Nichtsdestotrotz war der Einfluss von Corona auch in diesem Jahr spürbar. Für alle Beteiligten galt die 3G-Regel. Dementsprechend mussten sich alle Teilnehmer für einen Zugang zum Vortragssaal (Bild 1) ausweisen. Dies wurde von allen akzeptiert und teilweise sogar lobend hervorgehoben. Das Hygienekonzept des HKK Hotel Wernigerode – mit Maskenpflicht und Abständen – war unproblematisch.
Kompaktes Veranstaltungsprogramm
In den eineinhalb Tagen des Technischen Tags gab es insgesamt 15 Vorträge, die einen spannenden Mix aus den Bereichen »Forschung & Innovation« und »Informationen aus den Betrieben« beinhalteten. Neben Vorträgen zu Themen wie
- Interpolationsverfahren für Verluste und Wirkungsgrade
- Kosteneffiziente elektrische Maschinen im Hoch- und Niederspannungsbereich oder
- individualisierte Einbaumotoren für den Maschinen- und Anlagenbau auf Basis von Synchronreluktanz-Segmentmotoren
war auch die VEM mit zwei Vorträgen dabei. Im ersten Vortrag standen die Umsetzung der Industrie-4.0-Strategie bei VEM anhand eines Pilotprojektes mit der Firma Tectrion im Fokus. Der zweite Beitrag widmete sich der neuen Hochspannungsmotorenreihe (siehe unten).
Highlights der Vortragsreihen
Nachdem Dr. Joachim Koch, Geschäftsführer bei der VEM GmbH, und Lutz Schube als Moderator die Zuhörerinnen und Zuhörer in die Veranstaltung eingeführt hatten, betrat Prof. Dr.-Ing. Bernd Ponick von der G. W. Leibniz Universität Hannover das Podium. Sein Vortrag – der als Plenarvortrag geplant war, strotzte nur so vor neuen Trends der elektrischen Antriebstechnik:
- HF-Effekte in elektrischen Maschinen
- Akustik und Schwingungen oder
- Erhöhung der Leistungsdichte.
Bemerkenswert dabei war auch der Ausflug in die Energietechnik: Hier demonstrierte er eine Flugwindkraftanlage mit 100 kW, die derzeit in der Erprobung ist und den Höhenwind zur Erzeugung elektrischer Energie nutzt (Bild 2). Sein Fazit: »Elektrische Antriebstechnik – auch nach 150 Jahren dynamisch, zukunftsweisend und voller Ideen!«
Interpolationsverfahren für Verluste und Wirkungsgrade
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Martin Doppelbauer vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ging in seinem Vortrag auf das sogenannte Interpolationsverfahren nach IEC 60034-2-3 ein. Man betrachtet zunächst den Bemessungsbereich und prüft danach auch den Überlastbereich ab (Feldschwächung). Die Berechnungen mittels sehr komplexer Formeln bilden dann die relativen Verluste ab. Herr Doppelbauer zeigte hierzu drei Beispiele:
- einen Stern- oder Dreieck-Motor,
- einen Motor, der von Stern auf Dreieck geschaltet wird und
- einen Motor, der von Stern auf Doppelstern geschaltet wird, eine Schaltung, die man vor allem in den USA verwendet.
Das alles soll in der neuen Version der IEC 61800-9-2 (erwartet ab 2022) veröffentlicht werden (im informativen Anhang D).
Individualisierte Einbaumotoren für den Maschinen- und Anlagenbau
Dr.-Ing. Jan Reimers von der Torquewerk GmbH (www.torquewerk.com) referierte über individualisierte Einbaumotoren auf Basis von Synchronreluktanzmotoren (Syn-RM). Ein erstes Beispiel war ein magnetfreier Syn-RM, bei dem der Rotor nur aus Elektroblech besteht. Grundlage des Angebots von Torquewerk sind modulare Baukastensysteme. Als einen der Basismotoren zeigte Herr Reimers einen Prototyp mit 40 Nm und 3 kW Nennleistung (Bild 3).
Danach ging der Referent auf verschiedene Applikationsbeispiele ein, wie beispielsweise die Integration in einen Extruderantrieb. Zusammengefasst bieten die Antriebe von Torquewerk magnetfreie Hochleistungsantriebe bei einer flachen Segmentbauform, die die Integration in bestehende Maschinen erleichtert und skalierbare Baureihenantriebe ermöglicht.
E-Motor vs. Verbrenner
Martin Doppelbauer hielt am gleichen Tag noch einen zweiten Vortrag mit dem Titel »Elektroautos 2021 – War es das jetzt mit dem Verbrenner?«, in dem er auf sehr unterhaltsame Art und Weise von einem Urlaub mit dem privaten Tesla referierte und sich davor die Frage stellte, ob es möglich sei, bei dem derzeitigen Angebot von Tesla-Ladesäulen (Bild 4) von Karlsruhe bis nach Trondheim (Norwegen) und zurück zu kommen? Es ist möglich und nach seiner Aussage sogar recht entspannt!
Die neue VEM-Hochspannungs-Motorenreihe
Dipl.-Ing. Jens Proske führte zunächst in das Thema ein und schilderte ein wenig die Historie und den Weg zur Baukastenreihe (Bild 5). Sie zeichnet sich unter anderem aus durch
- eine modulare und kompakte Bauweise
- ein weiterentwickeltes Isoliersystem auf Basis des »VEModur-VPI 155«
- verschiedene Kühlarten, passend für jede Umgebung und Anlage.
Das Konzept dabei ist die strikte Trennung beim Fertigungsprozess zwischen aktiven und passiven Teilen. Sämtliche Bearbeitungen werden nur an den passiven Teilen vorgenommen. Das hat beispielsweise den Vorteil, dass die Fertigung einfacher und unkomplizierter ablaufen kann.
Im zweiten Teil des Vortrags kam Dipl.-Ing. Tobias Kramer auf die Rednerbühne und schilderte, welche Merkmale die neue modulare Reihe kennzeichnen, ausgehend von den verschieden platzierten Tragösen, der Form der Seitenwand bis hin zu einer großen Kabeleinführungsplatte. Die gesamte Reihe ist seit dem 1.10.2021 im Internet verfügbar.
Fazit
Der Technische Tag von VEM ist ein hochprofessionelles Forum für alle, die im Bereich elektrischer Maschinen und Antriebe beschäftigt sind. Die Veranstaltung bietet spannende Vortragsthemen und genügend Möglichkeiten, das eigene Netzwerk zu pflegen und auszubauen, so dass für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der elektrischen Antriebstechnik ein Besuch immer lohnenswert ist.