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Auslandsaufenthalte von Azubis

Während der Ausbildung weltwärts

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Während der Ausbildung weltwärts
(Bild: rusuangela24 – stock.adobe.com)

Eine häufige Frage ist, ob ein Auslandsaufhalt während der Ausbildung im Elektrohandwerk überhaupt erlaubt sei. Denn was Wenige wissen: Das Ausbildungsgesetz ermöglicht es sogar jedem Azubi mindestens zwei Wochen bis zu einem Viertel der Ausbildungszeit in der Fremde zu verbringen – vorausgesetzt Berufsschule und Ausbildungsbetrieb stimmen zu. »Urlaub ist das aber nicht«, stellt Anja Rüweling (Bild 1) vom Förderprojekt »Berufsbildung ohne Grenzen« (BoG) klar. Im Gegenteil, der Azubi arbeitet Vollzeit im Betrieb im Ausland mit, muss Lerninhalte der Berufsschule nachholen und kämpft je nach Zielland noch mit Zeitumstellung, prägenden Eindrücken sowie Sprachbarrieren. Aber: Der Aufwand lohnt und ist vielfach bereichernd.

»Wir empfehlen das zweite Ausbildungsjahr nach der Zwischenprüfung für einen Auslandsaufenthalt«, sagt Rüweling. Dann habe man in der Ausbildung bereits praktische und theoretische Erfahrungen gesammelt, stehe jedoch noch nicht kurz vor der Abschlussprüfung, sodass sich ein Auslandsaufenthalt gut in die Ausbildung eingliedern ließe. Kosten übernehmen Förderprogramme in unterschiedlicher Höhe, in der Regel zu etwa 80% durchschnittlich. Das macht solche Vorhaben für die Jugendlichen meist erst finanzierbar. Bei allen Fragen rund um den Auslandsaufenthalt während der Ausbildung und zu Förderungen geben die Beraterinnen und Berater von BoG Antworten, welches vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird.

Bild 1: Anja Rüweling, Projektreferentin »Berufsbildung ohne Grenzen«
Bild 1: Anja Rüweling, Projektreferentin »Berufsbildung ohne Grenzen«

(Bild: A. Rüweling)

Expertinnen und Experten helfen 

BoG informiert und unterstützt sowohl die Azubis als auch die Betriebe zu allen offenen Fragen. Für die Betriebe seien solche Angebote an die Azubis ein wichtiger Aspekt im »War for Talents«, also im Kampf um Nachwuchskräfte im Handwerk. Denn für junge Erwachsene, die noch zwischen Ausbildung und Studium schwanken, könne das der entscheidende Pluspunkt für die Wahl zur Ausbildung im Handwerk sein, weiß Rüweling. Bis zu einem Jahr nach der Ausbildung kann man z. B. bei »Erasmus+« noch eine Förderung für einen Auslandsaufenthalt erhalten.  

Die Beraterinnen und Berater verfügen über ein breites Netzwerk im In- wie im Ausland und können somit Praktikumsbetriebe im Ausland vermitteln, sofern der Ausbildungsbetrieb nicht selbst über Dependancen oder Kontakte verfügt. Sie beraten die Auszubildenen auch zu passenden Ländern und kennen sich im Förderdschungel der unzähligen Finanzierungsprogramme bestens aus. An erster Stelle steht »Erasmus+«, aber es gibt zum Beispiel noch viele weniger bekannte wie das Deutsch-Polnische oder das Deutsch-Französische Jugendwerk oder die Joachim-Herz-Stiftung für Aufenthalte in den USA. 

»Viele von uns sind äußerst engagiert und helfen Azubis auch im Ausland, wenn trotz bester Vorbereitung vor Ort einmal Probleme auftauchen«, sagt Rüweling. Weiterhin organisiert man Gruppenreisen in bestimmte Länder, bei denen Azubis gemeinsam in Betriebe an einem Ort im Ausland gesendet werden. Auch Reisen für Ausbilderinnen und Ausbilder aus den Betrieben seien im Angebot, bei denen diese erst einmal das Feld geeigneter Betriebe für einen Austausch sondieren können. »Ein guter Einstieg für Betriebe ist auch, erst einmal einen Azubi aus dem Ausland aufzunehmen und so Erfahrungen und Kontakte zu sammeln«, erläutert Rüweling weiter. »Wichtig zu wissen ist, dass wir selbst keine Förder­gelder vergeben. Wir beraten und unterstützen aber, sodass Azubis schnell die für sie richtige Förderung finden und helfen dann auch bei der Beantragung der Fördergelder.« Eine Vorbereitungszeit von einem halben bis zu einem Jahr gilt dabei als ideal.

Die bekanntesten Förderprogramme
  • »Erasmus+«: Die EU fördert mit dem Bildungsprogramm »Erasmus+« Auslandsaufenthalte in europäischen Ländern: www.na-bibb.de/neu-bei-erasmus/erasmus-fuer-azubis-berufsschueler/-innen Sogenannte »Pool-Plätze« findet man über den zusätzlichen Link: www.meinauslandspraktikum.de → Erasmus+ → Praktikumsplatzsuche. In wenigen Schritten lassen sich hier infrage kommende Länder und Zeiträume recherchieren 
  • »AusbildungWeltweit«: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert Azubiaufenthalte im europäischen und außereuropäischen Ausland (www.ausbildung-weltweit.de)
  • »ProTandem«: Das Austauschprogramm »ProTandem« fördert speziell den Austausch zwischen Deutschland und Frankreich (www.protandem.org).

Informationen und Beratung zu allen Fragen rund um Auslandspraktika in der Berufsbildung unter www.berufsbildung-ohne-grenzen.de.

