Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Dieses geflügelte Wort stand schon in der Bibel. Parallelen zu heute scheinen nicht ausgeschlossen. Dieser Gedankengang kommt in mir auf, wenn ich wieder mal etwas über das Thema Unbundling höre. Diese gesetzliche Forderung ist bei den deutschen Verteilnetzbetreibern schon seit etlichen Jahren eingeführt und erhält wegen sprunghaft gestiegener Aufgaben hinsichtlich des Umbaus der deutschen Energieversorgung eine neue Bedeutung.
Das Unbundling – zu Deutsch: Entflechtung – bezieht sich darauf, dass die Verteilnetzbetreiber ihre Netze von ihren anderen Geschäftsbereichen trennen müssen, um Diskriminierung und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Dies bedeutet, dass sie ihre Infrastruktur unabhängig von anderen Tätigkeiten wie der Energieerzeugung bzw. -übertragung und dem Vertrieb betreiben müssen. Eine der Herausforderungen beim Unbundling besteht darin, sicherzustellen, dass die Tochterfirmen der Verteilnetzbetreiber keine unfairen Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Marktteilnehmern haben. Dies kann insbesondere dann problematisch sein, wenn diese Tochterfirmen in direkte Konkurrenz zu den Handwerksfirmen treten, die sich auf die Errichtung von PV-Anlagen und Ladeinfrastruktur spezialisiert haben.
Die frühere Praxis des Netzanschlusses wurde allgemein als zu langsam und uneinheitlich bewertet. Die ambitionierten Ausbauziele und die beschleunigte Installation vieler PV-Anlagen und Ladeeinrichtungen in den nächsten Jahren wäre in der bisherigen Form nicht zu schaffen. Daher hat der Gesetzgeber mit den Änderungen zum EEG 2023 die Weichen gestellt für eine massentaugliche Ausgestaltung der Netzanschlussprozedur. Diese gesetzlichen Regelungen müssen jedoch zum Teil erst bis zum 1.1.2025 umgesetzt werden. Bis dahin dürfte es oft bei der bisherigen Praxis bleiben. Ein aktuelles Beispiel dafür findet sich in der folgenden Praxisanfrage: »Praktiken des Unbundlings im Kontext des PV-Anlagenbaus«. Sowohl der anfragende Leser als auch der Autor kommen dort zu der Vermutung, dass sich gerade die Energiekonzerne mit ihrem jeweiligen Firmengeflecht häufig nicht ausreichend an die Vorgaben halten.
Auch hier sieht man: Die Selbstkontrolle von Unternehmen scheitert in der Praxis offensichtlich immer wieder mal. Sicher gilt das nicht für jeden der 900 deutschen Verteilnetzbetreiber. In den meisten Fällen ist der gute Wille bestimmt auch vorhanden, aber das allein reicht wohl nicht. Um solche Probleme anzugehen, können Regulierungsbehörden und Politikinstrumente eingesetzt werden, um sicherzustellen, dass ein fairer Wettbewerb gewährleistet ist.
Der Autor der Praxisproblemantwort des genannten Beitrags nennt einige konkrete Möglichkeiten, wie das E-Handwerk gegen die zuvor beschriebene Wettbewerbsbenachteiligung vorgehen kann. Es geht am Ende um eine angemessene Regulierung und Aufsicht, um sicherzustellen, dass das Unbundling effektiv durchgeführt wird und die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt werden. Dies kann dazu beitragen, ein Umfeld zu schaffen, in dem Innovation gefördert wird und der Netzumbau vorangetrieben werden kann, während gleichzeitig faire Wettbewerbsbedingungen bestehen.
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