Vorausgegangen war ein vielbeachtetes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 4.7.2019 (Az. C-377/17, NVwZ 2019, S. 1120 ff. mit Anmerkung Oriwol/Honer). Der EuGH hatte entschieden, dass die Mindest- und Höchstsätze der HOAI gegen Unionsrecht verstoßen, jedoch offengelassen, ob hieraus die Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen folgt. Die deutsche Rechtsprechung stand vor der Frage, ob Architekten und Ingenieure weiterhin Aufstockungsklagen auf das unionsrechtswidrige HOAI-Preisrecht stützen können. Nachdem der BGH die Frage zunächst in einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet hatte, entschied er jetzt, dass das verbindliche Preisrecht der HOAI auf Altfälle weiterhin Anwendung findet.
Zur rechtlichen Bedeutung des Urteils erläutert Peter Oriwol, Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland: „Es geht weiter wie bisher. Der BGH stellt klar, dass Aufstockungsklagen nicht bereits an der europarechtswidrigen HOAI scheitern. Ob Aufstockungsklagen begründet sind oder nicht, richtet sich nach wie vor nach der Interessenlage im Einzelfall. Architekten und Ingenieuren spielt die Entscheidung in die Karten. In Altfällen können sie die Aufstockung ihrer Honorare auf das von der HOAI vorgeschriebene Mindestmaß verlangen. Dies, obwohl das Preisrecht gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie verstößt."