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Schwieriges Marktumfeld für die »Heizungswende«

Mangelnde Investitionsbereitschaft bremst Wärmepumpe aus

Mangelnde Investitionsbereitschaft bremst Wärmepumpe aus
(Bild: Bosch)

Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) hat Ende Juli seine Absatzstatistik für das komplette 1. Halbjahr 2024 vorgelegt. Zentrales Ergebnis: Die Hersteller setzten 43 % weniger Wärmeerzeuger ab als im gleichen Zeitraum des Rekordjahres 2023. Noch im Mai 2024 lag der Gesamtabsatz der Wärmeerzeuger im deutschen Markt bei einem Minus von 35 %. Auch der Absatz von Wärmepumpen entwickelte sich im ersten Halbjahr 2024 rückläufig. Die Hersteller setzten insgesamt nur 90.000 Einheiten ab – das entspricht einem Minus von 54 % gegenüber dem Vorjahr. Die jetzt vom BDH vorgelegten Zahlen machen deutlich, dass die negative Entwicklung zur Jahreshälfte nochmal zugenommen hat. Damit bewegt sich der Markt nach vier Jahren des Wachstums – insbesondere nach dem von Sondereffekten geprägten Rekordjahr 2023 – wieder auf einem langjährigen Absatzniveau aus den Zeiten vor 2020.

In diesem Zusammenhang verwundern die Zahlen der aktuellen ZIV-Erhebung des Bundesverbands des Schornsteinfegerhandwerks (Zentral-Innungsverband ZIV e. V.) aus dem Jahr 2023 keineswegs. Über 81 % der wiederkehrend messpflichtigen Ölfeuerungsanlagen (etwa 3,2 Millionen) und etwa 65 % der Gasfeuerungsanlagen (ca. 3,7 Millionen) sind älter als 20 Jahre. 1,67 Millionen Ölkessel und 1,64 Millionen Gasgeräte davon sind sogar 30 Jahre alt und älter. Nicht mit­gerechnet werden kleinere Einzelraumheizgeräte, Kleinwasserheizer und dergleichen, die nicht messpflichtig sind und somit nicht flächendeckend statistisch erfasst werden. Es gibt also eine Dunkelziffer, die Schlimmeres erahnen lässt.

Ein etwas hoffnungsvolleres Bild zeigt sich hingegen beim diesjährigen Eingang der Anträge zur Heizungsförderung bei der KfW, die am 27.2.2024 startete. Per 31.7.2024 gab es von der Kreditanstalt für Wiederaufbau Zusagen für rund 77.600 Zuschussanträge mit einem Volumen von rund 1,1 Mrd. €. Die Nachfrage hat sich im zweiten Quartal mit rund 5000 Zusagen pro Woche recht positiv entwickelt. Bis Ende Mai hatte die Kreditanstalt rund 34 000 Zuschussanträge zum Umstieg auf klimafreundliche Heizungssysteme nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) zugesagt.

Bild 1: Die Absatzzahlen im bundesdeutschen Heizungsmarkt liegen deutlich unter den Erwartungen der Branche. Auch das Ziel der Bundesregierung, jährlich etwa 500.000 Wärmepumpen zu in­stallieren, scheint angesichts dieser Fakten unerreichbar zu sein.
Bild 1: Die Absatzzahlen im bundesdeutschen Heizungsmarkt liegen deutlich unter den Erwartungen der Branche. Auch das Ziel der Bundesregierung, jährlich etwa 500.000 Wärmepumpen zu in­stallieren, scheint angesichts dieser Fakten unerreichbar zu sein.
(Bild: BDH e. V., Köln)

Häusliche Energiewende kommt nur bei PV in Fahrt

Als weiterer Lichtblick kann die Entwicklung bei der Installation von Photovoltaikanlagen bezeichnet werden. Im April 2024 waren in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) vom 29.7.2024 gut 3,4 Millionen Photovoltaikanlagen auf Dächern und Grundstücken installiert. Das entspricht einer Steigerung um 29,8 % im Vergleich zum April des Vorjahres. Damals waren laut Destatis knapp 2,7 Millionen Anlagen installiert. Das Statistische Bundesamt mit Sitz in Wiesbaden erfasst allerdings nur Anlagen, die in die Netze der öffentlichen Versorgung einspeisen und über einen Stromzähler verfügen, der die eingehenden Strommengen misst. Kleinere Anlagen, etwa die sogenannten Balkonkraftwerke, erfasst das Bundesamt nicht.

Laut Umfrage des Bundesverband Solarwirtschaft e. V. (BSW) ist ein Ende des Booms nicht abzusehen. Demnach ist die Investitionsbereitschaft bei Unternehmen, die ihre Firmendächer mithilfe der Solarenergie elektrifizieren wollen, und auch bei Privathaushalten grundsätzlich weiter hoch. Von den Immobilieneigentümern, die über geeignete Dächer, aber noch keine Solaranlage verfügen, ist der Umfrage zufolge mehr als jeder zweite private Immobilienbesitzer und mehr als jedes zweite Unternehmen an einer Solarstromanlage interessiert.

