Bereits 2017 hat Roland Glück die Zertifizierung seines EZA-Reglers »Smart Multifunction Power Plant Controller« (SMPPC) beim VDE angestoßen. Das macht ihn zum Vorreiter und ersten in Europa, der das nunmehr verpflichtende Komponentenzertifikat für EZA-Regler erhalten hat.
Der Hintergrund des Zertifikats ist schnell erklärt. Ganz gleich, ob Kraft-Wärme-Kopplung-, Biogas-, Photovoltaikanlagen, Windräder, Speicher, Geothermie, Wasserkraft oder Mischanlagen: Seit dem 26. April 2019 haben sich die technischen Anschlussbedingungen (TAB) für dezentrale Erzeugungsanlagen (EZA) geändert. In diesem Zusammenhang fordert die VDE-AR-N 4110 für EZA-Regler ein Komponentenzertifikat für alle Erzeugungsanlagen, die künftig ins Mittelspannungsnetz einspeisen.
Ohne Einhaltung der VDE-AR-N 4110, keinen Netzanschluss an die Mittelspannung
»Auf Mittelspannungsebene ist die Einhaltung der technischen Anschlussregel (TAR) VDE-AR-N 4110 Pflicht, um als Betreiber seine Anlage überhaupt ans Netz zu bekommen und die erzeugte Energie dort einspeisen zu dürfen«, erläutert Roland Glück die technische Anschlussregel (TAR) Mittelspannung. Der 32-jährige Geschäftsführer der Glück MSR GmbH bemerkt derzeit, dass Anlagenhersteller, -betreiber, -planer und -projektierer gleichermaßen sensibilisiert sind für die Änderungen in den technischen Anschlussbedingungen. Aus eigener Erfahrung weiß er jedoch, dass die konkrete Umsetzung nicht so simpel ist.
VDE AR-N 4110: Netzstabilität braucht Standards
Für Netzbetreiber dienen die technischen Anschlussregeln dazu, die Netzstabilität und damit Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Generell drängen immer mehr Erzeugungsanlagen ins Netz. Waren die kleinen Anlagen früher für Netzbetreiber noch vernachlässigbar, um ihre Netze stabil zu halten, und das Abregeln von vergleichsweise wenigen großen Anlagen für sie nicht so kostspielig, sieht es mit der wachsenden Anzahl an einspeisenden EZA nun anders aus. In der Summe gefährden die EZA diese Netzstabilität und damit auch die Versorgungssicherheit.
»Die Regeln, Richtlinien und Gesetze ändern sich immer schneller und werden auch strenger«, bestätigt Roland Glück. »Der Netzbetreiber schreit nach Sicherheit.« Gerade im Netzgebiet rund um Arnstorf »wird ein Muttertagssonntag mit viel Sonnenschein kritisch fürs Netz«, erläutert Roland Glück bildlich.
Es müssen Regeln und Standards her – auch, um die Verordnung der EU-Kommission, den europäischen Network-Code »Requirements for Generators« (RfG), auszugestalten, der 2016 in Kraft getreten ist. Die VDE-Anwendungsregel ist die nationale Ausgestaltung davon. Sie fordert »für neu errichtete dezentrale Erzeugungsanlagen erweiterte Fähigkeiten für das Durchfahren von kurzen Spannungseinbrüchen sowie für die Bereitstellung von Blindleistung. Diese neuen Anforderungen verbessern die Netzstabilität«.
EZA-Regler – Schnittstelle zwischen Anlage und Netzbetreiber
Im Gegensatz zu Bestandsanalagen sind Neuanlagen an der Mittelspannung netzanschlussseitig gemäß VDE-AR-N 4110 zu zertifizieren. Im Fokus dieser veränderten technischen Anschlussbedingungen steht auch der zertifizierte EZA-Regler, bisher bekannt als Parkregler.
