Der Veranstalter hatte eine Reihe fachkundiger Referenten am Start, welche komplexe Themen in einer Reihe von Vorträgen an zwei Tagen präsentierten. Die Stimmung unter den Teilnehmern und Referenten war großartig, die Gelegenheit zu einem direkten Austausch unter Fachleuten wurde mit Begeisterung wahrgenommen (Bild 1). Im Folgenden nun ein kurzer Abriss dieser Veranstaltung.
Ziel dieser Expertentage
Mitte Oktober 2023 fand der BGV Expertentag Elektrotechnik zum wiederholten Male statt, veranstaltet von der BGV Immobilien GmbH & Co. KG aus Karlsruhe. Die Idee eines Expertentags im Sinne dieser Veranstaltung ist laut Tagungsleiter Dierk Wolfinger, gesamtverantwortliche Elektrofachkraft (GvEFK) und Sachverständiger für Elektrotechnik von der BGV Badische Versicherungen, generell die Praxis in den Vordergrund zu stellen. Dabei soll das Messen von Stromkreisen anhand von Versuchsaufbauten anschaulich demonstriert werden. Auf diese Weise ließe sich die Elektrotechnik in der Betreiberpraxis relativ einfach erläutern, ohne zu sehr ins Theoretische abzuschweifen.
Der Teilnehmerkreis der Expertentage stellte einen breiten Querschnitt dar, zusammengesetzt aus Vertretern der mittelständischen Herstellerindustrie, Ingenieur- und Sachverständigenbüros, Verwaltung, technische Institutionen, Hochschulen, Bank- und Versicherungswirtschaft oder kommunalen Anlagenbetreibern – um nur einige wichtige zu nennen. Die Veranstaltung erstreckte sich über zwei Orte, d. h. beginnend mit der Sparkasse Rhein Neckar Nord in Mannheim und danach dem Lichthof des Karlsruher Unternehmens BGV Immobilien GmbH & Co. KG. Aufgrund der Unterbrechung sowie einer Veranstaltungsabsage wegen der Pandemie könnte man hier von der vierten seit 2016 tatsächlich in Präsenz stattfindenden Tagung sprechen.
Treffpunkt Sparkasse
Die Teilnehmer hatten die Möglichkeit, an einer Führung durch die elektrotechnisch modernisierte Sparkasse Rhein Neckar Nord in Mannheim teilzunehmen. Hierbei standen die Themen Niederspannungshauptverteilung (NSHV), Sicherheits- und Allgemeinstromversorgung, Mittelspannungs- und Transformatorenanlage und die Niederspannungsunterverteiler im Fokus. Mitarbeiter der Sparkasse Rhein Neckar Nord, Mannheim, führten die aus maximal 15 Teilnehmern bestehenden Gruppen durch die Anlagen im Sparkassengebäude. »Elektrische Defekte machen über ein Drittel der versicherungstechnischen Schadensfallmeldungen in Gebäuden aus«, erklärte Wolfinger, »und wir sind hier angetreten, unseren Auftrag zu erfüllen, zu zeigen, wie man es richtig macht«.
EMV im Verwaltungsgebäude
Bei der Modernisierung des Sparkassen-Verwaltungsgebäudes wurden einige zeitgemäße elektrotechnische Prinzipien umgesetzt und während der Führung erläutert. Für das Gebäude ist eine zentrale AV-Versorgung vorgesehen, bei der die Netzform TN-S-System konsequent umgesetzt wurde. Der zentrale Erdungspunkt für das Gebäude befindet sich in der Niederspannungshauptverteilung (NSHV) Allgemeinstromversorgung (AV). Die PEN-PE-Brücke des zentralen Erdungspunkts wird permanent überwacht.
Die Schaltanlagen sind mit einer Platzreserve von 30 % ausgeführt worden. Alle Reihenklemmen wurden je Seite nur mit einer Ader belegt, wobei keine Stufenklemmen zum Einsatz kamen. Die Größe wurde für den Nennstrom des zugehörigen Schalt-/Sicherungsorganes ausgelegt. Grundsätzlich wurden Kabel und Leitungen von Stark- und Schwachstromanlagen räumlich getrennt verlegt. Die Hauptkabelwege waren dabei in den betreffenden Grundrissplänen vorgegeben. Bei dieser Modernisierung kamen auch die EU-Bauproduktenverordnung und DIN EN 50575 konsequent zur Anwendung.
Eine große Bandbreite an Fachvorträgen und Diskussionen
Der zweite Teil des ersten Tages sowie der komplette zweite Tag der Veranstaltung im BGV-Lichthof in Karlsruhe waren begleitet von einer Hausmesse verschiedener Hersteller. Hier hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, sich in informeller Atmosphäre auszutauschen.
