Leistungstransformatoren gehören zu den kritischen Elementen unserer Energieinfrastruktur (Bild 1). Sie transformieren die Spannungen und Ströme für eine effizientere Übertragung, stellen die Spannungsqualität sicher und regulieren so unsere Stromnetze.
Diese großen und teuren Betriebsmittel haben auf Grund ihrer auf den individuellen Einsatzzweck spezialisierten Auslegung lange Beschaffungszeiten von vielen Monaten bis zu einigen Jahren. Der regelmäßigen Überprüfungen ihres Betriebszustandes und präventiven Wartungen kommt daher eine hohe Bedeutung zu, bevor ein katastrophales Ereignis eintritt. Neben regelmäßigen Sichtkontrollen sowie Analysen über den Betriebszustand »offline« geht der Trend immer mehr zu Online-Diagnosemethoden. Gerade bei »kritischen« Transformatoren, d. h. z. B. Einheiten,
- über die viel Leistung übertragen wird
- die hohen Leistungsschwankungen unterliegen
- bei deren Ausfall die (n-1)-Sicherheit gefährdet werden könnte
- oder die schwer erreichbar sind (beispielsweise im Bereich »offshore«),
ist eine permanente Überwachung des Betriebszustandes inzwischen Stand der Technik. Hierbei können beispielsweise Monitoring-Systeme eingesetzt werden, die online über den Messanschluss der Hochspannungsdurchführungen oder durch andere verbaute Sensoren (z. B. UHF-Antennen an Flanschen oder durch Ventile eingeführt) Teilentladungen (TE) messen und deren Trend aufzeichnen [2].
Eine Ergänzung zur Online-Teilentladungsmessung stellt die sogenannte Gas-in-Öl-Analyse (kurz DGA; engl. dissolved gas analysis) dar. Während bei der Teilentladungsmessung vor allem elektrische Fehler sehr gut detektierbar und durch ihre charakteristischen, nach Fehlerart unterschiedlichen phasenaufgelösten Muster sehr gut unterscheidbar sind, können bei der DGA auch thermische Fehler (durch Überhitzung) detektiert und unterschieden werden.
Ein weiterer Vorteil der DGA-Untersuchung liegt darin, dass gerade sporadisch auftretende Teilentladungen, die zügig wieder verlöschen, auf Grund der langen Verweildauer des im Öl gelösten Gases noch längerfristig nachweisbar sind. Auch Entladungen auf niedrigem Niveau, die in einer vielleicht sehr störbehafteten Umgebung durch TE-Monitoring nicht oder nur schwer nachweisbar sind, lassen sich mittels DGA über den Trend gut dokumentieren [3]. Die Analysen können dabei entweder in regelmäßigen Intervallen oder kontinuierlich über ein Online-Monitoring geschehen, wie z. B. in Bild 2 dargestellt. Eine sinnvolle Ergänzung, gerade bei ölgefüllten Hochspannungsdurchführungen, kann zusätzlich die Überprüfung der Kapazität und des Verlustfaktors der Durchführung sein, da diese Messungen zusätzliche Informationen über den Alterungszustand erhalten, und somit das Gesamtbild vervollständigen [4].
Die in Transformatoren eingesetzten Isolierstoffe, also Öl und Zellulose, zersetzen sich bei alterungsrelevanten Fehlern. Bei der Zersetzung finden chemische Prozesse statt, die den Isolierstoff aufspalten, wobei Schadgase entstehen. Die Art des Schadgases hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab:
- Energieumsatz
- Temperatur
- Medium, das zerstört wird.
Die Menge des entstehenden Gases hängt dabei von der Art des Fehlers und der Energie ab, die umgesetzt wird. Auch ist die Zeit ein wichtiger Faktor – je länger ein Fehler ansteht, desto mehr Gas wird insgesamt »produziert«. Kann sich das bei einem anstehenden Fehler entstehende Gas nicht mehr im Öl lösen bzw. wird sehr viel Gas in sehr kurzer Zeit erzeugt, löst in der Regel der Buchholz-Schutz aus – der Trafo schaltet sich ab (vgl. auch Kasten »Der Buchholz-Schutz«).
