Entscheidende Faktoren für die Campusverkabelung sind hohe Datenübertragungsraten, eine möglichst geringe Anzahl von Kabelanschlusspunkten und Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren Einflüssen
Die Primärverkabelung mit Glasfaser ist die erste Wahl – aufgrund der hohen Bandbreite und der geringen Anzahl von Kabelanschlusspunkten
Den Umstieg auf Hochgeschwindigkeitsübertragung ermöglicht ein Erweiterungsmodul der tde – trans data elektronik. tML ist ein modular aufgebautes Verkabelungssystem, das aus den drei Kernkomponenten Modul, Trunkkabel und Modulträger besteht
Datenwachstum, Platzmangel und ein erhöhtes Gefahrenpotenzial im Bereich Kälte- und Stromversorgung waren für Rhenus Logistics die ausschlaggebenden Kriterien für den Neubau eines Rechenzentrums. Der Logistikdienstleister ist mit mehr als 24.000 Beschäftigten an über 390 Standorten weltweit präsent und benötigt für das Management moderner Lieferketten eine verlässliche IT-Infrastruktur auf dem neuesten Stand der Technik. Das neue Rechenzentrum sollte zur Spiegelung der Daten (Back-up der gesamten Daten, sowie Ersatz im Fall von Störungen) des bestehenden Rechenzentrums dienen und als redundantes System mit einem ausgeklügelten, langfristig angelegten Konzept realisiert werden. Das Datennetzwerk, einschließlich der Campus- und Rückraumverkabelung, hat Rhenus Logistics als separates Projekt umgesetzt.
Gemeinsam mit dem Netzwerkspezialisten tde hat der Logistikdienstleister das neues Rechenzentrum mit dem bestehenden Rechenzentrumsgebäude über eine Distanz von 250 m verbunden. Vorkonfektionierte Glasfaserkabel wurden in zwei redundant ausgelegten Trassen mit jeweils 500 Fasern schnell und unkompliziert verlegt.
Die IT-Verantwortlichen von Rhenus Logistics wollten eine Verkabelungslösung installieren, die für die technologischen Entwicklungen der nächsten zehn Jahre gerüstet ist und die Migration auf höhere Übertragungsraten wie 40/100 Gbit/s erlaubt. »Die Lösung sollte unter der Vorgabe hoher Flexibilität möglichst wenig Platz verbrauchen und auf neue Gegebenheiten reagieren können«, berichtet Andreas Franzen, Leiter »Data Center Infrastruktur« bei Rhenus Logistics.
Glasfaser als die beste Wahl
Eine Campus- oder Primärverkabelung legt die Verbindung zwischen den Gebäuden eines Standorts fest – oftmals über große Distanzen von mehreren hundert Metern. Mehrere Faktoren entscheiden die Ausführung der gebäudeübergreifenden Verkabelung:
- hohe Datenübertragungsraten,
- eine möglichst geringe Anzahl von Kabelanschlusspunkten und
- Widerstandfähigkeit gegenüber äußeren Einflüssen.
LWL-Kabel sind daher für eine Primärverkabelung das Mittel der Wahl: Sie verfügen über eine hohe Bandbreite zur Datenübertragung bei gleichzeitig geringer Anzahl von Kabelanschlusspunkten. Hohe Datenverkehrsaufkommen – insbesondere im Backbonebereich und größere Entfernungen – bewältigen sie problemlos. Neben der sehr geringen Dämpfung spricht auch die elektromagnetische Unempfindlichkeit für Glasfaserkabel, die zudem die galvanische Trennung von Gebäuden erwirken. Diese Trennung verhindert Störungen durch Ausgleichsströme bei Erdpotentialunterschieden zwischen den Gebäuden sowie Überspannungen, verursacht z. B. durch einen Blitzeinschlag.
Kabelwege vorausschauend planen
Für die Außenverlegung kommen in der Regel Universalkabel mit nichtmetallischen Nagetierschutz zum Einsatz – selbst dann, wenn die Kabel im Rohr, Schacht oder in der Kabeltrasse liegen. Dabei sollten sie eine möglichst hohe Zugfestigkeit aufweisen. Um ausreichend Platz für künftige Erweiterungen und zusätzliche Kabel bereitzuhalten, ist es ratsam, die Kabelwege entsprechend großzügig anzulegen. Ausreichend vorhandene Revisionsschächte auf der Strecke sorgen dafür, dass Netzwerkexperten die Kabelwege einfach und schnell überprüfen, instandhalten und reinigen können. Bögen im Verlauf sind zu vermeiden, da sie das Einbringen der Kabel erschweren.
Trotz gut vorbereiteter Planung und Verwendung hochqualitativer Komponenten können äußere Einwirkungen Schäden an den Kabelwegen verursachen. Blockaden machen dann das Einziehen von Kabeln unmöglich und erfordern die komplette Erneuerung der Rohre. Nicht selten befindet sich Wasser in den Rohren. Dieses muss man vor dem Öffnen der Abdichtung abpumpen, um weitere Schäden im Gebäude zu vermeiden.
