Selbstredend sieht es jetzt in den Räumen anders aus als noch in den früheren Jahren in der Gleichstromwickelei (Bild 1). In der Anfangszeit war die Firma ein Installationsgeschäft für elektrische Bedarfsartikel. So kann man Rudolf Schmidtsdorff (Bild 2) mit Recht als einen Pionier der Elektrifizierung bezeichnen. Später entwickelte sich das Geschäft zu einer Spezialfabrik für elektrische Maschinen-Apparate. Diese ersten Jahre verliefen sehr turbulent und man verlagerte sechsmal den Standort. Seit 1934 ist Schmidtsdorff in Alt-Moabit 73 ansässig.
Nach dem 1. Weltkrieg stellte der Firmengründer Friedrich Bokelmann als Betriebsleiter und Erich Mende als Bürovorsteher ein, wandelte 1921 sein Geschäft in eine GmbH um und nahm die beiden Herren als geschäftsführende Gesellschafter auf. Nach dem Ausscheiden des Gründers, trat der Kaufmann Richard Türke 1933 in die Gesellschaft ein. Rudolf Schmidtsdorff starb 1934 kinderlos im Alter von 66 Jahren.
Die Jahre nach dem 2. Weltkrieg überstand Schmidtsdorff mehr recht als schlecht. Nach dem Tod von Friedrich Bokelmann und Erich Mende verblieb Richard Türke als alleiniger Gesellschafter. Die Firma wurde in Schmidtsdorff Elektromotoren Reparaturwerk und -Handel Richard Türke umgewandelt.
Im August 1959 fing der Ingenieur und Meister Siegfried Lattka als Betriebsleiter bei Schmidtsdorff an. Er hatte in seiner Heimatstadt Görlitz bei der Firma Werner das Elek-tromaschinenbauer-Handwerk erlernt. Mit 16 Jahren zog er in den Krieg. Nachdem er aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft bei Marseille entlassen wurde, arbeitete er wieder in seiner Lehrfirma als Geselle. 1949 bestand »der junge Streber« die Aufnahmeprüfung der Ingenieurschule Beuth in Berlin. 1952 schloss er sein Studium erfolgreich ab und arbeitete als Betriebsingenieur in der Großmaschinenfabrik der AEG in der Brunnenstraße. In dieser Zeit machte er nebenher seine Meisterprüfung.
Nachdem Richard Türke die Firma Schmidtsdorff zwölf Jahre allein geleitet hatte, bot er sie seinem bewährten Betriebsleiter Siegfried Lattka zum Kauf an. Der besorgte sich einen Kredit und übernahm die Firma zum 1.1.1963. Seitdem heißt sie »Schmidtsdorff Elektromotoren Reparaturwerk und -Handel Siegfried Lattka«. Mit tatkräftiger Unterstützung seiner Ehefrau Waltraud Lattka modernisierte er die Firma und blieb bis zu seinem Tode Alleineigentümer.
Er bildete Generationen von Lehrlingen aus und unterrichtete etliche spätere Fachkollegen als Lehrer an der Innungsfachschule. Die Mitgliedschaft in der Elektroinnung Berlin und die Kollegialität in der Fachgruppe Elektromaschinenbau waren ihm stets besonders wichtig. Seine musikalischen Beiträge mit der Ziehharmonika und Ansprachen zu christlichen Feiertagen, besonders zu Weihnachten, werden in guter Erinnerung bleiben. Die Abschaffung der Berufsbezeichnung Elektromaschinenbauer schmerzte ihn sehr.
1994 erkrankte Siegfried Lattka schwer und sein einziger Sohn, Dipl.-Ing. Andreas Lattka, stieg nach reiflicher Überlegung als Betriebsleiter bei Schmidtsdorff ein. Er hatte an der TU Berlin Wirtschaftsingenieurwesen mit der Fachrichtung »Elektrische Maschinen und Starkstromanlagen« studiert. Beide leiteten die Firma gemeinsam bis zum Tod des Vaters am 11. September 2015. Seitdem gehört die Firma Schmidtsdorff einer Erbengemeinschaft aus Familienangehörigen.
Der Elektromotor ist heute der am weitesten verbreitete und wichtigste Antrieb in unserer hochindustrialisierten Gesellschaft. Besonders spürbar wird dies für jeden Haushalt bei längeren Stromausfällen. Die Industrie stellt Elektromotoren in der ganzen Welt her, das Elektromaschinenbauer-Handwerk setzt sie regional instand. Die Firma Schmidtsdorff Elektromotoren hatte in all den Jahren diese Dienstleistungsverpflichtung – die Reparatur von Elektromotoren und elektrischen Antrieben. Zu verdanken ist die lange Firmengeschichte nicht zuletzt auch den Kunden, den Lieferanten und besonders den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Auf der firmeneigenen Webseite https://schmidtsdorff.berlin/ beschreibt sich Schmidtsdorff mit folgenden Leistungen:
Schmidtsdorff Elektromotoren ist ein Fachbetrieb seit 1895 und spezialisiert auf die Reparatur von Generatoren (Stromerzeuger; typenoffen), Drehstrommotoren, Einphasenmotoren, Getriebemotoren (Bauer, Lenze, SEW), Gleichstrommotoren (Baumüller, Lenze), elektrischen Antrieben (Getriebe, Bremse, Sonderbauten), externen Getrieben (Aufzugsmotoren, Brems- und Hubmagneten), Fußbodenbearbeitungsmaschinen (Wolff, Janser, Pajarito, Lägler, Bona, F+G), Rand- und Walzenschleifer. Nach eigenen Aussagen fiel seit Herbst 2018 der Punkt Reparatur von Elektrowerkzeugen (Makita, ELU, Fein) aufgrund einer personellen Lücke bis auf Weiteres weg.
Die Firma ist ein Fachbetrieb der Elektro-Innung Berlin und bedient Kunden aus Industrie, Handwerk und Gewerbe. Schwerpunkte liegen auf Gebäudetechnik, zugehörigen Lüftungsanlagen und Aufzügen. Der Handwerksbetrieb gehört zum Elektromaschinenbauerhandwerk. Schmidtsdorff Elektromotoren ist ein zertifizierter Fachbetrieb der Elektro-Innung Berlin, Landesinnung für Elektrotechnik und bildet auch Elektroniker für Maschinen- und Antriebstechnik aus. Man ist vor allem Reparaturwerkstatt, betreibt aber auch Handel mit Elektromotoren. Schmidtsdorff Elektromotoren ist in der Region verwurzelt.