Im Jahr 1920 gründete Alfons Brummer die gleichnamige Industrievertretung in München. Aus dem Büro im heimischen Wohnzimmer ist ein modernes Unternehmen mit rund 15 Mitarbeitern entstanden, das den südbayrischen Raum betreut. Aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums sprachen wir mit den Geschäftsführern Josef Sepp und Wilfried Schütz.
»de«: Herr Sepp, wie sehen Sie Ihre Aufgabe als Handelsvertreter?
J. Sepp: Den Begriff des Handelsvertreters finde ich nicht mehr ganz so zeitgemäß. Vielmehr sehe ich uns als Vertriebsspezialisten der Elektrotechnik. Die Vermarktung der Produkte unserer Herstellerpartner gehört ebenso wie die fachliche Beratung zu unseren Kernaufgaben ‒ und dies bei allen Marktteilnehmern der Branche, vom Investor über den Fachplaner bis zum Installateur. Über Jahrzehnte haben wir uns ein sehr breites und tiefes Netzwerk aufgebaut, wir kennen nicht nur unsere eigene Historie, sondern auch die unserer Kunden, Interessenten und Partner. Nicht nur im Hinblick auf geschäftliche / wirtschaftliche Faktoren, sondern auch in persönlicher Hinsicht. Diese Grundlage bringt uns einen einzigartigen Marktzugang.
»de«: Herr Sepp, Sie sind ja seit 1994 Geschäftsführer und gehen zur Jahresmitte in den Ruhestand. Wie sah Ihr Einstieg ins Unternehmen aus?
J. Sepp: Ich war damals bei dem Elektroinstallationsbetrieb Ramsauer in Germering tätig, der neben der Installationstätigkeit einen Schaltanlagenbau betrieb. Dafür bezogen wir über den EGH verschiedene Fabrikate, die von der Industrievertretung Brummer vertreten wurden. Bei einem Gespräch mit Erwin Germeier, dem Neffen von Alfons Brummer und damaligem Inhaber, machte er mir das Angebot, als rechte Hand seines Nachfolgers, Karl Bammesberger, in das Unternehmen zu wechseln. Zum 1.7.1985, also vor genau 35 Jahren, wechselte ich dann zur Firma Brummer und wurde nach Ausscheiden von Erwin Germeier 1987 zum Prokuristen bestellt.
Der Betrieb war damals in Allach ansässig, das Lager im Betrieb integriert und im wahrsten Sinn des Wortes waren es »andere Zeiten«. Wir mussten die LKWs mit Ware noch selbst entladen, teilweise sogar per Handarbeit – da mussten alle mit anpacken. Der Wettbewerb war dafür noch nicht so groß, unsere Hersteller kamen teilweise mit der Produktion kaum hinterher, und wir achteten darauf, dass die Ware gleichmäßig an die Kunden »verteilt« wurde. Die Wirtschaft florierte und globaler Wettbewerb war noch kein Thema.
Das stetige Wachstum führte dann schließlich zur Notwendigkeit, den Betrieb in ein wesentlich größeres Betriebsgebäude nach Gröbenzell umzuziehen – in einer Wochenendaktion, fast wie beim Umzug des Münchner Flughafens.
»de«: Herr Schütz, Sie treten zum 1.7.2020 die Nachfolge von Herrn Sepp an. Was bewegte Sie, in der heutigen Zeit eine selbstständige Handelsvertretung zu übernehmen?
W. Schütz: Ich habe im Oktober 2012 mit der klaren Perspektive in das Unternehmen gewechselt, die Nachfolge von Herrn Sepp anzutreten. Die Firma Alfons Brummer kannte ich bereits 20 Jahre aus meiner Tätigkeit als Einkaufsleiter bei der Fa. Elektro Kreutzpointner aus Burghausen. In dieser Funktion erkannte ich, dass das Geschäft trotz aller Veränderungen und technischen Hilfsmittel, auch in dieser sehr preisorientierten Branche, letztlich immer Menschen miteinander machen. Nach über 20 Jahren Einkäufertätigkeit reizte mich der Wechsel in den Vertrieb. Und die mir wichtig gewordenen, menschlichen Kontakte beibehalten zu können, war mir auch ein Anliegen.
Durch die frühzeitige Nachfolgeregelung haben wir die Weichen für die Weiterführung und das Fortbestehen der Firma Alfons Brummer gestellt. Das langfristige Vertrauen der Hersteller, das sie Herrn Sepp über viele Jahre entgegengebracht haben, konnten wir so auch gegenüber meiner Person aufbauen. Diese Kontinuität wird von unseren Partnern durchaus wertgeschätzt.
»de«: Zum Tagesgeschäft: Wie entscheiden Sie, welche Hersteller Sie vertreten – und welche auch nicht?
