Home Elektroinstallation Elektroinstallation Zukunftstechnologien 2020: Trends – Innovationen – Märkte

VDE-Presse-Workshop in München

Zukunftstechnologien 2020: Trends – Innovationen – Märkte

IT-Trends der Zukunft

VDE-Präsident Dr. Bruno Jacobfeuerborn, Dr. Walter Börmann (Leiter Kommunikation + Public Affairs VDE, Prof. Claudia  Eckert, Gunther Kegel und Prof. Christoph Kutter
VDE-Präsident Dr. Bruno Jacobfeuerborn, Dr. Walter Börmann (Leiter Kommunikation + Public Affairs VDE, Prof. Claudia Eckert, Gunther Kegel und Prof. Christoph Kutter

In der ersten Session beschäftigten sich die Referenten mit IT-Trends der Zukunft.  In ihrem Eingangs-Statement gab Prof. Claudia Eckert, die Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Angewandte und Integrierte Sicherheit (AISEC), einen Überblick über den aktuellen Stand im IKT-Bereich. Zu nennen sind  hier insbesondere die stetig zunehmende Mobilität in der Kommunikation sowie die zunehmende Vernetzung von Mensch und Maschine. Stichworte dazu  lauten »Internet of Things« und »Big Data«. »Daten sind das Öl unserer Gesellschaft«, brachte Frau Eckert die stetig wachsende Bedeutung dieser Thematik  auf den Punkt. Ein weiteres wichtiges Thema ist die  Internet-Sicherheit. Dies betrifft zum einen das Garantieren des reibungslosen und fehlerfreien Funktionierens von Netzen und Geräten sowie das proaktive Vermeiden von Störfällen, zum anderen jedoch auch den Schutz von Daten vor Missbrauch, Manipulation und  Knowhow-Diebstahl.

Prof. Claudia Eckert
Prof. Claudia Eckert

In diesem Zusammenhang erkennt Claudia Eckert einen Zielkonflikt zwischen Datenschutz und Big Data. Die Themen Datensparsamkeit, Recht an den eigenen Daten und Zweckbindung der Daten stünden konträr zu Big Data. Wenn Deutschland im internationalen Vergleich hier wettbewerbsfähig bleiben wolle, müsse man beim Datenschutz zu »anderen gesetzgeberischen Rahmenbedingungen kommen«, so Claudia Eckert. Generell ist nach ihrer Ansicht Deutschland bei den Themen Hardware und embedded (eingebettete) Software sehr gut aufgestellt. Gerade diese Bereiche werden in Zukunft bei Industrie 4.0 eine noch größere Rolle spielen. Bei den Themen Software (Betriebssysteme) und Vernetzung (Router) spielt Deutschland hingegen keine Rolle.

Prof. Franz Fitzek
Prof. Franz Fitzek

Prof. Frank Fitzek vom Lehrstuhl Kommunikationsnetze an der TU Dresden gab im Anschluss daran einen kurzen Überblick über den aktuellen Stand beim neuen mobilen Netzstandard 5 G. Dieser neue Netzstandard sei keine einfache Weiterentwicklung von 4 G (LTE) sondern etwas völlig Neues, eine »Revolution«. Momentan gibt es weltweit etwa 7 Milliarden Endgeräte. In  naher Zukunft werden jedoch etwa 500 Milliarden Endgeräte am Netz partizipieren. Dies erfordert eine  ganz neue Netzarchitektur. Zellulare Netze könnten dies nicht mehr leisten, benötigt würden vermaschte Netze. Zudem entwickle sich das Netz vom  reinen Austausch von Content immer stärker hin  zum Messen, Steuern und Regeln.

Kommunikation gibt es nicht mehr nur zwischen Personen, sondern immer stärker auch zwischen Personen und Maschinen sowie zwischen Maschinen. So könnten beispielsweise fahrerlose Autos nur funktionieren, wenn die Autos miteinander kommunizieren. Durch die Dezentralisierung der Energieversorgung ist die Kommunikation auch in diesem Bereich wesentlich komplexer geworden. Statt 16 AKWs kommunizieren nun 60.000 Energieeinspeisepunkte miteinander.

