Die Anforderungen an den Brandschutz steigen permanent, unter anderem durch ständige Verbesserungen bedingt durch gesellschaftliche Veränderungen. So wird zunehmend die barrierefreie Gestaltung von Gebäuden sowohl in öffentlichen Bereichen als auch in Arbeitsstätten gefordert. Das hat erhebliche Auswirkungen nicht nur auf die bauliche Gestaltung, sondern auch auf anlagentechnische Brandschutzmaßnahmen, beispielsweise bei der Alarmierung.
Ständig verbessert wird auch der Schutz von Mitarbeitenden in Betrieben, was auch zu steigenden Brandschutzanforderungen aus dem Arbeitsrecht führt. Darüber hinaus werden immer komplexere Gebäude mit Mehrfachnutzungen geplant, die die Anforderungen an die Brandschutzplanung deutlich erhöhen. Nicht zuletzt sind bauliche Anlagen inzwischen zum großen Teil mit erstem und zweitem Rettungsweg ausgestattet, was unter anderem bei der Planung von Alarmierungseinrichtungen und der Sicherheitsbeleuchtung berücksichtigt werden muss.
Gleichzeitig sorgen die Hersteller von Sicherheitstechnik durch stetiges Weiterentwickeln ihrer Produkte und Lösungen für neue Funktionalitäten und eine Optimierung des vorbeugenden Brandschutzes. Allerdings werden geänderte gesellschaftliche Anforderungen und neue Techniken häufig erst mit erheblicher Verzögerung in Gesetzen, Normen und Richtlinien berücksichtigt. Das gilt insbesondere für das Bauordnungsrecht, das zudem den Trend erkennen lässt, statt öffentlich-rechtlicher Vorgaben nur noch allgemein gehaltene Schutzziele zu formulieren.
Sicherheitsbeleuchtung 1.0
Ein gutes Beispiel dafür sind Sicherheitsbeleuchtungsanlagen. Gemäß Anhang 14 der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) [1] sollen sie »Räume, Rettungswege oder Sicherheitszeichen (…) bei Ausfall (…) der Allgemeinbeleuchtung (…) solange beleuchten, dass Personen das sichere Verlassen der Räume oder des Gebäudes (…) ermöglicht ist und ggf. auch Arbeitsvorgänge sicher abgeschlossen werden können.«
Sicherheitsbeleuchtungen werden u. a. in den Sonderbauvorschriften der Länder bzw. als Auflage in der Baugenehmigung sowie in arbeitsschutzrechtlichen Regelungen wie der ASR A2.3 [2] gefordert. Sicherheitsbeleuchtungsanlagen kennzeichnen und beleuchten Flucht- und Rettungswege, Erste-Hilfe- sowie Brandbekämpfungs- und Meldeeinrichtungen.
Nicht für den Brandfall konzipiert
Obwohl in den Bauordnungen bzw. der MVV TB mit keinem Wort erwähnt, besitzen Sicherheitsbeleuchtungen nicht nur bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung, sondern auch im Brandfall wichtige Funktionen. Rettungszeichenleuchten schildern die Flucht- und Rettungswege aus und ermöglichen damit sowohl die Selbst- als auch die Fremdrettung der Gebäudenutzer.
Die statische Richtungsangabe der im Regelfall hochmontierten Rettungszeichen weist dabei von jedem Punkt im Gebäude genau einen vorher festgelegten Fluchtweg aus. Bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung bei Stromausfall stellt das sicherlich eine gute Lösung dar. Bauaufsichtlich wird zugrunde gelegt, dass der kürzeste Fluchtweg der maßgebliche ist und im Gefahrenfall begehbar bleibt. Das ist jedoch bei einem Brand nicht immer der Fall, woraus sich zahlreiche Probleme ergeben. Die bislang in zahlreichen Normen und Vorschriften geforderte statische – also unveränderliche – Kennzeichnung kann nicht berücksichtigen, dass Flucht- und Rettungswege in einem vom Brand betroffenen Abschnitt nicht mehr begehbar sind. Flüchtende werden also unter Umständen geradewegs in Gefahrenbereiche hineingeführt (Bild 1).
Besonders gefährlich ist das bei der Flucht von größeren Gruppen, wenn durch nachdrängende Menschen die ersten Personen vor dem Gefahrenbereich regelrecht dort hineingedrückt werden. Darüber hinaus können Stauungen entstehen, wenn Fluchtwege nicht nutzbar oder überlastet sind und eine Ausschilderung von alternativen Fluchtwegen durch die statischen Rettungswegkennzeichen nicht möglich ist. Optimal wäre, wenn auch im Brandfall von Anfang an eindeutige, an die Gefahr angepasste Fluchtrichtungen angezeigt werden würden.
Auch arbeitsrechtliche Anforderungen vertragen sich nicht mit einer statischen Beschilderung. In der Arbeitsschutzrichtlinie ASR 2.3 sind Fluchtwege folgendermaßen definiert: »Fluchtwege führen ins Freie oder in einen gesicherten Bereich.« Als »gesicherter Bereich« gilt ein Bereich, »in dem Personen vorübergehend vor einer unmittelbaren Gefahr für Leben und Gesundheit geschützt sind.« Beim Hineinleiten in einen brennenden Gebäudeabschnitt durch eine statische Flucht- und Rettungswegkennzeichnung ist das jedoch sicher nicht der Fall. Die Forderung der ASR kann damit nicht erfüllt werden.