W. Schütz: Das Produktprogramm unserer Industriepartner ist schlüssig, sie überschneiden sich nicht, grenzen aber unmittelbar aneinander an. Dadurch kennen wir nicht nur einen Fachbereich der Elektrotechnik, sondern auch das vor- und nachgelagerte Umfeld.
Wo immer es geht arbeiten wir mit den Marktführern in dem jeweiligen Produktbereich zusammen oder mit Unternehmen, die den Anspruch haben, sich dorthin zu entwickeln. Wir setzen dabei auf Markenhersteller die sich durch Innovation, Qualität, Design und hohen technischen Anspruch definieren. Anders als bei einem anonymisierten Internetanbieter haben wir in unserer Vertriebsregion immer mit denselben Kunden zu tun. Für den unverzichtbaren, persönlichen Kontakt ist daher Verlässlichkeit und Verantwortungsbewusstsein für unsere Branche ein wichtiges Kriterium – dafür stehen die von uns vertretenen Elektro-Marken-Hersteller.
»de«: Heute haben Sie rund ein Dutzend Hersteller im Portfolio, hier gab es aber auch immer wieder Veränderungen, woran lag das?
J. Sepp: Ja, das kam aus verschiedenen Gründen immer wieder vor. Durch Unternehmensverkäufe entsteht plötzlich eine Wettbewerbssituation innerhalb der Vertretung. Auch dass ein Hersteller an einen Konzern veräußert wird, der auf eine eigene Vertriebsmannschaft setzt und nicht mit regionalen Vertretungen zusammen arbeitet, hatten wir bereits in der Vergangenheit. Wichtig ist hier immer, eine für alle Beteiligten zeitnahe und faire Lösung zu finden – auch um unsere Kunden nicht in Verlegenheit zu bringen.
»de«: Sie führen ein eigenes Lager, das von einem Dienstleister betrieben wird. Macht das vor dem Hintergrund eines flächendeckenden Großhandels Sinn?
J. Sepp: Im Laufe des letzten Jahrzehnts hat der EGH zunehmend auf Zentralläger umgestellt, also ist nicht mehr jedes Produkt an jedem Auslass physisch verfügbar – gerade wenn es sich um Komponenten handelt, die in geringeren Stückzahlen nachgefragt werden. Durch unser gut sortiertes Lager, z. B. von den Herstellern Jung, Kaiser und Schuch, sind wir dem Großhandel und somit auch seinem Kunden, dem Elektroinstallateur, in vielen Fällen eine Hilfe. In der aktuellen Situation durch Corona ist es auch für die Hersteller ein wichtiges Argument, dass Ware in dezentralen Lägern verfügbar ist. Sollte ein Logistikzentrum aufgrund einer Quarantäneanordung still stehen, können bis zu 16 regionale Läger weiterhin die Warenverfügbarkeit sicher stellen. Ich denke, die aktuelle Situation wird hier einige zum Umdenken anregen.
»de«: Der Konzentrationsprozess auf Seiten der Industrie schreitet immer weiter voran. Gerade größere Hersteller nehmen den Vertrieb gerne in die eigene Hand. Sehen Sie das mit Sorge?
W. Schütz: Ja, das stimmt – aber »größer« heißt nicht »besser«. Wir haben in Deutschland einen sehr starken Mittelstand von Herstellern, der sich meist über Generationen zu dem entwickelt hat, was er heute ist – ein Hidden-Champion, ein Spezialist auf seinem Gebiet. Genau für diese Unternehmen sind Handelsvertreter die richtigen Partner.
Wir bündeln in unseren Unternehmen die Kenntnisse dieser Spezialisten zu einem wichtigen und wertvollen Gesamtanteil an einem Projekt – durch unser Portfolio von der Baugrube bis zur Endinstallation. Daher werden wir vom Elektrogroßhandel, aber auch von Investoren, Fachplanern und dem Handwerk als Partner geschätzt.
»de«: Bei einem so breiten Produktspektrum, fehlt da Ihren Vertriebsmitarbeitern nicht die Tiefe?
J. Sepp: Natürlich ist es eine Herausforderung, gerade in der schnelllebigen Zeit immer das entsprechende Wissen abrufen zu können. Unsere Mitarbeiter sind alle »vom Fach«, meist Elektromeister, Elektriker oder Maschinenbauingenieure, und können auf eigene, praktische Erfahrungen zurückgreifen. Dies ist gerade im Gespräch mit dem Handwerk oder dem Fachplaner sehr hilfreich. Zusätzlich werden wir sehr kompetent von gut ausgebildeten und erfahrenen Vertriebsleuten verschiedener Hersteller im Gebiet unterstützt. Lichtberechnungen oder die Planung und Auslegung von Lüftungsanlagen können wir im Haus selbst erstellen, aber auch die Hersteller unterstützen hier tatkräftig – Teamarbeit eben.