Wichtige Faktoren für das Internet der Zukunft sind Datenrate, Sicherheit, Heterogenität, Ausfallsicherheit und Latenz. Während die übertragene Datenrate um einen Faktor 1000 gesteigert werden muss, muss die Latenzzeit deutlich reduziert werden. Als Ziel wird eine Latenzzeit von 1 ms für die Datenübertragung angegeben. Dies kann zum einen über eine schnellere Hardware erreicht werden. Zum anderen sei jedoch eine Neupositionierung der Cloud vonnöten, so Fitzek. Die Cloud müsse  sich an der Basis befinden und sich als »agile Cloud« mit der Basis mitbewegen. Für die Datenübertragung müssen die Netze wesentlich effektiver als bisher genutzt werden. Die gesamten Daten werden nicht mehr nur über einen Weg als gesamtes Paket übertragen, vielmehr werden verschiedene mathematische Gleichungssysteme über mehrere Wege übertragen. Generell sieht Fitzek im Bereich 5G gute Chancen für Deutschland. Dafür müsse man eine Gesamtkonzept, ein »holistic view of 5G« entwickeln.

Bruno Jacobfeuerborn, Präsident des VDE
Bruno Jacobfeuerborn, Präsident des VDE

Dr. Bruno Jacobfeuerborn, Präsident des VDE und Geschäftsführer Technik bei der Deutschen Telekom, ging in seinem Statement auf das Thema Sicherheit und Kommunikation ein. Während es beim 4G-System (LTE) gelungen sei, einen weltweiten Standard zu entwickeln, stehe dies beim 5G-System noch aus. Das Thema Sicherheit besteht aus zwei Aspekten: Betriebssicherheit und Security (Datensicherheit). Es reiche nicht aus, nur die Daten zu sichern. Es müssen auch Prozesse und Wege gesichert werden. Nötig sind eindeutige Identitätsnachweise für Maschinen, ein »Pass für Maschinen«. Zum Thema Datenschutz weist Jacobfeuerborn darauf hin, dass oftmals über verschiedene Netze und somit auch übers Ausland hinweg kommuniziert würde. Ein rein nationaler Datenschutz sei insofern wenig sinnvoll. In den USA gibt es  die gesetzliche Pflicht, dass Daten, die im Land entstehen, auch dort  bleiben müssen. Analog wäre es durchaus möglich, dass europäische Daten ausschließlich Europa verbleiben. Dies ist auch wegen der angestrebten Verkürzung der Latenzzeit sinnvoll und notwendig.

Industrie 4.0 und Internet der Dinge

Gunther Kegel
Gunther Kegel

Im Zentrum der zweiten Diskussionsrunde stand das Thema Industrie 4.0. Dr. Gunther Kegel, CEO von Pepperl und Fuchs und stellvertretender VDE-Präsident, hob in seinem Eingangs-Statement die stark von Mittelstand geprägte Industriekultur Deutschland als große Chance und Standortvorteil hervor. Eine solche Kultur mit einer Vielfalt an familiengeführten Mittelständlern im Industrieumfeld gebe es in keinem anderen Land der Welt. Sinnbild dafür sind zahlreiche »Hidden Champions« in unterschiedlichen Industriebereichen. Für das Zukunftsthema Industrie 4.0 sei dies eine gute Voraussetzung. In den Basistechnologien Mikroelektronik, Embedded System, Automatisierung und Network System Integration ist Deutschland gut aufgestellt. Weniger gut sieht es hingegen bei den Themen Security und Safety Technologie sowie Big Data aus. Auch Mikrochips werden mittlerweile fast ausschließlich in Asien hergestellt.

Ein wichtiges Thema in Zusammenhang mit Industrie 4.0 ist die Normung und Standardisierung. Dies gilt besonders für den Bereich der Security sowie der Verfügbarkeit und Nutzungsrechte von Daten.

Prof. Christoph Kutter
Prof. Christoph Kutter

Prof. Christoph Kutter, Leiter der Fraunhofer-Einrichtung für Mikrosysteme und Festkörper-Technologien (EMFT), lenkte im Anschluss den Blick in die Zukunft. Die Anzahl der Sensoren und die Bedeutung der Sensorik werde in den kommenden Jahren rasant ansteigen. In 10 bis 20 Jahren werden weltweit 1.000 Milliarden Sensoren verbaut sein. Verantwortlich dafür sind vor allem drei Faktoren: Miniaturisierung, Vernetzung und Sicherheit. Zur Miniaturisierung weist Christoph Kutter darauf hin, dass die Strukturgrößen bei Mikrochips mittlerweile unter 28 Nanometer liege, die Leistungsverbräuche im Micro-Watt-Bereich liegen und die Kosten pro Transistor im Nanobereich liegen.

