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Hersteller liefert normenwidrige Komponenten

Schaltgeräte im Schutzleiter

Auf einen Blick Schutzmaßnahmen haben höchste Priorität Dazu gehört, dass der Schutzleiter als Basiselement von Schutzmaßnahmen niemals geschaltet werden darf

Kontakt zwischen Anwender und Hersteller Wie dieser Fall zeigt, sollte dieser Kontakt dazu genutzt werden, um Schwachstellen oder Sicherheitsmängel auch im Nachhinein zu beseitigen
Hier kommt die Frage von M. S. aus Nordrhein-Westfalen: »Container für die Entsorgungswirtschaft werden mit einem externen Stromanschluss, Lüftern, Beleuchtung und Rohrbegleitheizungen sowie mit einer unabhängigen Stromversorgung ausgestattet, die aus einem 24 V-Akku und einem Wechselrichter besteht. Bei der Installation bzw. Inbetriebnahme des Abrollcontainers prüfen wir die ordnungsgemäße Auslegung und Funktion der FI-Schalter, LS-Schalter, Motorschutzschalter und den Anschluss aller elektrotechnischen Geräte. Hierbei ist uns aufgefallen, dass der Hersteller zum Anschluss der Li-Ionen Batterie und der dazugehörigen Aufladeautomatik mit integriertem Wechselrichter eine fertig verdrahtete Verteilerbox (Fabrikat Spelsberg) mit Powercon-Buchsen mitliefert. In diesem Kleinverteiler befinden sich zwei FI / LS-Kombischalter und ebenfalls zwei Eltako-Relais mit jeweils einem Schließer und Öffner (Bild 1).
Bild 1: Foto des Kleinverteilers
Bild 1: Foto des Kleinverteilers
Der linke FI / LS-Kombischalter dient zum Schutz gegen Überlast, Kurzschluss und Erdschluss des Wechselrichter-Ladereglers und der rechte FI / LS-Kombischalter dient zum Schutz gegen Überlast, Kurzschluss und Erdschluss der nachgeschalteten elektrischen Geräte (Lüfter, Beleuchtung, Rohrbegleitheizung) hinter dem Wechselrichter-Laderegler.

Links neben dem ersten FI/LS-Schalter wird ein Eltako R12-110 Relais (K1) verbaut, um den Schutzleiter beim Anschluss der externen Spannungsversorgung (blauer dreipoliger 230 V CEE-Stecker) zuzuschalten und gleichzeitig den Schutzleiter (Brücke zur Auftrennung des PEN-Leiters in PE und N) der internen Spannungsversorgung des Batteriesystem mit Wechselrichter vom zweiten FI / LS-Schalter wegzuschalten.

Durch eine Fehlfunktion oder einen Ausfall des Eltako-Relais (K1) besteht die Gefahr, dass die verbauten FI / LS-Schalter, sowie die FI-Schalter der Elektroanlage des Betreibers nicht auslösen können. Dies sehe ich als Gefahrenpotenzial und verweigere deswegen die Abnahme der Container.

Zur besseren Verdeutlichung der technischen Verschaltung habe ich einen Schaltplan erstellt (Bild 2). Die nach meiner Meinung nicht VDE-konforme Verschaltung betrifft nur das Relais K1 mit beiden Schaltkontakten. Die verdrahteten Schaltfunktionen sind laut DIN VDE 0100-540: 2012-06 Abschnitt 543.3.3 nicht zulässig und somit dürfte das Gerät des Herstellers nicht in dieser Bauweise angeboten werden. Auf unsere Anfrage hin gab uns der Hersteller folgende Antwort: ‚Die von ihnen festgestellte Schaltung des Schutzleiters (Schließerkontakt 1 und 2 am K1) ist nach DIN VDE 0100 Teil 540 Abschnitt 543.3.3 natürlich nicht korrekt. Hier muss der Schutzleiter direkt an die PE-Schiene angeschlossen werden. Die durch den Öffnerkontakt 3 und 4 (K1) realisierte Aufhebung der Erdung bei Netzeinspeisung ist so korrekt und notwendig, da in einem TN-Netz keine zwei Erdungen vorhanden sein dürfen.‘«
Bild 2: Stromlaufplan zur Anfrage
Bild 2: Stromlaufplan zur Anfrage

Herstellung der Normenbezüge

Bei der Beantwortung dieser Anfrage konnte ich in erster Linie nur auf die Problematik »Schalten von Schutzleitern« eingehen, da für die ganzheitliche Betrachtung weitergehende Informationen notwendig gewesen wären.

