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Ergänzung oder Ersatz?

Standard Matter – Zusammenspiel mit Smart-Home-Systemen

Bild 1: Christian Kruppa: »Ich rechne für die nächsten ein bis zwei Jahre mit einer spürbaren Ausweitung des Angebots an Matter-Komponenten«
Bild 1: Christian Kruppa: »Ich rechne für die nächsten ein bis zwei Jahre mit einer spürbaren Ausweitung des Angebots an Matter-Komponenten«

(Bild: Busch-Jaeger)

Wie eine Bestandaufnahme auf der Light + Building 2024 gezeigt hat, sind die deutschen Anbieter von professionellen Smart-Home-Lösungen in ihrem Engagement für den Standard Matter aktuell sehr unterschiedlich unterwegs. Am weitesten scheint Busch-Jaeger zu sein, auch bedingt durch die Übernahme des Anbieters Eve. Daher sprachen wir über den Standard Matter mit Christian Kruppa, Global Product Manager bei Busch-Jaeger.

»de«: Herr Kruppa, können Sie eingangs ein paar grundlegende Informationen zu dem Smart-Home-Standard Matter und dem damit verknüpften Funkprotokoll
Thread geben?

C. Kruppa: Matter ist, wie Sie schon in Ihrer Frage formuliert haben, ein Verbindungsstandard, der dafür sorgen will, dass alle Geräte in einem Gebäude miteinander kommunizieren können. Für die Kommunikation hat Matter drei verschiedene Übertragungswege definiert: Ethernet, WLAN und eben das Funkprotokoll Thread.

Thread baut ein vermaschtes Funknetzwerk auf, genannt Mesh, das für IoT-Produkte ausgelegt ist. Ein charakteristisches Merkmal ist der im Unterschied etwa zu WLAN geringe Stromverbrauch, so dass auch batteriebetriebene Komponenten gut in das Netzwerk integriert werden können. Genutzt wird bei Thread die Frequenz 2,4 GHz.

»de«: Welche Anwendungen deckt der Standard Matter in seiner aktuellen Version 1.3 ab, welche wichtigen Funktionen fehlen aus Ihrer Sicht noch?

C. Kruppa: In der Regel erscheint rund alle sechs Monate eine neue Version von Matter, die Entwicklungsgeschwindigkeit ist also aktuell sehr hoch. Anwendungen aus dem Bereich Beleuchtung und Beschattung waren schon von Anfang an Bestandteil der Definition, jetzt kamen u. a. Anwendungen im Bereich der Elektromobilität hinzu. Weitere Funktionalitäten im Bereich Energiemanagement, etwa PV-Anlagen oder Speicher, sind heute noch nicht berücksichtigt. Grundsätzlich ist Matter noch relativ stark Consumer-orientiert, so berücksichtigt der Standard eine breite Palette an Haushaltsgeräten, etwa Kühlschränke, Geschirrspüler, Waschmaschinen oder Saugroboter.

»de«: Welche Vorteile bietet Matter heute bzw. in Zukunft, die mit vorhandenen Standards nicht ebenso abgedeckt werden könnten?

C. Kruppa: Der große Vorteil von Matter liegt meiner Ansicht nach darin, dass bisher weitgehend getrennte Welten der Gebäudetechnik und dem Consumer- bzw. Unterhaltungselektronik-Segment ein Stück weit zusammenwachsen. Im Bereich der professionellen Smart-Home-Lösungen haben wir schon weitgehend einheitliche Protokolle, etwa bei KNX oder unserem System »free@home«. Im Bereich der weißen und braunen Ware gibt es bis dato noch sehr viele proprietäre Lösungen unterschiedlicher Hersteller, deren Integration bisher vergleichsweise aufwendig war – und vor allem von Anbieter zu Anbieter jeweils unterschiedlich. Hier bietet Matter eine gewisse Vereinheitlichung.

»de«: Matter ist nicht der erste Versuch der Internet-Konzerne Amazon, Google usw., im Smart-Home-Markt Fuß zu fassen. Gehen Sie davon aus, dass es dieses Mal gelingt, und wenn ja, warum?

C. Kruppa: Die Chancen stehen aus meiner Sicht sehr gut, dass Matter gekommen ist, um zu bleiben. Einerseits führt das Engagement der von Ihnen genannten und weiterer Tech-Konzerne dazu, dass Matter tief in deren Ökosysteme integriert wird – und so die Einstiegshürde für den Nutzer deutlich sinkt. Andererseits sind auch sehr viele namhafte Anbieter aus unserer Branche mit an Bord, um das Thema im Sinne von Elektro­industrie und E-Handwerk voranzutreiben.

