Die Frage, ob wir es mit einem tiefgreifenden Klimawandel zu tun haben oder nicht, muss inzwischen nicht mehr diskutiert werden. Mit dem Umbau unserer gesamten Zivilisation weg von fossilen Energieträgern und Grundstoffen wird nun Ernst gemacht. Und mit Maßnahmen wie dem Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) wird auch für Privatpersonen offensichtlich, was es für sie bedeuten kann und wird. Wesentliche Schritte in diese Richtung finden entlang der Elektrifizierung statt. Fahrzeuge werden batterie-elektrisch betrieben, Heizungen sollen Wärmepumpen nutzen und auch Industrieprozesse sollen entsprechend umgestellt werden.
In Deutschland setzt man dabei insbesondere auf Wind- und Solarenergie, da andere klimaneutrale Quellen, wie z. B. Wasserkraftwerke kaum ausgebaut werden können und auch die Biomasse aufgrund der Rohstoffproblematik an ihre Grenzen stößt.
Derzeit kann ungefähr 46 % Prozent des elektrischen Bedarfs durch sogenannte Erneuerbare Quellen erzeugt werden. Trotz gewisser Effizienzsteigerungen wird sich aber der Strombedarf aufgrund der vorgenannten Umstellungen mindestens verdoppeln. Das würde auf den ersten Blick zu der Schlussfolgerungen führen, dass wir die Erzeugung vervierfachen müssten, um 100 % zu erreichen. Dies ist aber leider eine »Milchmädchenrechnung«, denn es gibt ein fundamentales Problem in der Verfügbarkeit des »grünen« Stroms. Wind und Sonne stehen nicht jederzeit zuverlässig als Energielieferanten zur Verfügung.
Die Energie-Erzeugung durch Wind und Sonne korreliert nicht mit dem Bedarf
Diese stilisierte Graphik (Bild 1) verdeutlicht die Problematik. Wind und Sonne liefern eigentlich immer zu viel oder zu wenig Energie. Beides ist problematisch, da in dem einen Fall abgeregelt werden muss und in dem anderen Fall Reservekraftwerke liefern müssen. Beides ist unwirtschaftlich. Ziel muss daher sein, beide Situationen so weit wie möglich zu minimieren.
Im Gegensatz zu landläufigen Meinungen verbessert der zusätzliche Aufbau von Wind- und PV-Anlagen diese Problematik nicht, sondern er verschärft sie noch. An manchen Tagen decken die »Erneuerbaren« kaum 20 % des Bedarfs. Bei der sogenannten »Dunkelflaute« (Windkraftwerke und Photovoltaik Anlagen erzeugen gleichzeitig wenig Energie) liefern auch mehr Anlagen nicht genügend Energie.
Dazu kommen die Anforderungen im Netz, in kürzester Zeit hohe Mengen an Energie zur Verfügung zu stellen. Ein schönes Beispiel hierfür ist die Situation, wenn mehrere Millionen Menschen morgens um 7 Uhr aufstehen und ihre Kaffeemaschinen einschalten. Das ist ein trivialer Vorgang, den jeder kennt, dessen Auswirkungen aber den meisten nicht bewusst sind. Es müssen also in Sekunden enorme Mengen in der Größenordnung von mehreren Gigawatt an zusätzlicher elektrischer Energie bereitgestellt werden. Dies können derzeit weder Windkraftwerke noch PV-Paneele leisten. Dies ist nur ein Beispiel für sogenannte netzdienliche Funktionen, die für die Funktion unserer Stromversorgung essenziell sind.
Es kommt aber erschwerend eine jahreszeitliche Komponente hinzu. Da wäre beispielsweise die Frage, was mit der elektrischen Energie gemacht wird, die im Sommer nicht für Wärmepumpenheizungen benötigt wird. Zusammenfassend heißt das: Angebot und Nachfrage korrelieren nicht, weder räumlich noch zeitlich. Es müssen also Mittel und Wege gefunden werden, um diese »Schieflage« zu korrigieren. Eine wesentliche Komponente dabei ist die Regelung mit den Komponenten steuern, speichern und transportieren.
Auch erneuerbare Energien müssen netzdienliche Funktionen übernehmen
Als Lieferant von elektrotechnischen Komponenten und Sensoren, interessiert Pepperl+Fuchs hier zunächst die Steuerung von Prozessen. Dabei geht es darum, dass Windkraftanlagen zunehmend netzdienliche Funktionen übernehmen müssen. Das heißt, sie müssen auf Anforderungen aus dem Netz reagieren.
Nun muss man sich vergegenwärtigen, dass eine moderne Windkraftanlage eine Turmhöhe von 130 m und dort ein Gewicht von Maschinenhaus und Gondel von 400 t bis 600 t zu tragen hat. Die unterschiedlichen Windlasten bewirken eine enorme mechanische Last auf die Konstruktion. Nun kommen die Anforderungen der Regelung dazu. Das Abbremsen des Rotors durch Verstellen des Blattwinkels hat eine vergleichbare Last zur Folge. Diese wiederum hat massive Auswirkungen auf die Lebensdauer und damit auf die Wirtschaftlichkeit der Anlage.
Moderne Sensorik in Form von Inertial-Messsystemen (Bild 2) können diese Lasten in Echtzeit (»real-time«) erfassen und für eine Auswertung im Sinne des »Structural Health Monitorings« oder direkt als Rückkopplung (»Feedback«) der Anlagen-Steuerung dienen.