Bild 2: Mohammad Dahabi, 18 Jahre alt, Ausbildung zum Elektroniker für Energie und Gebäudetechnik im 2. Ausbildungsjahr
Bild 2: Mohammad Dahabi, 18 Jahre alt, Ausbildung zum Elektroniker für Energie und Gebäudetechnik im 2. Ausbildungsjahr

(Bild: M. Dahabi)

Von Schleswig-Holstein nach Spanien

Mohammad Dahabis (Bild 2) Erlebnisbericht steht beispielhaft für die Erfahrungen, die während eines Auslandpraktikums gesammelt werden können. Sein Ausbildungsbetrieb ist die Firma Knop Neustadt in Holstein, ein Handwerksunternehmen mit ca. 125 Angestellten, welches ein umfassendes Angebot mit verschiedenen Gewerken rund um den Bau bietet. Sein Auslandspraktikum absolviert er bei einem kleinen Handwerksbetrieb in Valencia, dem Elektrobetrieb CIDEXEIM. Die zwei Inhaber führen mit drei Handwerkern Aufträge zu Elektroinstallationen wie TV-Anlagen und neue Elektroinstallationen in Gebäuden aus. Dahabi begleitet sie während seines zweiwöchigen Aufenthalts.

»Bei den Arbeitseinsetzen habe ich sehr schnell gesehen, dass in Spanien ein anderer Sicherheitsstandard herrscht. Bei uns in Deutschland würde diese Art und Weise der Installationen nicht abgenommen werden«, sagt er. In Deutschland arbeitet er zudem mit speziellen Werkzeugen, die er im spanischen Betrieb nicht vorfindet. Auch das Material ist anders. Das bedeutet, flexibel sein und sich behelfen mit dem, was es gibt. »Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich mein eigenes Werkzeug mitgenommen«, sagt er. »Aber es war auch eine gute Erfahrung festzustellen, dass trotzdem alles gut geklappt hat.« Es fällt ihm leicht, die Arbeiten zu erledigen, trotz der Unterschiede. Er führt sogar alle Aufträge, die er von den spanischen Kollegen erhält, alleine aus. »Für mich war es interessant, festzustellen, dass in Spanien die Arbeitszeiten, Urlaube und Freizeiten genauso geregelt werden wie in Deutschland«, stellt er fest. Mañana, mañana – das war wohl schon immer ein Gerücht oder gehört einfach aufgrund globaler Anpassungsprozesse der Vergangenheit an.

Seine Sorge, dass es aufgrund fehlender spanischer Sprachkenntnisse zu Verständigungsschwierigkeiten kommen könnte, verfliegen schnell. Mit Englisch kommt er dort ebenso gut zurecht und erste Schritte im Alltagsspanisch lernt Dahabi sozusagen im Vorbeigehen. Das gibt ihm ein ganz neues Selbstbewusstsein. Er ist mit einer Gruppe von weiteren Auszubildenden nach Valencia gereist. Die Azubis tauschen sich rege über ihre Erfahrungen und über die unterschiedlichen Gewerke aus. Auch das bereichert – ebenso wie das Entdecken der spanischen Kultur. So verwundert es nicht, dass sich Dahabi sehr zufrieden mit seinem Austausch zeigt, den er ohne Zweifel wiederholen und auch anderen empfehlen würde.

Bild 3: Patricia Ortin-Krause, Projektkoordinatorin beim BoG
Bild 3: Patricia Ortin-Krause, Projektkoordinatorin beim BoG

(Bild: HVW Lübeck)

Dazu sagt Patricia Ortin-Krause (Bild 3), Projektkoordinatorin von BoG: »Unser Projekt ‚Berufsbildung ohne Grenzen‘ der Handwerkskammer Lübeck ist Ansprechpartner für Unternehmen, Auszubildende und junge Fachkräfte. Wir engagieren uns für einen internationalen Austausch in Form von Praktika für Auszubildende. Die Betriebe steigern damit ihre Attraktivität als Ausbildungsbetrieb und Arbeitgeber und gewinnen wertvolle Kontakte ins Ausland. Sie fördern das Engagement und die Selbstständigkeit ihrer Nachwuchskräfte. Die Azubis erlernen neue Arbeitsmethoden und -techniken und bringen neue Ideen mit. Sie vertiefen ihre Sprachkenntnisse und lernen insbesondere auch die Fachbegriffe ihres Berufes. Dadurch erwerben sie internationale Erfahrung und interkulturelle Kompetenz und erhöhen ihre Chancen auf eine erfolgreiche berufliche Zukunft. Sie gewinnen Selbstvertrauen und beweisen, dass sie mit neuen Herausforderungen zurechtkommen

Vorteile für Betriebe und Auszubildende

Die Vorteile für Betriebe sind:

  • Internationale Beziehungen knüpfen, von Kontakten im Ausland profitieren
  • Attraktivität der Ausbildung im Elektrohandwerk erhöhen
  • Engagement und Selbständigkeit der Azubis fördern
  • Neue Arbeitstechniken kennenlernen
  • Nachwuchskräfte für internationale Tätigkeiten im Handwerk ausbilden

Die Vorteile für Azubis und Fachkräfte im Handwerk können sein:

  • Interkulturelle Kompetenzen erwerben
  • Berufliche Zukunftschancen erhöhen
  • Sprachkenntnisse vertiefen
  • Soziale und fachliche Kompetenzen verbessern
  • Neue Ideen, neue Arbeitstechniken 
  • Horizont erweitern, Selbstvertrauen gewinnen.
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Über die Autorin
Autorenbild
Angela Kanders

Freie Journalistin

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