In der anschließenden Diskussion wurde die Problematik der Daten-Nutzungsrechte angesprochen. Die Frage müsse präzisiert werden, »wer ist der Souverän über die Daten«, so Gunther Kegel. Dies könne zum Beispiel bei einem Auto der Fahrer, der Hersteller des PKW oder der Hersteller der Fahrelektronik sein. Es sei dringend nötig, hier zu einem globalen Verständnis über die Datensouveränität  zu kommen. Eine nationale und selbst eine europäische Regelung reiche hier nicht aus.

Zum angesprochenen Defizit Deutschlands im Softwarebereich, wiesen beide Referenten daraufhin, dass auch die Hardware oftmals zu 50% aus Software bestehe und Deutschland etwa in dem Bereich embedded Software sehr gut aufgestellt sei. Ein reines Fokussieren auf Software sei daher nicht unbedingt zielführend. »Es ist einfacher einem Ingenieur strukturiertes Programmieren beizubringen, als einem Informatiker Denken in Echtzeit«, bemerkt Gunther Kegel dazu.

Energiewende

Dr. Bruno Jacobfeuerborn, Alf Henryk Wulf, Prof. Armin Schnettler, Ronald Heinze (VDE Verlag), Dr. Günther Rabensteiner
Dr. Bruno Jacobfeuerborn, Alf Henryk Wulf, Prof. Armin Schnettler, Ronald Heinze (VDE Verlag), Dr. Günther Rabensteiner

Die nächste Diskussionsrunde beschäftigte sich mit dem Thema Energiewende. Prof. Armin Schnettler, Leiter des Instituts für Hochspannungstechnik an der RWTH Aachen, lobte zu Beginn den weitreichenden Beschluss des G7-Gipfels von Schloss Elmau zur Decarbonisierung der Wirtschaft in den nächsten 85 Jahren. Im Jahr 2013 lag der weltweite CO2-Ausstoß bei 35 Mrd. Tonnen, davon entfielen 10 Milliarden auf elektrischen Kraftwerke. Dies entsprechend zu reduzieren  sei eine gewaltige Herausforderung, da global sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen bestehen. Das Thema Systemintegration von erneuerbaren Energien sei auf einem guten Weg.

Prof. Armin Schnettler, RWTH Aachen
Prof. Armin Schnettler, RWTH Aachen

Schnettler weist hier etwa auf das 50,2-Hz-Problematik bei den PV-Anlagen hin, die man mittlerweile im Griff habe. Etwas schwieriger sehe es beim Thema Marktintegration aus. Den Anteil der Erneuerbaren Energien auf 40% zu steigern sei kein Problem. Ein Marktanteil von 60 bis 80% für regenerative Energien sei allerdings eine technologische Herausforderung. Ein wichtiges Thema sei dabei das Optimieren der Netze und die Verknüpfung von zentralen und dezentralen Komponenten. Bei den zentralen Komponenten, etwa dem Ausbau der Stromtrassen, sei man auf einem guten Weg. Dies müssen jedoch auch durch dezentrale Elemente ergänzt werden. Vor allem brauche man ein ganz anders Marktmodell.

Alf Henryk Wulf; Foto: VDE
Alf Henryk Wulf; Foto: VDE

Alf Henryk Wulf, CEO der Alstrom AG, weist in seinem Statement darauf hin, dass man bei einigen  Zielen der Energiewende auf einem guten Weg sei. So lag etwa der Anteil der erneuerbaren Energien an der Gesamtenergieproduktion in Deutschland 2014 bei 27,8 % lag, für 2015 könne man mit einem nochmals 2 % höheren Wert rechnen. Die Entwicklung sei hier generell besser als prognostiziert. Wulf weist  etwa auf die gute Entwicklung bei der Offshore-Windproduktion hin. Alle derzeit laufenden Windparks lägen signifikant über der prognostizierten Energieproduktionsmenge.  Weniger gut sähe es hingegen bei der Reduktion des CO2-Ausstoßes aus.