Sicherheitsbeleuchtung 2.0
Die geschilderten Probleme einer ursprünglich für den Spannungsausfall gedachten Sicherheitsbeleuchtung im Brandfall lassen sich jedoch leicht lösen. Im Gegensatz zur Normen- und Vorschriftenlage ist die dazu notwendige Technologie seit Jahren etabliert und lässt sich leicht in bestehende Systeme integrieren.
So sind in Gebäuden mit einer Brandmeldeanlage (BMA) die Information über den Ort einer Brandentstehung bereits vorhanden. Wird die BMA – im Regelfall einfach über potentialfreie Kontakte – mit der Sicherheitsbeleuchtung verbunden, kann ohne großen Aufwand eine Kennzeichnung der Flucht- und Rettungswege mit richtungsveränderlichen Rettungszeichenleuchten realisiert werden. Löst ein Brandmelder einer Meldergruppe aus, wird der betroffene Bereich optisch gesperrt und von ihm weg- bzw. um ihn herumgeleitet. Aus dem Gefahrenbereich selbst wird auf kürzestem Wege herausgeleitet (Bild 2). Für die Rettungswegkennzeichnung besonders gut geeignet sind TFT-Leuchten, die Rettungszeichen mit beliebigen Richtungsangaben und Sperrsymbole sowie gängige Rettungs- und Brandschutzzeichen, aber auch individuelle, selbst erstellte Piktogramme anzeigen können.
Flexibel auf Veränderungen reagieren
Mit TFT-Leuchten lassen sich auch veränderte Brandschutzanforderungen aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen flexibel umsetzen. Im Gefahrenfall ermöglicht eine einzige TFT-Leuchte z. B. durch alternierende Piktogramme das getrennte Ausschildern des 1. und 2. Rettungswegs mit Rettungszeichen nach der überarbeiteten DIN EN ISO 7010 [3], auch für Menschen mit Behinderungen. Das ist dann wichtig, wenn der 2. Rettungsweg beispielsweise als Notleiter ausgeführt und für Rollstuhlfahrer nicht nutzbar ist.
Auch im Normalbetrieb eröffnen dynamische Rettungswegkennzeichen einen Mehrwert. Temporäre Nutzungsänderungen können leicht im Fluchtwegkonzept berücksichtigt werden. So finden in Schulen abends häufig Veranstaltungen mit schulfremden Teilnehmern statt, bestimmte Bereiche, durch die im Schulbetrieb Flucht- und Rettungswege verlaufen, werden jedoch abgeschlossen. Dynamische Rettungszeichenleuchten sperren zeitgesteuert oder auf Knopfdruck die entsprechenden Türen optisch und weisen einen auf dieses Szenario angepassten, alternativen Fluchtweg aus. TFT-Leuchten können darüber hinaus mit entsprechenden Piktogrammen zur Ausschilderung von Büroräumen, WCs oder Veranstaltungsräumen dienen.
Eine dynamische Rettungswegkennzeichnung lässt sich einfach und mit geringen Mehrkosten im Bestand integrieren. In modernen Sicherheitsbeleuchtungssystemen müssen dazu nur die Rettungszeichenleuchten ausgetauscht werden. Die Kommunikation erfolgt in diesen Systemen über den gemeinsamen Endstromkreis und die Programmierung über die Zentrale der Sicherheitsbeleuchtung. Für die Realisierung richtungsveränderlicher Rettungswegkennzeichen ist darüber hinaus lediglich ein Anschluss an die Brandmeldeanlage erforderlich.
Eine statische Fluchtwegkennzeichnung birgt im Brandfall große Gefahren und ist nicht mehr zeitgemäß. Stand der Technik ist die dynamische Fluchtweglenkung mit richtungsveränderlichen Rettungswegkennzeichen, die auch in bestehenden Anlagen ohne großen Aufwand installiert werden können. Wünschenswert wäre eine Anpassung des Bauordnungsrechts. Die nationalen und europäischen Normungsaktivitäten sowie die steigende Anzahl von Installationen zeigen jedenfalls, dass der dynamischen Fluchtweglenkung die Zukunft gehört. Ihre Anwendung erhöht die Sicherheit aller Gebäudenutzer im Brandfall deutlich.
Literatur
- [1] DIBt Deutsches Institut für Bautechnik: Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen – Ausgabe 2019/1; Amtliche Mitteilungen 2020/1 (Ausgabe 15. Januar 2020 mit Druckfehlerberichtigung vom 7. August 2020)
- [2] Technische Regeln für Arbeitsstätten ASR A2.3 Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan – Ausgabe: August 2007, zuletzt geändert GMBl 2017, S. 8
- [3] DIN EN ISO 7010:2020-07 Graphische Symbole - Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen - Registrierte Sicherheitszeichen (ISO 7010:2019); Deutsche Fassung EN ISO 7010:2020