Die Besonderheit dieser Sensorik liegt darin, dass sie unterschiedliche Messprinzipien beinhaltet und schon bei sehr niedrigen Frequenzen zuverlässige Daten liefert. Dabei können die Kräfte nicht nur in drei Achsen gemessen werden, sondern ein Kreiselsystem erfasst Schwingungen im Raum und kann somit auch Torsionskräfte erkennen. Damit lässt sich das Schwingungsverhalten der gesamten Konstruktion des Windkraftwerks ermitteln.
Ziel ist es, die Anlagen möglichst sanft zu steuern, damit unnötig hohe Belastungen nicht auftreten. Zum anderen ermöglicht die Erfassung der Daten über den Betriebszeitraum die Bestimmung der Restlebensdauer. Dies wiederum ist Voraussetzung für den Weiterbetrieb der Anlage und daher entscheidend für ihre Wirtschaftlichkeit.
Die Sommer- / Winter-Problematik muss gelöst werden
Mit all diesen Maßnahmen wird jedoch nicht das jahreszeitliche Problem gelöst. Angebot und Nachfrage verhalten sich diesbezüglich genau gegensätzlich. Im Sommer liefert die PV hohe Erträge, die nicht benötigt werden und im Winter entsteht höherer Bedarf, dem ein niedrigeres Angebot gegenübersteht.
Hier bietet sich nun an, den überschüssigen Strom der Sommermonate für die Erzeugung von Wasserstoff zu verwenden. Dieser wird durch Elektrolyse aus Wasser erzeugt, indem mittels elektrischer Energie Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten wird. Somit entsteht der sogenannte »grüne« Wasserstoff. Letzterer kann auch über lange Zeiträume in Kavernen gespeichert werden. Eine Infrastruktur, die heute schon vorhanden ist, da Wasserstoff in seiner »grauen« Variante (Bild 3) seit langer Zeit in der Indu-strie genutzt wird. Damit stünde er jederzeit zur Verfügung, um mittels Brennstoffzellen wieder Strom zu erzeugen, der dann mögliche Angebotslücken füllen kann. Auch zukünftige Gaskraftwerke werden »H2 ready« sein, also Wasserstoff als Brennstoff verwenden können, um somit Strom CO2-frei zu generieren.
Wasserstoff ist aber auch Ersatz für Kohle, Gas und Öl in vielen anderen Bereichen. Man wird ihn als Treibstoff im Schwerlastverkehr, bei Bahnen, Schiffen und Flugzeugen einsetzen können, aber auch als Grundstoff in der Chemie-Industrie oder Reduktionsmittel bei der Stahlerzeugung. Die Nachfrage wird hier in den nächsten 20 Jahren massiv ansteigen. Es ist daher sinnvoll, die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien noch deutlich weiter auszubauen, nicht zuletzt, um Abhängigkeiten über Importe zu verringern. Hier denkt man in erster Linie an große Offshore-Windparks in der Nordsee, da dort die Ertragsperspektiven sehr gut sind und auch die Platzprobleme einfacher zu lösen sind.
Diese Anlagen werden zu einem nicht unerheblichen Teil ausschließlich für die Erzeugung von Wasserstoff dienen, weil damit auch die Probleme mit der Netzanbindung und der Notwendigkeit des Netzausbaus über große Entfernungen entfällt. Der Wasserstoff lässt sich auch vor Ort durch Schiffe abtransportieren. Zudem haben die europäischen Länder, insbesondere auch Deutschland, exzellent ausgebaute Pipeline- und Rohrleitungssysteme, die nahezu jeden Punkt im Land erreichen können und in Zukunft auf den Transport von Wasserstoff umgewidmet werden.
Auf diese Weise werden sich die derzeit offenen Kreisläufe schließen lassen. EEG-Anlagen müssen nicht mehr abgeregelt werden, sondern produzieren Wasserstoff, wenn zu viel Strom im Netz ist. Bei Flauten dient der Wasserstoff dann zur Rückverstromung und hilft den teuren Import von Gas zu reduzieren (siehe Kasten »Wirkungsgrade bei der Rückverstromung«). All das erhöht in der Summe die Versorgungssicherheit und stabilisiert gleichzeitig die Preise. Nicht zuletzt kann die Abhängigkeit von Importen reduziert und bei einem diversifizierten weltweiten Angebot eine Konzentration auf verlässliche Lieferanten forciert werden.
Wirkungsgrade bei der Rückverstromung
Aus anderen Bereichen der Energietechnik ist bekannt, dass eine mehrfache Umformung von Energie immer Verluste mit sich bringt. Das ist im Bereich der Wasserstofferzeugung und Rückverstromung nicht anders. Derzeit geht man von einem Wirkungsgrad von etwa 40 % aus, bezogen auf die eingesetzte elektrische Energie zur Elektrolyse und der anschließenden Nutzung des Wasserstoffs in einer Brennstoffzelle zur Erzeugung von elektrischer Energie. Der Vorteil ist jedoch, dass bei Einsatz von »grünem« Wasserstoff zur Stromerzeugung, ein Energieträger zur Verfügung steht, dessen Erzeugung mit »kostenloser« und erneuerbarer Energie vonstattenging. Dennoch ist es auch hier wünschenswert, wenn sich zukünftig Verluste im Gesamtprozess reduzieren lassen. Hierzu gibt es verschiedene »Stellschrauben«, an denen sich noch drehen ließe, wie beispielsweise die Verbesserung des Wirkungsgrades in Elektrolyse in Richtung von 90 %.
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