Der EZA-Regler sitzt in der Kundenstation, dem Netzanschlusspunkt, und bildet die Schnittstelle zum Energieversorger, Netzbetreiber und Direktvermarkter, um beispielsweise Regelleistung an der Börse zu vermarkten. Im Kontext des Netzbetriebs dient er als Übersetzer zwischen Anlage und Netzbetreiber und trägt dazu bei, dass das Spannungsband gehalten wird. Dafür erfasst er den Energiefluss am Netzanschlusspunkt und muss für die Übertragung kompatibel mit dem Einspeisemanager (Gateway) des Netzbetreibers sein. Mithilfe des EZA-Reglers kann der Netzbetreiber erzeugerseitig die Anlageneinspeisung mittels vorgeschriebener Kennlinien steuern. Mit den erfassten Ist- und Sollwerten wird ein geschlossener Regelkreis erzeugt.
Fernwirktechnische Anbindung ans Mittelspannungsnetz
Hinzu kommt, dass eine Vielzahl an Netzbetreibern bei Bezugs-, Erzeugungs-, Mischanlagen und Speichern ebenso eine Schnittstelle der sogenannten Intelligenten Kundenstation (IKS) zum Energieversorungsunternehmen (EVU) fordert. Mit dieser Schnittstelle werden Istwerte und Fehler an der Kundenstation jederzeit überwacht. Der Netzbetreiber kann in seinem Verfügungsbereich schalten und so eine Versorgung binnen Sekunden wiederherstellen. Die Netzinformationen werden der Netzführung bessere Auslastungsbetrachtungen geben. Bei Glück MSR heißt diese Lösung SMIKS. Auch diese realisiert das Unternehmen mit Komponenten von Wago.
Anlagen- und Netzbetreiber zusammenbringen
Zu Roland Glücks Kundenkreis zählt die »Robert und Oswald Stadler GbR«. Der landwirtschaftliche Betrieb betreibt PV-Anlagen auf dem Dach, eine Biogasanlage und Blockheizkraftwerke. Gut drei Viertel der Kunden von Glück MSR GmbH sind Landwirte. »Sie möchten einfach nur ihre Anlagen ans Netz anschließen«, erklärt Roland Glück. Das machen ihnen und anderen Anlagenbetreibern die geänderten technischen Anschlussbedingungen und damit verbundene Zertifikate nicht leichter. Jedoch standardisieren diese verbindlich die Bedingungen für den Netzanschluss und das Einspeisemanagement. »Wir wollen ja alle den Anteil regenerativer Energien vergrößern. Aber Netzausfälle und Versorgungsengpässe möchte auch keiner riskieren.«
Der EZA-Regler SMPPC von Glück MSR
Kompakte Maße
Rein äußerlich ist der EZA-Regler sehr kompakt gestaltet. »Der SMPPC passt genau in die freie Nische in der bereits installierten Kundenstation, direkt über dem Gateway des Netzbetreibers«, sagt Roland Glück. Der Anspruch, die kompakteste Lösung am Markt zu haben, beflügelte ihn bei der Entwicklung.
Modulares Innenleben
Fürs Innenleben setzt er auf WAGO Automatisierungstechnik. »Ich habe mich für einen Controller entschieden. Ich hätte auch eine Platine nehmen können, aber dann wäre ich sehr limitiert gewesen in den Möglichkeiten. Mit dem modularen Aufbau des WAGO Controllers PFC200, VPN zur Fernwartung und der Logfunktion auf SD-Karten können wir alles, was in Zukunft vielleicht noch gefordert wird, realisieren.«
Schnittstellenoffene Automatisierungstechnik
Ein weiterer Pluspunkt für ihn sei, dass der Controller ETHERNET-basiert ist: »Fernwartung ist damit problemlos möglich. Dafür brauche ich keine Sondersoftware und habe kein Problem mit den Schnittstellen.« Der Controller spielt die Anlagendaten im 15-Sekunden-Takt in die Cloud. »Alarm, Ereignis, Schwellwert oder übersichtliche Monitorberichte auf Tagesbasis können per E-Mail versendet werden.« Bei seinem Kunden, Robert und Oswald Stadler GbR, werden die Informationen zwischen Controller und Netzverknüpfungspunkt beispielsweise im 20-Millisekunden-Takt ausgetauscht.