Dipl.-Ing. Werner Henke aus Radolfzell stellte einen Praxisversuch zu Einleiter- und Mehrleiterkabeln vor und gewährte einen Einblick in seine Tätigkeit als Gutachter (Bild 2). In diesem Zusammenhang berichtete er von seiner Gutachtertätigkeit. Er teilte in seinem Vortrag seine Erfahrungen mit der EMV-Messtechnik, die er z. B. verwendet, um Netzsysteme zu prüfen. So ist es ihm möglich, in jedem TN-C-S-System PE-N-Brücken aufzufinden, die dort nicht hingehören. Somit ist er in der Lage, diese Brücken zu entfernen, um dann einen sauberen Anlagenzustand herzustellen. Er berichtete zudem auch aus einem Praxisversuch zu Einleiter-/Mehrleiterkabeln und analysierte die tatsächlichen Stromflüsse.
Oliver Vollmar von der BGV-Versicherung AG beleuchtete die allgemeinen Betreiberpflichten und erläuterte die Relevanz sowie die Risiken der Prüfpflicht. Hierbei ging er auf Schäden und Gefahren durch den elektrischen Strom ein, auf dessen Grundlage er Sicherheitsprüfungen durchführt. Hierbei sind eine ganze Reihe von Grundlagen für Prüfpflichten, Gesetze, Normen, Richtlinien zu beachten. Eine spezielle Form stellt die VdS-Prüfung dar, die hier näher erläutert wurde.
Was dem Leuchtmittelverbot folgt und wie es um die LED-Qualität steht
Die Themen Leuchtmittelverbot und die Beurteilung der LED-Lichtqualität wurden von Bernd Link von Ledvance und Bernd Huck von Sonepar erläutert.
Hierbei lieferten sie umfangreiche Informationen zur staatlichen Förderung (BEG-Förderung) und der neuen Norm DIN 12464. Ca. 70 % der deutschen Bestandsanlagen werden derzeit noch mit konventionellen Kompakt- und Leuchtstofflampen betrieben. Es handelt sich um riesige Stückzahlen, z. B. ca. 25 Mio. Brennstellen für Kompaktleuchtstofflampen mit Stecksockel (CFLni) oder ca. 100 Mio. Brennstellen mit T5- und T8-Leuchtstofflampen. Hierfür gibt es eine Vielzahl an Austauschmöglichkeiten, nämlich LED-Lampen-basierte Lösungen oder Leuchten-basierte Lösungen.
Erdungsanlagen auf Hochspannungs- und Niederspannungsebene
Prof. Dr.-Ing. Ismail Kasikci von der Hochschule Biberach schlug in seinen Beitrag die Brücke von Erdungsanlagen von Hochspannungs- zu Niederspannungs-Netzen. Hierzu bezog er sich konkret auf die Normen EN 50522, DIN VDE 0100-540 und DIN 18014. In der Praxis ist es zunehmend wichtig, Erdungsanlagen auf der Mittel- und Niederspannungsebene zusammen zu denken. Hierbei ist das Einhalten der Prinzipien der Netzsysteme nach Art der Erdverbindung von großer Bedeutung. In diesem Zusammenhang spielt auch die Sternpunktbehandlung eine entscheidende Rolle.
Auch die Kurzschlussstrom-Berechnung in Drehstromnetzen ist eine zunehmende Aufgabe für Planer und Errichter elektrischer Anlagen. Diese Planungsaufgaben müssen sowohl auf der Niederspannungsebene als auch im Bereich der Mittelspannung durchgeführt werden. Nicht zuletzt sind alle planerischen Überlegungen auch immer begleitet von der Tatsache, dass eine Anlage hinsichtlich der Notwendigkeit eines Blitzschutzsystems untersucht werden muss. Auch die Belange des Schutzes vor Überspannungen kommen hierbei zum Tragen.
Was war sonst noch wichtig?
- Bericht über den Neubau des BGV-Parkgebäudes und Neuigkeiten aus der Normenwelt von Dierk Wolfinger, BGV.
- Michael Lachstädter von der Dresdener Finanzhaus Maklergesellschaft mbH sprach über Tücken und Deckungslücken bei Versicherungen für Sachverständige und Betreiber.
- Es wurden Technikerarbeiten zum Energiemanagement am Beispiel BGV von der Heinrich-Herz-Schule Karlsruhe präsentiert.
- Dipl.-Ing. Karl-Heinz Otto aus Düsseldorf blickte auf seine 45 Jahre Berufserfahrung als ö. b. u. v. Sachverständiger zurück und teilte die unersetzbaren Erfahrungen mit den Teilnehmern dieser Veranstaltung.
Fazit
Die Veranstaltung bot einen tiefen Einblick in die stets voranschreitenden Entwicklungen der Elektrotechnik sowie praxisnahe Erfahrungen und Erkenntnisse von Experten auf diesem Gebiet. Es ist nach Ansicht der Teilnehmer wichtig, dieses Tagungsformat regelmäßig in der Zukunft weiterzuführen. Die nächste Tagung bzw. die nächsten Expertentage sind daher bereits fest eingeplant und für September 2024 vorgesehen.
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