Die Branchenkennzahlen der E-Handwerke aus der Frühjahrskonjunkturumfrage des ZVEH weisen einen Trend aus, den man leicht übersehen könnte: Es gibt immer weniger Elektrohandwerksbetriebe, dafür werden diese größer. »Während bei der Beschäftigtenzahl Zuwächse zu verzeichnen waren, ging die Zahl der E-Betriebe im gleichen Zeitraum weiter zurück und sank von 49.592 auf 48.614 in 2022 (-2 %). Damit setzt sich der Trend zu wachsenden Betriebsgrößen bei gleichzeitigem Rückgang der Betriebszahl fort«, heißt es dort. »Marktbereinigung« nennt das der Wirtschaftswissenschaftler. Und das, obwohl die Auftragsbücher gut gefüllt sind.
Der Umfang der Leistungen erstreckt sich im Elektrohandwerk über ein riesiges Portfolio – nicht umsonst werden fünf verschiedene Ausbildungswege angeboten. Ob ein Handwerksbetrieb mehrere Tätigkeiten abdecken und sich breit aufstellen kann, hängt in erster Linie von seiner Größe und der Zahl der Beschäftigten ab, die sich auf einzelne Themen spezialisieren oder in neue Verfahren und Tätigkeitsbereiche einlernen können.
Was bedeutet das für die vielen kleinen Elektro-Fachbetriebe, die mit überschaubarem Personal aktiv sind? In erster Linie, dass sie sich gut in ihrem regionalen Einzugsbereich vernetzen müssen, und dass sie sich spezialisieren sollten. Wer Herde anschließt und Leitungen verlegt, muss nicht unbedingt auch Glasfaserkabel spleißen, Photovoltaik aufs Dach montieren und Ladestationen für Elektroautos planen. Kein Kunde ist beleidigt, wenn der Elektriker seines Vertrauens eine Anfrage ablehnt, ihm dafür aber einen auf diese Tätigkeit spezialisierten Partnerbetrieb empfiehlt. Da kommt die Vernetzung ins Spiel: Hier ist nicht nur der kurze Draht zum Endkunden wichtig, sondern auch die gelebte Partnerschaft zu anderen lokalen Handwerksbetrieben. Wer sich von der Tätigkeit her kaum in die Quere kommt, kann problemlos kooperieren, und den Kunden an seine Partnerfirmen weitervermitteln.
Die Herausforderungen für Kleinbetriebe sind zahlreich. Ein Dauerbrenner bei Familienbetrieben ist z. B. die Nachfolgeregelung – vor allem, wenn die Kinder kein Interesse zeigen, den elterlichen Betrieb fortzuführen. Hier stellten wir bereits Alternativen wie das »Employee-Buy-out« (die Übergabe des Betriebs an Mitarbeiter) vor. Diese Nachfolgeregelung bedingt, dass es potenzielle Nachfolger – sprich: Mitarbeiter – gibt.
Damit sind wir bei einem Thema, das wieder alle Betriebsgrößen umtreibt: Wie können wir junge Menschen für unsere Branche gewinnen? Das geht, indem man auf sich als Ausbildungsbetrieb aufmerksam macht. »Wir bilden aus«-Slogans auf den Firmenfahrzeugen, Info-Flyer für Kunden, Social-Media-Aufrufe oder das Anbieten von Praktikumsstellen an Schulen sind erste Schritte.
Vielleicht lohnt sich bei Bewerbern auch ein zweiter Blick in die Unterlagen: Ist der Notendurchschnitt des Zeugnisses vielleicht schlechter ausgefallen, weil sich der Bewerber in Musik oder Kunst schwertut? Oder können mangelnde Deutschkenntnisse mit einem Sprachkurs behoben werden? Immerhin ist die Investition in die Jugend eine Investition in die Zukunft – und manchmal auch eine Investition in das Fortbestehen eines kleineren Elektrohandwerksbetriebs.
Sollte es Probleme mit dem Download geben oder sollten Links nicht funktionieren, wenden Sie sich bitte an kontakt@elektro.net