Barrierefreiheit wird stets bedeutsamer, durch neue Gesetze oder Normen ist sie vielerorts bereits Standard, sozusagen ein »Must-have«. Gleichzeitig steigen die Anforderungen der Bauherren und Nutzer und deren Bedürfnis nach Komfort und Sicherheit. Schon 2008 stand beim Neubau der Oper in der norwegischen Hauptstadt Oslo eine barrierefreie Ausgestaltung der Gebäudekommunikation und die Integration einer Zutrittskontrolle im Fokus (Bild 1).
Das 2021 eröffnete Projekt Markusgården im dänischen Aalborg ist hingegen als schlüsselloses Wohn- und Pflegeheim mit 220 Türen konzipiert. Dort bedeutet Sicherheit sehr viel mehr als die Regelung der Zutritte am Haupteingang. Viele Bewohner sind dement; das System muss sicherstellen, dass sie sich nicht in Gefahr bringen, z. B. indem sie an die Medikamentenschränke gelangen.
Die Anforderungen werden komplexer
Doch nicht nur bei Großprojekten – auch im alltäglichen Baugeschäft bis zum Einfamilienhaus sehen sich Planer und Handwerker mit stets komplexer werdenden Fragen konfrontiert: In welcher Höhe muss eine Sprechanlage eingebaut werden, wenn sie vom Rollstuhl aus erreicht, aber auch von einer großgewachsenen Person mit Sehbeeinträchtigung erkannt werden soll? Was muss bei einem vom Bauherren gewünschten Touch-Display beachtet oder ergänzt werden, um die Vorgaben aus DIN 18040 »Barrierefreies Bauen« zu erfüllen (Bild 2)?
Sind alle Überlegungen mit den ebenso einzuhaltenden Anforderungen der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen vereinbar? Hat der Planer die Möglichkeit einer KfW-Förderung speziell für die Tür in Betracht gezogen oder muss in einem Mehrparteien-Bestandsgebäude die gesamte Kommunikationsanlage umgebaut werden, weil ein einziger Mieter aufgrund eines Unfalls nun andere Anforderungen an die Innenstation hat?
Tipps aus dem Kompetenzzentrum
Darauf Antworten zu finden, ist bei diesem breit gefächerten Thema eine Herausforderung, der sich Siedle stellt. So arbeitet das Unternehmen seit 2022 mit dem Kompetenzzentrum Barrierefreies Wohnen im Münchener Stadtviertel Riem zusammen. Dort können sich Besucher darüber informieren, wie sie ihr Zuhause an sich verändernde Bedürfnisse und Lebensverhältnisse individuell anpassen können – bis hin zur umfangreichen Umbaumaßnahme. Siedle stattete die Produktausstellung des Zentrums mit einer barrierefreien Anlage aus und lud regionale Partner aus dem Handwerk zu einer Infoveranstaltung vor Ort ein.
Sabine Mahl, die im Projektvertrieb bei Siedle täglich mit den wechselnden Anforderungen konfrontiert ist, erläuterte das in der DIN für Türstationen vorgegebene Zwei-Sinne-Prinzip: Demnach sind Signale so zu gestalten, dass sie von Menschen mit mehreren Sinnen wahrgenommen werden können. Informationen sollen nicht nur visuell, sondern auch akustisch oder haptisch wahrnehmbar sein, um Menschen mit Sehbehinderungen oder anderen Einschränkungen die Orientierung zu erleichtern. Zudem erläuterte sie anhand beispielhafter Anlagen mögliche Lösungsansätze. Der modulare Aufbau und die individuellen Umsetzungsmöglichkeiten der »Siedle Vario«-Türstationen liefern z. B. schon für viele Projekten die nötige Flexibilität.
Konkrete Hilfestellungen für Handwerker
Für konkrete Hilfestellungen gäbe es regelmäßig viele positive Rückmeldungen, so Mahl: »Ständig sollen Handwerker diese Vorgabe umsetzen oder über jene Neuerung Bescheid wissen – haben aber wegen ihrer gefüllten Auftragsbücher kaum Zeit dafür, sich weiterzubilden. Dass sie von uns konkrete Infos zu einem solch zukunftsträchtigen Thema erhalten haben, ist äußerst hilfreich für sie.«
Um diese Expertise aufzubauen, nimmt Siedle auch an der Fachtagung »bfb barrierefrei bauen« in Köln teil, die im Oktober 2024 in ihre neunte Ausgabe gehen wird. Die Veranstaltung richtet sich an alle, die barrierefreie Projekte planen, bauen, genehmigen oder begleiten. »Dort können wir auch Kontakt zu Unternehmen pflegen, deren Produkte wir nicht selbst nicht im Portfolio haben, aber in unsere Anlagen einbinden könnten«, erklärt Isabella Mildenstein (Bild 4), ebenfalls im Projektvertrieb bei Siedle und seit Jahren engagiert im Bereich Barrierefreiheit.
