Bisher wurde der Transformator im stationären Zustand betrachtet, d.h. alle Ausgleichsvorgänge waren abgeklungen. Im Folgenden soll nun ein kurzer Einblick hinsichtlich des dynamischen Verhaltens des Transformators gegeben werden.
Schaltvorgänge bei Einphasentransformatoren
Wird beispielsweise ein leerlaufender Transformator am starren Netz eingeschaltet, entsteht ein Einschaltstoßstrom, der nach der Zeitkonstante τ abklingt.
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Der sinusförmige Nennstrom ist dabei überlagert von einem exponentiell abklingenden Einschaltstrom. Der Verlauf des Einschaltstroms wird in Bild 1 veranschaulicht.
Bei Transformatoren kann der Einschaltstrom ein Vielfaches des Scheitelwerts des Nennstroms betragen. Neben dem Einschaltverhalten des Transformators sind der Dauer- und der Stoßkurzschlussstrom von großem technischem Interesse.
Aus dem Ersatzschaltbild in Bild 2 ergibt sich für den Dauerkurzschlussstrom:
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Entsteht der Kurzschluss im Nulldurchgang des sinusförmigen Stromflusses, ist die zeitliche Stromänderung am größten.
Der Dauerkurzschlussstrom wird von einem Gleichanteil überlagert, der mit der Zeit exponentiell abklingt. Bei größeren Transformatoren erreicht der Spitzenwert des Stoßkurzschlussstroms das ca. 1,9-fache des Dauerkurzschlussstroms. Rechnerisch sieht dies so aus:
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Tritt der Stoßkurzschlussfall ein, entstehen enorme Wickelkopfkräfte, die durch geeignete konstruktive Wicklungsversteifungen beherrscht werden müssen.
Parallelbetrieb von Transformatoren
Bei der Parallelschaltung zweier Transformatoren müssen technische Randbedingungen eingehalten werden, um Ausgleichströme zu verhindern. Ausgehend vom vereinfachten Ersatzschaltbild des Transformators ist es zweckmäßig, die Transformatorgrößen auf die Seite 2 zu transformieren (Bild 3).
Für den komplexen Widerstand Z2K gilt die folgende Transformationsvorschrift:
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Die beiden Transformatorersatzschaltbilder der Transformatoren können nun parallelgeschaltet werden (Bild 4).
Ist die Spannungsdifferenz Δ U ≠ 0, fließt im Leerlauf ein Ausgleichstrom der Größe:
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Damit der Ausgleichstrom gleich null ist, müssen der Betrag und die Phase der beiden Leerlaufspannungen identisch sein. Wird die Parallelschaltung der beiden Transformatoren am Ausgang belastet, überlagern sich der Ausgleichstrom und der Laststrom. Die Transformatoren werden auf Grund des Ausgleichstroms zusätzlich belastet oder gegebenenfalls unbeabsichtigt überlastet.
Um die einzelnen Transformatoren nicht zu überlasten, müssen bei Parallelschaltung zweier oder mehrerer Transformatoren folgende Bedingungen eingehalten werden:
- gleiche Nennfrequenz und Nennspannung
- annähernd gleiche Kurzschlussspannung
- Nennleistungsverhältnis höchstens 1:3
- phasenrichtiger Anschluss
- bei Drehstromtransformatoren gleiche Schaltgruppenkennzahl.
Berechnungsbeispiel
Als Beispiel dient ein Einphasentransformator mit folgenden Angaben auf dem Leistungsschild:
Aus der Leerlaufmessung und der Kurzschlussmessung sind die folgenden Daten bekannt:
Mit Hilfe der Formeln aus Tabelle 1 werden exemplarisch die Transformatorparameter berechnet
Übersetzungsverhältnis
Leerlaufleistung
Leerlaufleistungsfaktor
Eisenverluststrom
Magnetisierungsstrom
Eisenverlustwiderstand
Hauptinduktivität
Kurzschlussleistung
Kurzschlussleistungsfaktor
Kurzschlussimpedanz
Dauerkurzschlussstrom
Wicklungswiderstände
Streuinduktivitäten
Wirkungsgrad bei cos φ2 = 0,8 (induktiv)
Mit diesem Beitrag ist das Thema Einphasentransformator beendet. Viele der Erkenntnisse aus dem Einphasentransformator lassen sich auf einen Drehstromtransformator übertragen. Im nächsten Beitrag wird noch eine kurze Übersicht zum Drehstromtransformator gegeben.
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