungskraft andere Personen so zu entwickeln, dass diese ihrerseits die Kompetenz erwerben, ihr Verhalten und ihr Wirken zu reflektieren und eigene Lernprozesse zu initiieren.
Stufe 3: Das tägliche Sich-Verbessern (Kaizen) unterstützen. Hier geht es darum, Gruppen von Mitarbeitern (Teams, Abteilungen, Bereiche) in eine Richtung auszurichten und den kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu sichern.
Stufe 4: Eine Vision schaffen und die Ziele abstimmen. In die letzte Entwicklungsstufe ist idealerweise die gesamte Organisation involviert. Nun geht es darum, bereichs- und hierarchieübergreifend alle Aktivitäten so aufeinander abzustimmen, dass die übergeordneten Unternehmensziele erreicht werden und die Organisation eine High-Performance-Organisation wird oder bleibt.
Unternehmen werden lernende Organisationen
Von einer Führungskräfteentwicklung, die sich an diesem Kompetenz-Modell orientiert, versprechen sich die Unternehmen eine höhere Innovationskraft ihrer Organisation. Außerdem, dass sie sukzessiv zu einer Entlastung der Führungskräfte führt – und zwar in dem Maße, wie ihre Mitarbeiter die Kompetenz entwickeln, eigenständig ihr Verhalten und ihre Wirkung zu reflektieren und sich zu entwickeln. Denn je mehr Mitarbeiter eine Routine im eigenständigen Erkennen und Lösen von »Problemen« entwickelt haben, umso seltener müssen die Führungskräfte korrigierend und unterstützend eingreifen. Das entlastet sie.Und das Unternehmen? Es ist für die VUCA-Welt gewappnet, weil es sich zu einer lernenden Organisation entwickelt hat.