Der neue Prozessor kommt erstmals in der neuen Netzwerkkamera »P 1375« zum Einsatz. Neben gesteigerter Lichtempfindlichkeit ist hier übrigens auch eine manuelle Anpassung von Blau- und Rotkanal (der so genannte »Blauabgleich«) möglich. Axis stellte auch weitere Neuentwicklungen vor, darunter eine Indication-LED. Sie zeigt mit roter Beleuchtung an, sobald die Kamera aufzeichnet oder jemand auf die Live-Bilder zugreift. Neu ist auch eine Snap-in-Abdeckung, die man auf verschraubte Dome-Kameras aufgesteckt.
Video-Analytik und Künstliche Intelligenz
Neben Verbesserungen bei der Hardware gibt es auch bei der Software Neuerungen. Wo Video-Analysen zum Einsatz kommen, wird heute schnell von Künstlicher Intelligenz (KI) gesprochen. Damit es dabei im Bereich Videoüberwachung nicht zu Missverständnissen kommt, erläuterte Jörg Rech den Roadshow-Teilnehmern, wie sich Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Deep Learning unterscheiden. »Künstliche Intelligenz sind Maschinen, die wie Menschen intelligent denken und handeln«, so Rech. Erweiterte Video-Analytik basiert dabei auf Künstlicher Intelligenz, wenn z.B. bei vortrainierten Objektklassen Objekte automatisch detektiert werden.Deep Learning gegen Fehlalarme
Einen Schritt weiter geht das das Deep Learning, bei dem neuronale Netze mit eigenen Ableitungen und der automatischen Extraktion von Eigenschaften aus Daten entstehen. Um dorthin zu gelangen, sind jedoch viel Zeit und Rechenleistung vonnöten. »Damit dies funktioniert, werden rund eine Million beschrifteter Trainingsdaten benötigt«, erklärte Rech. Allerdings seine solche gelabelten Daten in Zeiten von Big Data und Facebook inzwischen durchaus verfügbar.Wie Deep Learning die Videoüberwachung unterstützen kann, zeigte er am Beispiel der Axis PTZ-Kameras der Q-Serie. Diese verfolgen nicht nur Personen, sondern reduzieren auch Fehlalarme. »Wir sprechen hier bei einer großen Installation von nur noch einem Fehlalarm am Tag statt wie zuvor von neun Fehlalarmen am Tag, die z.B. durch Regen oder Schatten ausgelöst wurden«, sagte Rech.
Cybersecurity und Wartung
Beim neuen Artpec-7-Chip legte Axis zudem großen Wert auf Cybersecurity. »Dieser ist eigenständig entwickelt und ohne Hintertüren«, sicherte Jörg Rech zu. Außerdem sei ein »Secure Boot« möglich. Dieser bereinigt alle Speicher der Kamera beim Rücksetzen auf die Werkseinstellung vollständig, was sich übrigens bei der Übernahme von Kameras empfiehlt. Um eventuelle Sicherheitslücken zu schließen, kommt Signed Firmware zum Einsatz. Diese signierte Firmware wird seit Anfang 2019 angeboten und soll Manipulationen bei Updates ausschließen.Oft stellt sich auch die Frage, wie man den Endkunde bei Sicherheits-Patches oder Wartungen informiert. Mit dem Axis Device Manager stellt das Unternehmen eine kostenlose Software zur Wartung zur Verfügung, bei der sich entweder der Systemintegrator mit Wartungsvertrag oder der Endkunde selbst registrieren kann und informiert wird.
Bildforensik – auf die Sichtweise kommt es an
Roland Bachofner vom Forensischen Institut Zürich nahm die Zuhörer anschließend mit in die Probleme und Möglichkeiten eines Bildforensikers. Er beschrieb, dass zum Sicherheitskonzept auch gehöre, Menschen richtig auszubilden oder ihr Versagen einzuplanen. Dabei sollte man sich bewusst sein, dass unsere Kultur bestimmt, wie wir etwas sehen. Ein bewaffneter Mann vor einem Einkaufsladen wirkt auf uns bedrohlich, in Venezuela hingegen fühlen sich die Kunden dadurch sicherer.Bachofner beschrieb, was bei der Videoüberwachung wichtig ist, um verwertbare Bilder zu erhalten. So sei der Erfolg durch eine hohe Pixeldichte im Schutzziel (und nicht in der Auflösung), durch Brennweite (statt Blickfeld) und die richtige Kameraausrichtung zu erzielen. »Filmen Sie nicht Ihr Schutzobjekt, sondern den Täter bei der Tat«, riet er. »Professionalität heißt, keine Zufallsprodukte zu produzieren. Und das beste Videosystem läuft immer nur dann, wenn etwas passiert.«
Im Anschluss konnten sich die Roadshow-Teilnehmer nicht nur in der Ausstellung beraten lassen, sondern es gab noch verschiedene Breakout-Sessions, u.a. zu Videomanagement-Software, Panorama-Kameras und Audio im Security-Umfeld.
