Eine immer wieder gerne ins Spiel gebrachte Ursache ist die Höhe der Ausbildungsvergütungen. Die beträgt inzwischen – im bundesdeutschen Durchschnitt – zwischen 673 € im ersten und 857 € im vierten Ausbildungsjahr. Fleischer oder Berufskraftfahrer etwa verdienen mehr. Ob es sich hier auch um High-tech-Berufe wie den Elektroniker handelt, dazu möge sich jeder sein eigenes Urteil bilden. Allerdings greift der Blick nur auf die Höhe der Ausbildungsvergütungen zu kurz. So klagt etwa auch das Bauhauptgewerbe über fehlenden Nachwuchs – trotz zum Beispiel 1 425 € für einen Maurer im dritten Lehrjahr.
Wesentlich wichtiger für die potenziellen Bewerber sind die Perspektiven, die ein Beruf langfristig bieten kann. Wenn ich mit Betriebsinhabern über das Thema Fachkräftemangel spreche, kristallisiert sich ein Muster heraus: Je attraktiver die Tätigkeitsfelder des Betriebs, desto leichter fällt ihm die Gewinnung von Fachkräften. Das gilt natürlich auch im Umkehrschluss: Wer mit 08/15-Arbeiten sein Geld verdient, darf sich nicht wundern, wenn sich die jungen Leute anders entscheiden.
Dass Perspektive wichtiger ist als Geld, sieht man auch an den steigenden Studentenzahlen – heute studiert mehr als die Hälfte eines Jahrgangs, vor zehn Jahren war es ein Drittel. Rund 20% der Studenten erhalten Bafög, der Rest muss sich das Studium mit Nebenjobs oder Unterstützung der Eltern finanzieren – da bleibt am Monatsende oft deutlich weniger im Geldbeutel als beim Auszubildenden.
Auch Begriffe schaffen oder verändern Perspektiven, nicht ohne Grund sprechen wir im Rahmen der Ausbildung vom »Elektroniker« und nicht mehr vom Elektroinstallateur. Vielleicht wäre es an der Zeit, sich auch vom Begriff der »Ausbildungsvergütung« zu verabschieden.