Wichtige Herausforderung für die Zukunft sei die Verknüpfung von volatilen erneuerbaren Energien mit steuerbaren Energien. Dabei dürfe man jedoch auf keinen Fall den Fehler machen, aus ideologischen Gründen eine bestimmte Technologie zu fördern. Man dürfe die Fehler aus dem PV-Bereich nicht wiederholen. Als Erfolgsmodell führt Wulf insbesondere die Offshore-Windtechnologie an, die weniger volatil ist  und daher weniger steuerbare Energie als Ausgleich benötigt.

Beim Thema Leitungsausbau gebe es weniger ein technisches Problem, sondern eher ein Akzeptanzproblem. Wulf weist hier auf mögliche Alternativen zu großen Strommasten wie Erdkabel oder gasiolierte Alumniumleitungen hin, die wie eine Pipeline verlegt werden. Beide Alternativen dürften auf deutlich weniger Akzeptanzprobleme stoßen.

Beim Thema Speichertechnologie zeichnet sich nach Ansicht Wulfs derzeit keine industriell sinnvolle neue Speichertechnologie ab. Als derzeit sinnvollste Technologie, die im großflächigen Maßstab einsetzbar ist,  sieht Wulf die Hydrolyse mit der Umwandlung der Energie in transportfähiges Wasserstoff.

Nach Ansicht von Dr. Günther Rabensteiner, Mitglied des Vorstands der österreichischen Wasserkraftwerksbetreiber Verbund AG, ist die Energiewende in eine Schieflage geraten. Das Ziel sei zwar weiterhin richtig und sinnvoll, aber auf dem Weg dahin habe es einige Kollateralschäden gegeben. Rabensteiner kritisiert den Förderzeitraum von 20 Jahren für Strom aus erneuerbaren Energien als zu lang. In Österreich betrage der Zeitraum 13 Jahre. »Sieben Jahre sind ein gewaltiger Unterschied.« Beim Netzausbau warnt Rabensteiner davor, eine willkürliche Grenze zwischen Deutschland und Österreich zu ziehen. Grenzen sollten dort definiert werden, wo sie physikalisch sinnvoll seien. Ein wesentlicher Aspekt sei die Kooperation über die Länder hinweg. So sei ein grenzüberschreitender Markt zwischen Süddeutschland, Österreich und der Schweiz ebenso gegeben, wie zwischen Norddeutschland und Skandinavien. In diesem Zusammenhang verweist er etwa auf die großen Wasserkraftpotenziale in Skandinavien.

Rabensteiner weist in diesem Zusammenhang auf das gerade veröffentlichte Weißbuch des Bundeswirtschaftsministeriums mit dem Titel »Ein Strommarkt für die Energiewende« und das sogenannte »Sommerpaket« der EU-Kommission vom 15.7.2015 mit dem Titel »Energieunion verwirklichen« hin. Es sei zu hoffen, dass die im Weißbuch enthaltenen Absichtserklärungen bis 2016 auch in Gesetzgebungsprojekte mündeten.

Chancen und Risiken des Technologiestandort Deutschlands

In der Abschlussdiskussion waren sich alle Referenten einig, dass die Ausgangsposition Deutschlands für die Zukunftsthemen Industrie 4.o, neuer Netzstandard G 5 und Energiewende nicht schlecht sind, in einigen Punkten jedoch auch Nachholbedarf bestehe. Pluspunkte sind hier insbesondere die mittelständig geprägte Unternehmenskultur in Deutschland sowie die gute Ausbildungsqualität in Industrie und Wissenschaft. Bei den Themen Automatisierung, Hardware sowie  Embedded Software ist Deutschland gut aufgestellt und teilweise Weltmarktführer.  Nachholbedarf  gibt es in Deutschland und Europa hingegen in den Bereichen Software und in der Mikroelektronik. Um diese Bereiche zu stärken sei eine strategisch angelegte Innovationspoltik der EU nötig.  Das Thema Industrie 4.0 könnte man noch weiter fassen zu dem Begriff Gesellschaft 4.o. Darunter fallen dann auch Themen wie Smart City, Smart Home oder  Smart Help (ein Stichwort ist hier Ambient Assisted Living).

Im Bereich der Energiewende wurde vor allem verlässliche politische Rahmenbedingungen und eine noch stärkere Berücksichtigung der europäischen Dimension beim Umbau des Energieversorgungssystems  angemahnt.

www.vde.de

 

Newsletter

Das Neueste von
elektro.net direkt in Ihren Posteingang!