Leider kann die thermische Solartechnologie von diesem Trend nicht profitieren. Im Jahr 2023 hat die Solarthermie-Branche in Deutschland nur rund 51.000 neue Anlagen mit einer Kollektorleistung von insgesamt gut 263 MW installiert. Im Jahr 2022 waren es noch etwa 91.000 Einheiten mit einer Gesamtleistung von knapp 500 MW. Dies haben die Branchenverbände BDH und BSW mitgeteilt. Sie führten den Marktrückgang seinerzeit auf die Verunsicherung rund um das GEG zurück und sahen für das Jahr 2024 ­eine Erholung der Absatzzahlen voraus. Aus der aktuellen BDH-Absatzstatistik für das 1. Halbjahr 2024 ergibt sich allerdings ein erneuter Absatzrückgang um 50 % auf etwa 120 500 m² Kollektorfläche.

Verunsicherung der Konsumenten und andere Prioritäten

In einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen aus dem Mai 2023 beurteilten noch 56 % der Bundesbürger die Auflagen der Bundesregierung zum Einbau neuer Heizungen zur Erreichung der Klimaziele als positiv. (Politbarometer II Mai 2023) Seitdem ist leider viel Unsicherheit gestreut worden, die die Investitionsfreudigkeit in Sachen Heizungstechnik nicht gerade beflügelt. Trotzdem wird klar, dass die Deutschen zwar gern die mangelhafte Infrastruktur ihres Staates beklagen, Immobilienbesitzer aber relativ ungern in ihre eigene Wärmeversorgung investieren. Es gibt viel Unwissenheit und Vorbehalte zur aktuellen Fördersituation sowie echte Horrorstorys zur Preisfindung im SHK-Handwerk.

(Dem Autor dieser Zeilen liegt beispielsweise eine Offerte vor, die 5500 € für ein Fundament ausweist, das für die Außeneinheit einer häuslichen Wärmepumpe vorgesehen ist). Darüber hinaus wird auch gern das Alibi genutzt, welches der zuständige Schornsteinfegermeister mit seiner Immissionsschutz-Messung häufig frei Haus mitliefert: »Die Abgaswerte ihrer Heizung sind ja noch top – warten sie doch erst einmal ab«. Ob die »Schwarze Zunft« ihrer Beratungspflicht in diesem Zusammenhang immer vollumfänglich nachkommt, darf in vielen Fällen bezweifelt werden.

Die Heizungsbetreiber nehmen es scheinbar gelassen und ihre Investitionsfreude – um wirklich etwas für den Umweltschutz zu tun – hält sich aufgrund dieser Szenarien sehr in Grenzen.

Bild 2: Die fachliche Beratung muss stimmen – die Abgaswerte sind nicht das alles entscheidende Kriterium
Bild 2: Die fachliche Beratung muss stimmen – die Abgaswerte sind nicht das alles entscheidende Kriterium
(Bild: www.waldecker-pr.de)

Ausgaben für Reisen und Freizeit steigen

Weder die Energiepreise noch die Klimakrise oder die Inflationsangst können hingegen die Reiselust der Bundesbürger trüben – im Gegenteil. Im vergangenen Jahr haben die Deutschen fast 87 Mrd. € für Urlaub ausgegeben, mehr als je zuvor. Das sind im Schnitt rund 7 % des Haushaltsnettoeinkommens, lautet ein Ergebnis der Reiseanalyse 2024, bei der Marktforscher seit mehr als einem halben Jahrhundert das Urlaubsreiseverhalten hierzulande analysieren. Diese Tendenz setzt sich auch im laufenden Jahr ungebremst fort. Allein im 2. Geschäftsquartal 2024 verreisten 2,8 Millionen Gäste mit Reisekonzern TUI; das sind 14 % mehr als im Vorjahr (2,4 Millionen). Im Ranking der umsatzstärksten Märkte für Kreuzfahrten belegt Deutschland weltweit den zweiten Platz. Nur in den USA generiert die Branche höhere Umsatzerlöse pro Jahr. Rund 3,7 Millionen Personen aus Deutschland unternahmen im Jahr 2023 eine Kreuzfahrt.

Fazit

Es scheint eine typisch deutsche Mentalität zu sein, mit dem Finger auf Behörden, Politiker bzw. den Staat zu zeigen, wenn Defizite in der (Um)Welt erkennbar werden; selbst aber völlig losgelöst von dieser Situation zu sein. Die amtierende Bundesregierung hat mit dem GEG und den folgenden Diskussionen zur Fördersituation im BEG sicherlich Fehler gemacht, aber jetzt ist es an uns aus der Fachbranche, dieses Szenario ins Positive zu drehen.

Grundsätzlich sind die Bundesbürger für die Wärmewende zu gewinnen, aber es braucht noch eine wesentlich bessere Motivation zum Austausch der Oldtimer in deutschen Heizungsräumen. Geld allein spielt dabei scheinbar nicht die alles entscheidende Rolle – das Freizeit- und Konsumverhalten zeigt uns das allzu deutlich. Die etablierten Branchenverbände (BDH, BWP, BSW, ZVSHK und ZVEH) sollten sich umgehend auf eine breit angelegte Informationskam­pagne verständigen, um den Sanierungsstau in der Wärmeversorgung endlich aufzulösen. Auf das Bundeswirtschaftsministerium sollten sich die Verantwortlichen dabei besser nicht verlassen.

Über den Autor
Autorenbild
Dieter Last

Fachjournalist, Lemförde

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