Noch vor wenigen Monaten waren der Fachkräftemangel und fehlender Nachwuchs ein zentrales Thema im Handwerk. Mit aufwendigen Kampagnen und Aktionen wurden junge Menschen umworben, sich für eine berufliche Zukunft im Handwerk zu entscheiden. Im Elektrohandwerk haben diese Bemühungen, welche auf allen Ebenen der Branche vorangetrieben wurden, gefruchtet. Die Zahl der Ausbildungsverträge steigt seit Jahren leicht an. Sicherlich könnten es angesichts der aktuellen Entwicklungen bei Klimaschutz, Energiewende und Elektromobilität sowie dem demografischen Wandel noch mehr junge Menschen sein, die sich für ein Berufsleben in unserer spannenden und zukunftssicheren Branche entscheiden – der Bedarf wäre da. Der Trend jedoch sieht positiv aus.
Aktuell stellt sich die Lage jedoch völlig anders dar. Die Zahl der Ausbildungsplätze im Handwerk sinkt angesichts der verheerenden Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Konjunktur und Beschäftigungslage. Das sich abzeichnende Defizit zwischen Angebot und Nachfrage an Ausbildungsplätzen hat die Politik alarmiert, und es wurde ein Bundesprogramm »Ausbildungsplätze sichern« verabschiedet. Darin enthalten ist u. a. eine Ausbildungsprämie für Betriebe mit bis zu 249 Mitarbeitern. Sie beträgt 2000 € für einen Ausbildungsplatz, wenn dieser 2020/2021 abgeschlossen wird und die Gesamtzahl der Ausbildungsplätze im Unternehmen nicht sinkt. Sogar 3 000 € werden für einen neu abgeschlossenen Ausbildungsvertrag gezahlt, wenn der Ausbildungsbetrieb die Zahl der Ausbildungsplätze erhöht.
Das Elektrohandwerk ist als systemrelevante Branche bisher relativ unbeschadet durch die Krise gekommen. Sicher, die organisatorischen Aufwendungen sind noch größer geworden, und auch so mancher Auftrag ist geplatzt oder wurde verschoben. Doch insgesamt hört man wenig von Kurzarbeit, und die Konjunkturumfragen des ZVEH zeichnen ein verhalten optimistisches Bild. Dennoch gibt es in Krisenzeiten immer die Verunsicherten und diejenigen, die in Krisen Chancen für Neues sehen.
Mit einem dieser Berufsoptimisten konnte ich dieser Tage ein aufschlussreiches Gespräch führen. Der Inhaber und Geschäftsführer eines Elektrohandwerksbetriebes in Norddeutschland berichtete mir von seinen Erfahrungen mit neuen Bewerbern für das kommende Ausbildungsjahr. Bedingt durch den Lockdown, musste er das gesamte Prozedere des Bewerbungsprozesses umstellen. Bewerbungen via Whatsapp und Facebook hat er möglich gemacht. Bewerbungsgespräche wurden per Videoschalte in einschlägigen Social-Media-Kanälen oder auf Online-Plattformen geführt.
Mit Unverständnis hat er während des Lockdowns auf Berufskollegen reagiert, die vor allem die konjunkturellen Unsicherheiten ins Feld führten, wenn es um das eigene Engagement für die Ausbildung ging.
Der Elektromeister, mit dem ich sprach, hat die Zahl der Ausbildungsplätze in seinem Unternehmen sogar noch erhöht. Gerade weil der Bedarf an Ausbildungsplätzen krisenbedingt ansteigt, sollte seiner Meinung nach das Elektrohandwerk sein Engagement weiter nach oben fahren und so gut gerüstet in die Zukunft blicken. Gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter sind die beste Grundlage, um Chancen für neue Geschäfte und Tätigkeitsfelder zu ergreifen.
Sollte es Probleme mit dem Download geben oder sollten Links nicht funktionieren, wenden Sie sich bitte an kontakt@elektro.net