Ziel des Projekts ist es, die Energiewende zu ermöglichen, ohne die Netzstabilität zu gefährden und ohne den zukünftigen Netzausbau abwarten zu müssen. Das dreijährige Projekt wird im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramm vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. Das Projekt befasst sich inhaltlich mit einer der größten Herausforderungen im Stromsektor: durch den starken Zuwachs von Elektroautos und Wärmepumpen wird der Strombedarf in Summe stark zunehmen, jedoch nicht gleichmäßig über den Tag hinweg verteilt sein. Die Vor-Ort-Versorgung muss deshalb eng mit dem Netz und dem Energiemarkt abgestimmt werden, um Engpässe zu vermeiden. Dies kann beispielsweise über zeitlich flexibles oder gar verzögertes Laden von Elektroautos geschehen oder durch die direkte Nutzung von lokal erzeugtem Strom aus Photovoltaik. Wärmepumpen können auch für einzelne Stunden abgeschaltet werden, ohne dass Wohnungen auskühlen.
Carola Krug von der Vivasis AG zum Projektbeginn: »Die Transformation des Energiesystems stellt alle Beteiligten vor neue Herausforderungen. Mit dem Förderprojekt Cactus sind wir am Puls der Zeit und suchen heute schon die Lösungen für morgen, um die Netzbetreiber so früh und so gut wie möglich zu unterstützen. In diesem Projekt können wir die Ergebnisse der Forschungspartner mit den vier Stadtwerken direkt in der praktischen Anwendung erproben und damit weiter verbessern. Dadurch bringt das Projektkonsortium die besten Voraussetzungen mit, um in den kommenden drei Jahren sowohl erfolgreich einen Beitrag zur Forschung zu leisten als auch praxisnahe Lösungen zu entwickeln.«
Durch gezielte Kommunikation und Visualisierung von Netzengpässen (Connect) werden Netzbetreiber in ihrer täglichen Arbeit unterstützt (Assist). Primäres Ziel ist es, Netzengpässe gar nicht erst aufkommen zu lassen und diese bereits im Vorfeld durch Preissignale und Nutzung von flexiblen Verbrauchern aufzulösen (Control). Dazu adaptiert ein Algorithmus Preissignale, sodass mit hoher Wahrscheinlichkeit bei allen Schwankungen im Erzeugungs- und Verbrauchsverhalten die technischen Grenzen für einen stabilen Netzbetrieb eingehalten und damit Abschaltmaßnahmen vermieden werden – auch dann, wenn einige Kundenanlagen nicht auf die Preissignale reagieren wollen oder können.
Im ersten Schritt des Projekts führen die Forscherinnen und Forscher des ZSW eine Prognose des Verbrauchs und der Einspeisung im Niederspannungsnetz durch, um dann vorausschauend die Belastungen der verschiedenen Netzabschnitte im Verteilnetz darzustellen. Werden hierbei Netzengpässe prognostiziert, liefert ein Assistenzsystem Entscheidungshilfen für das Leitwartpersonal, um kritische Systemzustände durch direkte Steuereingriffe zu vermeiden.
Ergänzend wird ein Algorithmus entwickelt, der im Vorfeld über Preissignale an dezentrale Anlagen deren gleichzeitige Nutzung reduziert und dadurch Netzengpässe sowie die dann notwendigen direkten Steuereingriffe weitestgehend vermeidet. Somit wird durch intelligente Netzbewirtschaftung der steigende Transportbedarf für elektrische Energie in vielen Fällen schon mit bestehenden Verteilnetzen ermöglicht und der anderenfalls notwendige Ausbau der Stromnetze reduziert.