In Betrieb entstehende Gase steigen im Öl grundsätzlich nach oben. In ölisolierten Transformatoren oder Drosselspulen sammelt sich das Gas, welches nicht im Öl gelöst werden kann, im Ausdehnungsgefäß. Hier wird nun das Öl verdrängt, weshalb der Füllstand sinkt – ein Schwimmerschalter wird als erste Warnstufe aktiviert, der den Fehler meldet. Bei sehr hoher Gasungsrate kommt es zu einer starken Ölströmung, die Stufe 2 aktiviert – eine Stauklappe schließt einen Schalter, der den Transformator sofort abschaltet und so vor größeren Beschädigungen, wie z.B. Brand schützt.
Fehlerarten in Transformatoren
Generell können in Transformatoren die folgenden Fehlerarten auftreten [6], klassifiziert nach Typ gemäß [1]:
- Typ »PD« – Teilentladungen (TE): TE treten auf, wenn ein kleiner Teil der Isolierung überbrückt wird, es aber nicht zum vollständigen Durchschlag kommt.
- Typ »D1« – Funkenentladungen (FE): Eine FE ist eine kurzzeitige Überbrückung mit vergleichsweise geringer Stromstärke, die sich als Streamer-Entladung ausbildet und das Papier angreift (Kriechwegbildung, Perforation).
- Typ »D2« – Bogenentladungen (BE): Eine BE ist eine dauerhafte, stromstarke Entladung nach dem Leader-Mechanismus, bei dem viel Energie umgesetzt wird. Sie wird in der Regel durch eine FE eingeleitet, deren Funkenwiderstand durch längeres Anstehen des Stromes sinkt, wodurch die Bogenentladung nicht mehr erlöscht. Hierbei entstehen erhebliche Schäden im Isolationssystem des Transformators.
- Typ »T1« – Thermische Fehler bis 300 °C: (lokale) Überhitzung, dadurch Verfärbungen im Papier.
- Typ »T2« – Thermische Fehler >300 °C bis 700 °C: verursacht Degradation des Papieres durch Kohlenstoffbildung.
- Typ »T3« – Thermische Fehler >700 °C: Kohlenstoffbildung im Papier und Öl, bei höheren Temperaturen ab ca. 800 °C Verfärbungen von Metall, bei noch höheren Temperaturen Schmelzen des Metalls.
- Typ »D+T« – Mischung aus thermischen und elektrischen Fehlern: Gerade Bogenentladungen als elektrische Fehler gehen mit sehr hohen Temperaturen ein.
Die bei einem Fehler entstehenden Gase gliedern sich in Schlüsselgase (Gase, die hauptsächlich bei dem Fehler entstehen) und Begleitgase (also Nebenprodukte der Reaktion) auf. Die Gas-in-Öl-Analyse fokussiert sich dabei typischerweise auf die Gase:
- Wasserstoff (H2): Schlüsselgas für Teilentladungen, Funkenentladungen und Bogenentladungen, kleiner Anteil bei thermischen Fehlern >700 °C
- Methan (CH4): Begleitgas mit hohem Anteil bei Lichtbogen und thermischen Fehlern >1 000 °C, sowie kleiner Anteil bei Teilentladungen, Funkenentladungen und thermischen Fehlern <1 000 °C
- Acetylen (C2H2): Schlüsselgas für Funkenentladungen und Bogenentladungen, Begleitgas mit geringem Anteil bei thermischen Fehlern >1 000 °C; Begleitgas mit geringem Anteil bei Teilentladungen, wenn eine sehr hohe Entladestärke vorliegt
- Ethen (C2H4): Schlüsselgas für thermische Fehler ab 300 °C; Begleitgas mit hohem Anteil bei Bogenentladungen, Begleitgas mit geringem Anteil bei Funkenentladungen und thermischen Fehlern <300 °C
- Ethan (C2H6): Schlüsselgas für thermische Fehler <300 °C
- Kohlenmonoxid (CO): Schlüsselgas für (thermische) Zersetzung von Zellulose
- Kohlendioxid (CO2): Begleitgas mit hohem Anteil bei Zersetzung von Zellulose.