Interview mit Verena Rathjen, VP EMEA bei Axis Communications»de«: Frau Rathjen, welche Highlights stellte Axis in diesem Jahr auf der Roadshow vor? Verena Rathjen: Meine persönlichen Highlights sind ganz klar unsere End-to-End-Solutions mit dem Axis Companion und dem Videoverwaltungssystem Axis Camera Station (ACS). Da bieten wir unseren Partnern und Endkunden Lösungen aus einer Hand. Das bringt nicht nur technische Vorzüge, sondern vor allem Vorteile im Hinblick auf Cybersecurity.»de«: Sind Netzwerklösungen denn auch für kleinere Installationen und kleinere Unternehmen geeignet? V. Rathjen: Gerade mit der Axis Companion Line richten wir uns vor allem an kleinere Systeme mit bis zu 16 Kanälen. Diese sind zum Beispiel für High-End-Privathaushalte oder für kleinere Unternehmen mit einzelnen Shops oder Büros gut geeignet. Die Companion Line dient als Einstieg in eine IP-Sicherheitslösung mit einem einmaligen Invest und ohne laufende Lizenzgebühren, was für viele Kunden auch ein wichtiges Kriterium ist. »de«: Das Thema IP schreckt manchen Elektriker ab, weil er fürchtet, für die Errichtung ein IT-Experte sein zu müssen. Ist diese Sorge berechtigt? V. Rathjen: Bei unseren End-to-End-Lösungen haben wir die Chance genutzt, viel mit digitalen Tools zu arbeiten, um genau diese Bedenken zu eliminieren. So können wir den Partner dabei helfen, den Kunden eine optimale Lösung zu bieten. Für unsere ACS-Lösung für mittelgroße Systeme haben wir zum Beispiel einen Site-Designer, mit dem man mit dem Endkunden zusammen vorab ein auf seinen Bedarf abgestimmtes System konfigurieren kann. Diese Konfiguration kann ich dann für die Installation verwenden. Das heißt, bei der Installation spiele ich die vorkonfigurierten Einstellungen direkt auf die reale Installation auf. Dadurch habe ich als Installateur die Sicherheit, dass meine Einstellungen korrekt übernommen werden. Sollten wider Erwarten dennoch Herausforderungen auftreten, gibt es noch einen speziellen Quick-Start-Service. Über diesen kann man bei Bedarf Techniker aus unserer Zentrale direkt zuschalten, um Lösungen zu finden. »de«: Axis hat neben Video- nun auch Audio-Lösungen im Portfolio, wie kam es dazu? V. Rathjen: Wir arbeiten seit einigen Jahren kontinuierlich an der Erweiterung unseres Hardware-Portfolios in angrenzende Bereiche. Neben Zugangskontrolle ist Audio dabei ein elementarer Bereich. Gerade Audio-Lösungen, die sich in unsere Sicherheitslösungen integrieren, sind momentan stark gefragt. So werden unsere Netzwerk-Hornlautsprecher gerne bei der Freigeländesicherung eingesetzt. Ein weiterer Bereich ist Audio for Business, wenn im Einzelhandel Hintergrundmusik oder Beschallung für die Verkaufsförderung in Shops gewünscht ist. Steht ein Kunde z.B. länger vor einem Angebot oder Regal, wird dies erkannt, und eine Durchsage ausgegeben, dass gleich ein Mitarbeiter kommt, der sich um ihn kümmert. Dadurch fühlen sich Kunden mehr beachtet und wahrgenommen. Gleiches gilt übrigens auf der anderen Seite auch bei Personen, die unbefugt etwas mitnehmen wollen. Wird ein geplanter Diebstahl erkannt, und der potenzielle Täter direkt angesprochen, lässt sich die Warenschwund-Rate deutlich senken. |