Fakt ist aber, dass für diesen Abrollcontainer u. a. die DIN VDE 0100-717 einzuhalten ist. Ob dies erfüllt ist, kann ich wegen fehlender Informationen nicht überprüfen. Des Weiteren gilt, dass bei einer zusätzlichen Einspeisung durch eine unabhängige Stromversorgung die Anforderungen der Netzbetreiber, die VDEW-Richtlinie »Eigenerzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz« zu berücksichtigen sind, damit eine Paralleleinspeisung ggf. verhindert wird. Zusätzlich kann die VDE-Anwendungsregel VDE-AR-N 4105 relevant sein.

Schalten des Schutzleiters

Zum besseren Verständnis habe ich dem vom Anfrager beigefügten Schaltplan alle Leiter mit Schutzleiterfunktion mit dem Schaltzeichen für Schutzleiter versehen (im Bild 2 rot gekennzeichnet). Bezüglich des Schaltens von Schutzleitern wird im Abschnitt 543.3.3 von DIN VDE 0100-540:2012-06 eindeutig ausgesagt, dass keine Schaltgeräte in den Schutzleiter eingefügt werden dürfen. Da es sich bei allen von mir gekennzeichneten Leitern definitiv um Schutzleiter handelt, dürften also auch keine Schaltkontakte in diesen Leitern enthalten sein.

Zu den einzelnen Kontakten in den Schutzleitern
  • K1:1/2 – Hierbei handelt es sich eindeutig um einen Kontakt im Schutzleiter. Dies wurde inwischen von der Herstellerfirma auch eingestanden und soll umgehend geändert werden.
  • K1:3/4 – Auch hierbei handelt es sich um einen Schutzleiter, wobei noch einiges zu beachten ist. Hierbei handelt es sich um die Verbindung eines aktiven Leiters mit dem Schutzleitersystem, wie es üblicherweise in Steuerstromkreisen hinter einer galvanischen Trennung vom Primärnetz zur Anwendung kommt. Damit soll hinter der galvanischen Trennung durch den Transformator ein TN-System zu realisiert werden.
Im vorliegenden Falle gibt es vermutlich keine galvanische Trennung, sondern der Neu­tralleiter des Primärnetzes wird durch den Inverter durchgeschleift. Somit kann nicht von Aufteilung des »PEN-Leiters« in N und PE gesprochen werden.

Richtig ist allerdings, dass nach Abschnitt 543.4.3 von DIN VDE 0100-540:2012-06 nach der Auftrennung eines PEN-Leiters in N und PE, beide Leiter nicht mehr miteinander verbunden werden dürfen und der Neutralleiter nicht mehr geerdet werden darf. Somit ist diese Ausführung grundsätzlich nicht geeignet. Vielmehr müsste hinter dem Inverter eine galvanische Trennung (Transformator) vorgesehen werden. Dahinter kann dann ein Außenleiter mit Schutzleiter verbunden werden – allerdings ohne eingefügten Schaltkontakt. Aber auch hierbei ist es erforderlich zweipolig – ohne den Schutzleiter – umzuschalten. Bei einer Verbindung mit dem Schutzleiter handelt es sich dann nicht um einen PEN-Leiter, sondern um einen geerdeten Außenleiter.
  • K2:1/2 – Auch hierbei handelt es sich um einen Schutzleiter, wobei dessen Funktion nicht wirklich zu erkennen ist. Die Verbindung mit einem ev. vorhandenen leitfähigen Batteriegehäuse wäre nur sinnvoll, wenn auch ein aktiver Leiter der Batterie mit dem Schutzleiter Verbindung hätte (Realisierung eines TN-Systems für die Batterie).

Fazit

Auf einen Blick

Normen zum Thema

DIN VDE 0100-540

DIN VDE 0100-717

DIN EN 50178 (VDE 0160)
Dieser Fall lässt sich nur ganzheitlich betrachten. Die vorhandene Ausführung darf so nicht verwendet werden, weil die Relaiskontakte versagen können und dann ein Fehlerschutz nicht mehr gegeben ist.

PP13251
Über den Autor
hoermann
Werner Hörmann

Gelernter Starkstrommonteur und dann viele Jahre als Projektant für Schaltan­lagen und Steuerungen bei Siemens tätig. Aktive Normung in verschiedenen Komitees und Unterkomitees der DKE. Seine Spezialgebiete sind u. a. die Er­richtungsbestimmungen nach DIN VDE 0100 (VDE 0100) – insbesondere Schutz gegen elektrischen Schlag –, die Niederspannungs-Schaltanlagen nach DIN EN 60439 (VDE 0660-500 bis -514) oder das Ausrüsten von elektrischen Maschinen nach DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1). Werner Hörmann ist Verfasser zahlreicher Beiträge in der Fachzeitschrift »de« sowie Autor diverser Fachbücher.

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