In der Energie-und Gebäudetechnik sind uns heute, mehr als einhundert Jahre später, Spannungen von 230 V und 400 V sehr vertraute Werte. Die Netzfrequenz von f = 50 Hz betrachten wir fast schon als selbstverständlich. Bedingt durch die Energiewende und durch die Elektromobilität, gewinnt die Gleichstromtechnik immer mehr an Bedeutung. Zunächst werden die Unterschiede zwischen Gleich- und Wechselstrom, deren Vor- und Nachteile und ihr zukünftiger Einsatz näher betrachtet.
Wegbegründer der Gleichspannungstechnik
Nach zahlreichen weiteren Erfindungen konstruierte Volta im Jahre 1800 die erste Batterie. In dieser Volta-Säule (Bild 2) schichtet er mehrere Kupfer- und Zinkplatten, getrennt von einem Elektrolyten übereinander. An den Enden der Volta-Säule bildeten sich zwei elektrische Pole aus. Ein elektrischer Strom beginnt zu fließen, sobald diese mit einem Metalldraht verbunden werden. Im Jahre 1801 führet Volta Napoleon Bonaparte seine Volta-Säule in Paris vor. Dieser war so davon begeistert, dass er nach der Eroberung Italiens im Jahre 1810 Volta in den Grafenstand erhob.
Zwei unterschiedliche Technologien standen dabei zur Verfügung: Thomas Alva Edison (Bild 3) setzte auf die Gleichstromtechnik. Seine Widersacher George Westinghouse (1856 – 1943; Bild 4) und Nicola Tesla (Bild 5) setzten dagegen auf die Wechselstromtechnik. Der grundsätzliche Aufbau beider Systeme war identisch. Ein Generator wurde über eine Dampfmaschine angetrieben. Die elektrische Energie wurde mittels Kupferleitungen in die Häuser transportiert und dort zu den Lampen verteilt. Der Unterschied beider Systeme lag zum einen am Aufstellungsort der Generatoren.
Edison favorisierte ein dezentrales System. Seine Gleichstromgeneratoren mussten aufgrund des Spannungsfalls sehr nahe am oder eventuell sogar im Haus installiert werden. Westinghouse und Tesla sahen die Zukunft für zentrale Versorgungssysteme. Sie wollten als Antrieb der Wechselstromgeneratoren beispielsweise Wasser in Flüssen oder Stauseen nutzen. Mit Hilfe von Transformatoren lässt sich Wechselspannung einfach auf höhere Spannungsebenen transformieren. Dadurch reduziert sich die Stromstärke der übertragenen Leistung und somit auch der Spannungsfall auf der Leitung.
Bilder 3 bis 5
Ein zweiter wesentlicher Unterschied beider Techniken liegt in der Gefahr für den Menschen. Für den menschlichen Körper stellt die Wechselspannung im Vergleich zur Gleichspannung eine größeres Gefahrenpotential dar. Bei gesunden erwachsenen Menschen können Wechselspannungen ab einer Stärke von UAC = 50 V lebensbedrohliche Situationen hervorrufen. Bei Gleichspannungen liegt dieser Wert mit UDC = 120 V deutlich höher. Die geringere Gefahr, die von Gleichspannungen ausgeht, ist im Wesentlichen durch zwei Tatsachen begründet:Die menschliche Haut ist in drei Schichten aufgebaut: die Oberhaut, die Lederhaut und die Unterhaut (Bild 6). Dieser geschichtete Aufbau verleiht der Haut kondensatorähnliche Eigenschaften. Kapazitäten stellen für Gleichströme hohe elektrische Widerstände dar. Der Stromfluss durch den menschlichen Körper ist daher begrenzt.
Betrachtet man das menschliche Herz, ist ebenfalls das geringere Schadenpotenzial von Gleichströmen ersichtlich. Der Herzmuskel wird über das vegetative Nervensystem zum Pumpen angeregt. Dieser elektrische Nervenimpuls erfolgt etwa einmal pro Sekunde. Fließt nun ein Fehlerstrom mit einer Frequenz von f = 50 Hz durch den menschlichen Körper, so kann dies dazu führen, dass das Herz durch die 50 periodischen Schwingungen pro Sekunde außer Takt gerät. Dies kann dann beispielsweise zum Herzkammerflimmern führen.
Es wäre allein aus Sicherheitsgründen zu vermuten, dass sich für die Elektrifizierung der Häuser und Städte die Gleichstromtechnik durchsetze. Die einfache Transformierbarkeit von Wechselspannungen und das damit mögliche Übertragen von elektrischer Energie über weite Entfernungen verhalf jedoch der Wechselspannungstechnik zum Durchbruch.