»de«: Auf der Light + Building 2024 war das Angebot an Matter-Komponenten noch vergleichsweise übersichtlich. Wann rechnen Sie hier mit einer Belebung?

C. Kruppa: In der Tat ist das Matter-Angebot im professionellen Segment heute noch relativ überschaubar. Ich kann nicht für andere Anbieter sprechen, aber klar ist, dass sie als Hersteller natürlich nicht ihre bisherigen etablierten Systeme über Bord werfen, nur weil jetzt ein neuer Standard um die Ecke kommt. Diese Langlebigkeit und Nachhaltigkeit ist ja eines der wesentlichen Merkmale professioneller-Smart-Home-Systeme. Aus meiner Sicht werden aber immer mehr Anbieter dazu übergehen, Matter-Komponenten als Ergänzung ihrer Systeme ins Portfolio aufzunehmen. In den nächsten ein bis zwei Jahren rechne ich mit einer spürbaren Ausweitung des Angebots.

Bild 2: Prinzipieller Aufbau einer Kombination von Matter und »free@home« (in dem Beispiel dient ein Homepod von Apple als Matter-Controller)
Bild 2: Prinzipieller Aufbau einer Kombination von Matter und »free@home« (in dem Beispiel dient ein Homepod von Apple als Matter-Controller)
(Bild: Busch-Jaeger)

»de«: Im Herbst 2023 haben Sie angekündigt, dass Ihr Smart-Home-System »free@home« kompatibel mit Matter sein wird. Ist die Lösung schon kommerziell verfügbar?

C. Kruppa: Die Zertifizierung hat sich doch etwas länger hingezogen, als wir ursprünglich geplant hatten, aber seit etwa Anfang Juli ist sie da: Seither ist »free@home« offiziell Matter-zertifiziert. Alle Kunden, die unseren System Access Point der zweiten Generation nutzen, können die Matter-Funktionalität per kostenlosem Software-Update einspielen.

Der System Access Point agiert dann als so genannte »Matter Bridge«, also als eine Art Gateway zwischen »free@home« und z. B. dem Ökosystem von Apple, aber auch über den Google Nest Hub, den Samsung Smart Things Hub oder Amazon Alexa. Kunden können nun via Matter ihr »free@home«-System auch per Siri oder Apple Watch steuern – das war bisher nicht möglich. Was Stand heute noch nicht verfügbar ist: Der umgekehrte Weg, also die Steuerung von Matter-Komponenten anderer Anbieter via »free@home«. Diese Funktionalität werden wir mit einem späteren Update nachliefern.

Ein weiterer Vorteil der Matter-Zertifizierung liegt darin, dass man – im Gegensatz zu bisher – »free@home«-Komponenten nun auch ohne ständige Cloud-Verbindung in andere Matter-Systeme integrieren kann.

»de«: Wie sieht aus Kundenperspektive die Bedienphilosophie aus – für jeden Hersteller eine separate App oder eine »allumfassende Matter-App«?

Bild 3: Über ein Software-Update für das Sprachsteuerungs-Gateway »Busch-Voice­Control« wird es in Kürze eine Schnittstelle von KNX zu Matter geben
Bild 3: Über ein Software-Update für das Sprachsteuerungs-Gateway »Busch-Voice­Control« wird es in Kürze eine Schnittstelle von KNX zu Matter geben

(Bild: Busch-Jaeger)

C. Kruppa: Das kann der Kunde entscheiden. Zeitfunktionen oder Szenen beispielsweise können Sie sowohl in der »free@home«-App als auch z. B. in der Home-App von Apple anlegen. Die Inbetriebnahme muss aktuell im jeweiligen System erfolgen, das bedeutet, dass Sie »free@home«-Komponenten auch über die »free@home«-App anlernen – das macht ja in der Regel der E-Handwerker bei der Installation. Consumer-lastige Geräte nimmt der Endkunde üblicherweise selbst in Betrieb.

»de«: Wird es perspektivisch auch eine Schnittstelle zwischen KNX und Matter geben?

C. Kruppa: Wir haben im Bereich KNX das Produkt »Busch-VoiceControl« im Portfolio, ein Sprachsteuerungs-Gateway, das die Möglichkeit bietet, eine KNX-Anlage mit einem Sprachsteuerungssystem zu kombinieren. Hierfür wird es demnächst ein Software-
Update geben, das dann die Matter-Bridge-Funktionalität bereitstellt.

»de«: Herr Kruppa, vielen Dank für das Gespräch.

Über den Autor
Autorenbild
Dipl.-Ing. Andreas Stöcklhuber

Redaktion »de«

Über die Firma
Busch-Jaeger Elektro GmbH
Lüdenscheid
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