»de«: Die ersten 100 Jahre sind geschafft, wie sehen Sie die Zukunft?
W. Schütz: Aktuell sind natürlich viele Diskussionen geprägt durch die Corona-Krise. Die Entwicklung der letzten Jahre war kontinuierlich positiv, dies fortzuführen ist unser Anspruch. Auch für die Zeit nach Corona sind Themen wie Facharbeitermangel als reglementierender Faktor oder Internationalisierung des Wettbewerbs Themen, auf die wir eine Antwort finden. Ich bin ein positiv denkender Mensch, und bei einem 100 Jahre alten Unternehmen hatten auch meine Vorgänger eine Vielzahl großer Herausforderungen. Gute Unternehmer, die sich auf ein starkes Netzwerk und verlässliche Partner stützen können, werden auch diese meistern.
»de«: Herr Sepp, ein solcher Anlass gehört doch entsprechend gefeiert. Wie gehen Sie nun in der aktuellen Situation damit um?
J. Sepp: Das Coronavirus hat unsere Pläne bezüglich der Feier zum 100-jährigen Bestehen unserer Firma leider in Frage gestellt. Schweren Herzens erachten wir es einfach als vernünftig und absolut richtig unsere Jubiläumsveranstaltung, auf die wir uns schon so lange gefreut haben, bis auf unbestimmte Zeit zu verschieben.
»de«: Herr Sepp, Herr Schütz, vielen Dank für das Gespräch.
- 1920: Gründung durch Alfons Brummer. Büro und Lager im heimischen Wohnzimmer in München in der Nymphenburger Straße. Vertretene Hersteller: Lindner, Bamberg; Kleinhuis, Lüdenscheid; Gebr. Vedder GmbH, Schalksmühle; Vorwerk & Sohn Techn. Gummiwaren u. Isolierbänder, Wuppertal.
- 1950: Aufgrund des Wachstums Anmietung von Büroräumen und Lager in München, Lazarettstr. 3.
- 1960: Im Dezember stirbt Alfons Brummer, sein Neffe Erwin Germeier übernimmt die Geschäftsführung.
- 1961: Karl Bammesberger tritt in das Unternehmen ein.
- 1966: Verlegung der Büro- und Lagerräume nach München Schwabing in die Gundelindenstraße und einem Außenlager für Kanäle am Bahnhof Schwabing.
- 1972: Umwandlung der Einzelfirma in eine KG mit Komplementär Erwin Germeier und Kommanditist Karl Bammesberger.
- 1976: Bezug eines neuen Lagers (900 m2) und neuer Büroräume in der Kirschstraße 22 in München-Allach.
- 1979: Umwandlung der KG in eine GmbH.
- 1980: Übernahme der Vertretung von Striebel & John und der Deutschen Vynckier (Hersteller von Isolierstoffgehäusen für hohe Schutzarten).
- 1985: Josef Sepp beginnt am 1.7.1985 seine Tätigkeit.
- 1987: Erwin Germeier geht in den Ruhestand, Karl Bammesberger übernimmt die Firma, Josef Sepp wird Prokurist.
- 1989: Umzug nach Gröbenzell mit einem Lager von rund 2000 m2 und Büros einschließlich Schulungsraum.
- 1994: Josef Sepp wird zum Geschäftsführer bestellt.
- 80…90er: Übernahme weiterer Vertretungen: Rutenbeck (1989), Fränkische Rohrwerke (1995), Lübbering (1997).
- 1997: Übergabe der gesamten Logistik einschließlich Lagerpersonal an die Firma Wolf Logistik.
- 1998: Erwerb eines Grundstücks im Gewerbegebiet »KIM-Krailling« und Bau eines modernen Bürogebäudes mit Schulungsraum.
- 1999: Mitte Juli Umzug nach Krailling in das neue Bürogebäude, Übernahme der Vertretung Kaiser.
- 2001: Karl Bammesberger geht zum 31.7.2001 in den Ruhestand, Josef Sepp übernimmt die Firma.
- 2000er: Übernahme weiterer Vertretungen: Mennekes (2002), Schuch Leuchten (2005), Ludwig Leuchten (2007), Jung (2008), Helios (2009), GGK (2010), Runpotec (2010).
- 2012: Wilfried Schütz beginnt seine Tätigkeit.
- 2018: Wilfried Schütz wird zum Geschäftsführer bestellt.
- 2019: Übernahme der Vertretung Mennekes E-Mobility.
- 2020: Josef Sepp geht zum 30.6.2020 in den Ruhestand, Wilfried Schütz übernimmt die Firma in fünfter Generation.
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