Home Ausbildung Ausbildung Das virtuelle Klassenzimmer – von Sinn und Unsinn in diesen Zeiten

Arbeiten in Zeiten der Corona-Pandemie

Das virtuelle Klassenzimmer – von Sinn und Unsinn in diesen Zeiten

Es ist und bleibt belastend – die gegenwärtige Situation aufgrund eines gewissen Krankheitserregers, dessen Namen ich jetzt nicht mehr aussprechen mag – nimmt stellenweise seltsame Formen an.  Dennoch liegt in dieser Zeit auch die Möglichkeit, alte Strukturen neu zu überdenken.

Täglich erreichen mich Meldungen in meinem Redaktionspostfach, die sich auf die Durchführbarkeit von schulischen oder lernmäßigen Veranstaltungen von zu Hause aus beziehen. Wie realistisch ist das? Ich beschreibe Ihnen einmal eine kürzlich erlebte Situation: Ein großes Unternehmen plante die alljährliche Pressekonferenz (PK) zur Hannover Messe (die ja inzwischen abgesagt ist) mit großzügigem Rahmenprogramm wie beispielsweise einem dazu passenden Werks­besuch. Daraus wurde selbstredend nichts. Stattdessen gab es einen sogenannten Webcast, der genau die Inhalte wiederspiegelte, die es bei der eigentlichen Veranstaltung gegeben hätte und der ziemlich genau eineinhalb Stunden dauerte. Die Übertragung klappte technisch gesehen sehr gut, die gleichzeitige Anzeige von Präsentationen und Sprechern passte. Soweit so gut.

Doch etwas stimmte mich nachdenklich. Von den sonst zahlreichen Wortmeldungen und Fragen nach der PK gab es jetzt genau eine. Danach kurze Stille, eine knappe Verabschiedung und dann »fade off« – das war’s. Was fehlte war schlicht und ergreifend die Interaktion, Konversation oder besser, der Austausch untereinander. Was für eine Veranstaltung dieser Art noch angehen mag (jeder Teilnehmer sparte sich natürlich immens Zeit und ­einiges an Wegekosten), ist für eine schulische Situation nur schwer vorstellbar: ein rein »digitales« Szenario für eine länger andauernde Weiterbildungsmaßnahme?

Kann man praktische Übungen ersetzen? Eine andere von mir erlebte Situation war die der »augmented reality«, also ­einer Lernmaßnahme, bei der man durch eine Brille schaut und im virtuellen Raum z. B. eine praktische Aufgabe löst (hier: ­eine Schalthandlung im Traforaum). Der Vorteil: man benötigt keine kostspieligen Aufbauten mehr. Das kann – gerade bei einem knappen Haushalt eines Bildungsträgers – eine Überlegung sein. Der Nachteil: Auch dies ist derzeit nicht oder nur sehr eingeschränkt durchführbar, da für jeden der Teilnehmer eine entsprechende VR-Brille plus der Anbindung an die jeweilige IT zur Verfügung gestellt werden müsste. Ein nicht ganz billiges Unterfangen. Wo ist nun der Ausweg für alle Beteiligten?

Es wird wie so oft nur über den »goldenen Mittelweg« gehen. Präsenzveranstaltungen werden nach wie vor unumgänglich sein, ob es um praktische Übungen oder um eine Prüfungssituation geht. Irgendwann sind die Einschränkungen, die wir derzeit erleben, nicht mehr notwendig, und den Zusammenkünften steht nichts mehr im Weg. Dennoch sollte man sich für die Zukunft wappnen. Bildungseinrichtungen müssen tatsächlich umdenken und vermehrt die Möglichkeit anbieten, den theoretischen Stoff auch von zu Hause aus zu erarbeiten. In einem erneuten Krisenfall könnte man so einen rein theoretischen Unterricht weiterbetreiben und die praktischen Teile auf ­einen ­Zeitpunkt X verlegen. Die technischen Möglichkeiten dazu gibt es, hier und da hapert es »nur« am Breitband. Das ist aber wieder ein anderes Thema.

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Marcel Diehl

Redaktion »de«

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