Einziehen oder Einblasen
Für das Einziehen der Kabel gibt es mehrere Möglichkeiten:
Vorkonfektionierte Kabel
Bei kürzeren Distanzen können Netzwerktechniker meist mit vorkonfektionierten Kabeln arbeiten. Zum Anschließen bietet sich der MPO-Stecker an, der mit wenigen Steckern eine hohe Faserzahl unterstützt. Voraussetzung ist die Verwendung von Schutzschläuchen – qualitativ hochwertiger, wasserdichter Einzugshilfen.
Einblasen der Kabel
Das Einblasen der Kabel stellt eine weitere Option dar. Das erfordert spezielle Rohre, die so genannten Microduct-Rohre (Bild 1). Erforderlich sind aber auch speziell für diesen Zweck optimierte Kabel. Der Vorteil: Netzwerktechniker können jederzeit problemlos weitere Kabel einblasen oder austauschen, ohne die bereits verlegten zu beschädigen. In der Regel ist ein nachträgliches Spleißen notwendig. Techniker können aber auch mit bereits einseitig vorkonfektionierten Kabeln arbeiten.
Klassische Verlegung
Die dritte Variante besteht aus dem Einziehen und das anschließende Spleißen auf klassische Art und Weise, wobei auch hier mit einseitig vorkonfektionierten Kabeln gearbeitet werden kann.
Campusverkabelung bei Rhenus Logistics
Überzeugt hat den Auftraggeber Rhenus das flexible Modulkastenprinzip der tde-Verkabelungssysteme: Die LWL-Kabel stammen aus eigener Produktion, gefertigt vollständig in Deutschland. Die 100-%-Qualitätsprüfung aller Komponenten garantiert Verlässlichkeit und Qualität. Den ersten Projektschritt umfasste die Campusverkabelung vom neuen zum bestehenden Rechenzentrum über eine Distanz von 250 m. Damit die Verkabelungsstruktur keinen »Single Point of Failure« hat, legte man die Topologie der Verkabelung grundsätzlich redundant aus. Die tde riet daher zur Ringform. In der hauseigenen Produktion bereitete der Netzwerklieferant alle notwendigen Kabel komplett vor (Konfektionierung), was die Arbeit vor Ort deutlich erleichtert hat. Die Netzwerktechniker kamen ohne arbeitsintensives und für Schmutz anfälliges Spleißen aus. Ein zertifizierter Installateur übernahm das Einziehen von 500 Fasern über die Nord- und 500 Fasern über die Südtrasse in Rohre mit einem Durchmesser von 100 mm. Spezielle Einzugshilfen an den Kabeltrunks nahmen jeweils bis zu acht MPO-Stecker pro Kabel auf, welche die Netzwerktechniker am Ende einfach nur auf die Komponenten stecken mussten. »Dank dieses Plug-and-play-Prinzips waren sehr kurze Installations- und Anschlusszeiten möglich«, berichtet Andreas Franzen von Rhenus Logistics.
tML-Xtended-System für Migration auf 40/100 Gbit/s
Übertragungsraten von 40 Gbit/s waren bei Rhenus Logistics bis sechs Wochen vor Inbetriebnahme der neuen Verkabelungslösung kein Thema gewesen. Die Anforderungen hatten sich diesbezüglich aber im Laufe des Projektes geändert. tde reagierte mit neuen Spezifikationen und setzte für den Umstieg auf Hochgeschwindigkeitsübertragung in beiden Rechenzentren die tML-Xtended-Systeme (Bild 2) mit LWL-Modulen MPO/MTP ein. Das ermöglicht eine einfache und schnelle Migration auf 100 Gbit/s. Das Besondere: Vor und nach der Migration kann der Netzwerktechniker auf beiden Seiten mit identisch belegten Komponenten und Patchkabeln arbeiten. Dies vereinfacht sowohl Bevorratung als auch Handhabung der Netzwerkanlage und macht Überlegungen zur Belegung überflüssig. Die Rack-to-Rack-Rückraumverkabelung erfolgte komplett mit MPO-Mehrfasertechnologie und nach dem Prinzip »Plug-and-play«.
Alle Kabel im System erfasst
Für ein besseres Kabelmanagement entwickelte Rhenus Logistics ein eigenes Dokumentationssystem. Deshalb lieferte tde alle Leitungen an beiden Enden mit individuellen, nach vorgegebener Nomenklatur beschrifteten Barcodes. Rhenus scannt alle Kabel – sowohl Rückraum- als auch Patchkabel – ein und dokumentiert sie den Verbindungen nach.