Auch schon beim regulären Betrieb eines Transformators können sich Spaltgase in geringen Mengen bilden wie es in Tabelle 1 zu sehen ist. Da diese chemisch stabil sind und bei geringer Konzentration auch nicht aus dem Öl entweichen, akkumulieren Sie sich im Öl.
Warnzeichen und Fehlereingrenzung
Warnzeichen für ein Problem im Betrieb sind
- relevante Gasmengen, also (deutlich) größer als die in Tabelle 1 dargestellte typische Konzentration
- ein schnell ansteigender Trend im Online-Monitoring bei einem oder mehreren Gasen, auch wenn die relevante Konzentration noch nicht erreicht wurde (i.d.R. bei neuen Transformatoren, wenn die absolute Konzentration noch sehr niedrig ist).
Beide Bedingungen können auf ein Problem hindeuten und signalisieren dem Betreiber dringenden Handlungsbedarf.
Sind relevante Gasmengen vorhanden, beginnt die Analyse:
- Ein steigender Trend bei Wasserstoff deutet auf Teilentladungen hin
- Kohlenwasserstoffe können auf verschiedene elektrische und thermische Ursachen hindeuten – hierbei ist über die Verhältnisse untereinander eine weitere Eingrenzung des Fehlertyps möglich
- Kohlenmonoxid und Kohlendioxid deuten zusätzlich auf Schädigung des Isolierpapieres hin.
Für die Fehlereingrenzung bei Betrachtung der Kohlenwasserstoffe kann z. B. die Auswertung nach Duval angewendet werden. Dabei wird nur die vorhandene Menge der drei Gase Methan (CH4), Acetylen (C2H2) und Ethen (C2H4) untersucht. Die Mengen der drei Gase werden jeweils in ppm (oder µl/l) aufsummiert, und dann der prozentuale Anteil des Einzelgases bestimmt:
Die so bestimmten Prozente werden im sog. Duval-Dreieck (Bild 3) an der jeweiligen Seite eingetragen, und eine Gerade entlang der angedeuteten Linie in Richtung Mitte des Dreiecks, parallel zu derjenigen Seite, die an der 0-%-Markierung anliegt, gezogen. Der Punkt, an dem sich die drei Linien treffen, gibt dann Auskunft über den wahrscheinlichen Fehler, gemäß der zuvor beschriebenen Klassifizierung.
Fallbeispiele aus der Praxis
Im Folgenden sollen zwei Fallbeispiele aus der Praxis erläutert werden, in denen gezeigt wird wie die DGA Analyse bei der Fehlersuche unterstützen kann. In zwei verschiedenen Leistungstransformatoren wurden die in Tabelle 2 gegebenen Werte gemessen.
Fallbeispiel 1 zeigt etwas erhöhte Wasserstoff und Acetylenwerte auf noch niedrigem Niveau, jedoch keine erhöhten Werte für die anderen Gase. In Bild 4 ist der Trendverlauf der Gasbildung über den Zeitraum von knapp einem Jahr gezeigt.
Auffallend ist der Anstieg ab etwa Februar bei Wasserstoff und Acetylen. Zusammen mit den niedrig bleibenden Mengen der anderen Gase deutet dies auf eine Teilentladung hin. In diesem Fall war kurz zuvor eine Inspektion an dem Transformator ausgeführt worden. Eine erneute Überprüfung des Transformators ergab, dass ein Inspektionsspiegel im Kessel vergessen wurde. Nach entfernen des Spiegels und einer anschließenden Ölbehandlung zeigte die Gas-in-Öl Analyse nur noch geringe Mengen an Wasserstoff und Acetylen. Der weitere Trendverlauf des Monitoringsystems ergab keinen Anstieg, womit der Spiegel als Fehlerursache bestätigt werden konnte.