Neue Vorgaben durch EU-Norm
Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Ausblick auf kommende Rahmenbedingungen des barrierefreien Bauens: die Anpassung der DIN 18040 an die europäische Norm EN 17210. Diese beinhaltet funktionale Anforderungen sowie eine Vielzahl von Empfehlungen an die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit barrierefreier Bauwerke. Sie orientiert sich dabei an den Grundsätzen des so genannten »Universal Designs«.
Die Überlegung dahinter: Produkte sollen einfach sein und klar, intuitiv und selbsterklärend. Sie unterteilen Menschen nicht in Zielgruppen mit und ohne Handicap, sondern beachten die folgenden fünf grundlegenden Prinzipien:
- unnötige Komplexität vermeiden
- Infos entsprechend ihrer Bedeutung kennzeichnen
- ein breites Spektrum von Lese- und Sprachfähigkeiten unterstützen,
- klare Eingabeaufforderungen und Rückmeldungen vorsehen sowie
- die Erwartungen der Nutzer und ihre Intuition konsequent berücksichtigen.
Das Ergebnis: einfache Bedienung für alle Nutzer. Produkte und Räume, die allen zugänglich sind. Wo Senioren und Junge, Technikbegeisterte und Gelegenheitsnutzer gleichermaßen ernstgenommen werden, entstehen keine Barrieren, sondern nur gutes Design.
Große Schrift auf kleinen Klingeltasten wird zum Problem
Dennoch bietet das Feld »Design und Barrierefreiheit« noch die eine oder andere Aufgabe: Brailleschrift, die zumeist von Geburt an Blinde lesen, kann Siedle bei Designlinien mit Edelstahl-Front einsetzen (Bild 5). Dabei werden kleine Kügelchen auf die Tasten eingelassen. Dass diese ebenfalls aus Metall sind, bringt zudem den Vorteil einer gewünschten Langlebigkeit mit: Türstationen befinden sich bekanntlich im Außenbereich, wo das Material, eben auch sehr kleinteilige Elemente, der Witterung ausgeliefert sind.
Immer mehr nachgefragt und empfohlen durch erwähnte EN ist die sogenannte Pyramidenschrift – also keilförmig erhobene arabische Schrift, die etwa auch Altersblinden bei der Orientierung hilft. Dass diese Schrift per DIN eigene Anforderungen an Mindestgrößen stellt, ist oft noch eine Herausforderung, weil Klingeltasten älterer Designlinien dafür nicht groß genug konzipiert worden waren. »Unser Claim für 2024 lautet ‚open‘. Passend dazu sind wir bei Siedle auch immer offen dafür, zu lernen«, sagt Isabella Mildenstein.
Die vorausschauende Entwicklung spiegelt sich im Siedle-Produktportfolio wider: Dem Zwei-Sinne-Prinzip entspricht die Zustandsanzeige, die den Türruf, das angenommene Gespräch sowie das Öffnen der Tür durch optische Signale anzeigt. Sie kann in alle Systeme sowie Produktlinien integriert werden. Ein spezieller Türlautsprecher bietet in lärmintensiver Umgebung oder für Hörbehinderte eine optimale Verständigung, während im Gebäude die Hörer der Haustelefone per Induktionsspule mit Hörgeräten verbunden werden können – oder alternativ eine Türrufleuchte das Klingeln optisch anzeigt.
Für diejenigen, die nicht gut zu Fuß sind, kann Siedle jahrzehntealte Haustelefone durch neue Geräte ersetzen, die eine Anbindung an die Siedle-App ermöglichen – den Gang zur Innenstation braucht es so gar nicht mehr, um die Tür zu öffnen. Darüber hinaus können die Produkte durch ihren modularen Aufbau und ihre Flexibilität an vielfältige Anforderungen individuell angepasst werden.
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