Zuverlässig und schnell
Dank der modularen Verkabelungsweise und Skalierbarkeit der tde-Systeme konnten die Projektpartner alle Anforderungen umsetzen. Im Rahmen einer Schulung zertifizierte die tde die Rhenus Logistics-Mitarbeiter für den Umgang mit LWL sowie miniaturisierten Kabelkonstruktionen und hochkompakten Baugruppen. Das Ergebnis überprüfte der Netzwerkspezialist abschließend mit einer ordentlichen Abnahme. A. Franzen resümiert: »Das Projekt ging sehr zuverlässig und schnell über die Bühne. Auch bei plötzlich auftretendem Bedarf oder sich ändernden Anforderungen ist die tde sofort zur Stelle. Ich bin von der Qualität, Flexibilität und Modularität der Lösung überzeugt. Für mich zählt die tde zu den derzeit führenden Unternehmen im Bereich Glasfasertechnik.«
Technische Details zum tML-Xtended-Modul
Das tML-Xtended-Modul baut auf dem tML-HD-Modul auf. Es hat 12 x LC-Duplex-Anschlüsse auf der Vorder- und 2 x MPO/MTP-Anschlüsse mit jeweils zwölf Fasern auf der Rückseite. Die 12 x LC Duplex-Anschlüsse sind in zwei zueinander gespiegelten Reihen mit jeweils 6 x LC- Duplex angeordnet. Zum Einsatz kommen tML–LWL-Trunkkabel MPO-/MTP-Steckern mit Typ B Belegung. Die Belegung in dem Modul entspricht grundsätzlich der Methode B nach EIA/TIA 568.C. Zur einfachen Handhabung hat tde die beiden unterschiedlichen Belegungen nun in einem Modul integriert. Die Typ-B-Belegung der Trunkkabel garantiert später eine Migration zu 40/100 G.
Die gewünschte Kreuzung der Fasern wird erreicht, indem auf einer Seite das Modul um 180 Grad gedreht eingebaut und beide MPO-Stecker rückseitig getauscht werden. Da jeweils eine Faser vom Sender zum Empfänger der Transceiver gehen muss, erreicht man im LWL-Link immer eine Kreuzung der Fasern.
Das tML besteht aus einem modular aufgebauten Verkabelungssystem, den drei Kernkomponenten-Modul, Trunkkabel sowie Modulträger. Die Fertigung der Systemkomponenten befindet sich in Deutschland. Sie ermöglichen vor Ort – insbesondere in Rechenzentren aber auch in industriellen Umgebungen – eine Plug-und-play-Installation innerhalb kürzester Zeit. Das Herz des Systems sind die rückseitigen MPO/MTP- und Telco-Steckverbinder, über die mindestens sechs Ports mit 10 Gbit/s beziehungsweise Gbit-Ethernet-Performance auf einmal verbunden werden können. Es gibt LWL- und TP-Module, die sich zusammen in einem Modulträger mit sehr hoher Portdichte gemischt einsetzen lassen.
Technik der MPO-Stecker
So genannte Next Generation Networks – 40/100-Gigabit- Ethernet-Netzwerke mit maximalen Datenübertragungsraten von 40Gbit/s, respektive 100 Gbit/s – erfordern laut Norm MPO/MTP-Anschlusstechnik. Weiterhin erfordern diese Netze den Einsatz hochqualitativer OM 3- und OM 4-Glasfaserkabel und paralleloptische Transceiver.
Die MPO/MTP-Stecker haben eine andere Bauform, als die bekannten FC/PC-LWL-Stecker: Sie verbinden 12 Faser in einem, mit hochpräziser Genauigkeit. Die jeweils vier äußeren Fasern dienen zum Senden und Empfangen der Signale, während die restlichen mittleren Kanäle »brach« liegen. Die Übertragung von 100 Gbit-Ethernet hingegen benötigt jeweils zehn Fasern zum Senden und Empfangen. Dies wird entweder über die zehn mittleren Kanäle von zwei 12-Faser-MPOs/MTPs realisiert, oder es kommt ein 24-Faser-MPO/MTP-Stecker zur Anwendung.
tML bietet Komponenten für 40/100 Gbit-Ethernet und Glasfasern in den Klassen OM 3 und OM 4 in einem vorkonfektionierten Plug & Play-Verkabelungssystem für minimalen Installationsaufwand vor Ort. Alle Module und Komponenten sind innerhalb des tML-Systems abwärtskompatibel und verschaffen einen deutlichen Zugewinn an Reichweite.
Außerdem ist durch das Konzept der einheitlichen tML-Systemplattform eine spätere Migration zu künftigen Übertragungsraten von 40/100 Gigabit-Ethernet einfach durchführbar. Durch spezielle Fertigungsmethoden erzielt die tde sehr niedrige Steckerdämpfungen von maximal 0,25 dB bei den heutigen Standard-Steckverbindern. Selbst der technisch sehr anspruchsvolle MPO/MTP- Stecker wird mit einer typischen Dämpfung von maximal 0,17 dB bis 0,35 dB gefertigt. Damit erfüllt tde nicht nur das für 40/100 Gbit/s reduzierte Dämpfungsbudget von maximal 1,9 dB, es bleiben sogar noch Reserven für umfangreichere Installationsvorhaben erhalten.
Generell kommen biegeoptimierte Fasern zum Einsatz, die äußerst geringe Biegeradien bei der Installation erlauben, siehe auch dazu Artikel »Biegeoptimierte Fasern, Auswirkungen mechanischer Belastungen von LWL«, »de« 21.2012, S. 56.
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