Die Überprüfung der Messwerte von Fallbeispiel 2 (Tabelle 2) ergibt zunächst einmal eine erhöhte Konzentration an Wasserstoff (930 ppm im Vergleich zu maximal 150 ppm bei regulärem Betrieb), die auf Teilentladungen hindeutet. Wasserstoff kann auch ein Begleitgas für einen anderen Fehlertyp sein. In dem hier betrachteten Fall ist es nicht das einzige Gas mit erhöhtem Messwert, so dass nun die weiteren Gase betrachtet werden müssen. Auffällig sind in Tabelle 2 die erhöhten Werte für Methan, Acetylen, Ethen und Ethan.
Für die Fehlereingrenzung nach Duval (Anhang B in IEC 60599]) wird zunächst der Anteil der Gase Acetylen, Methan und Ethen zueinander ins Verhältnis gesetzt:
Die mittels dieser Rechnung bestimmten prozentualen Anteile werden nun in das in Abbildung 3 gezeigte »Duval-Dreieck« eingetragen, wie in Bild 5 gezeigt. Dabei ist die Richtung der einzutragenden Linien von der Seitenkante weg zu beachten. Der Schnittpunkt der drei Linien ergibt nun den Fehlertyp, in diesem Fall »T3: Thermischer Fehler >700 °C«. Dies erklärt auch die zusätzliche Bildung von Wasserstoff und Acetylen, da diese beiden Gase als Begleitgase bei thermischen Fehlern mit hohen Temperaturen entstehen.
Wir haben es hier also mit einem Fehler mit sehr hohem Schädigungspotenzial zu tun, der eine dringende Revision des Transformators bedingt. Ein Weiterbetrieb in dem Zustand würde den sehr baldigen Ausfall der Komponente bedeuten.
Grenzen des Verfahrens
Bei der Analyse der Ergebnisse einer DGA ist dringend zu berücksichtigen, dass die Berechnung und Auswertung mittels Duval-Dreiecks immer ein Ergebnis zeigt, das einen möglichen Fehler als Ergebnis liefert – selbst wenn der Transformator einwandfrei funktioniert. Daher ist vor Beginn der Analyse nach Duval grundsätzlich die Historie des Transformators zu berücksichtigen. Das bedeutet, man sollte die Frage stellen, was der Grund für eine »dissolved gas analysis« war. Gab es z. B. in der Vergangenheit oder aktuell Ausfälle, und wie sind die absoluten Gasmengen im Vergleich zu Tabelle 1 einzuordnen. Nur dann, wenn der gemessene Wert entweder deutlich über den gezeigten typischen Werten liegt oder wenn es im Vergleich zu kürzlich vorgenommenen Messungen einen signifikanten Anstieg bei einem oder mehreren Gasen gibt, sollte die Duval-Methode angewendet werden.
Quellenangaben
- [1] IEC 60599 – In Betrieb befindliche, mit Mineralöl befüllte elektrische Geräte, Berlin: VDE Verlag, 2022.
- [2] »PD Monitoring on Transformers«, Power Diagnostix, [Online]. Available: https://www.pdix.com/applications/power-distribution-instrument-transformers/online-monitoring.html [Zugriff am 22.8.2024].
- [3] G. C. Stone et al, Practical Partial Discharge Measurement on Electrical Equipment, Hoboken, New Jersey: Wiley, 2023.
- [4] B. Heil, »Diagnostic and evaluation of Bushings« in Advanced Research Workshop on Transformers, Santiago de Compostela – Spanien, 2010.
- [5] »Taiwan Power Company chooses online DGA monitoring from Reinhausen«, Reinhausen, [Online]. Available: https://www.reinhausen.com/newsroom/news/taiwan-power-company-chooses-online-dga-monitoring-from-reinhausen [Zugriff am 22.8.2024].
- [6] A. Küchler, Hochspannungstechnik, Heidelberg: Springer, 2009.
- [7] M. Fischer, J. A. Patil und S. Tenbohlen, »Interpretation der Gas-in-Öl-Analysen von Leistungstransformatoren durch Einsatz von Fuzzy Logik mit dem Ziel einer präziseren IT-gestützten Zustand«, in ETG-Fachtagung, Kassel, 2006.