Eher unterschätzt wurden und werden von den Protagonisten der Wärmepumpe mit Erdwärmesonden die offenen Fragen hinsichtlich langzeitstabiler Verfüllmaterialien, Verfüllvorgang und dessen Protokollierung, Dokumentation der EWS-Bohrung und der EWS-Verfüllung, Interpretation und Kommentierung der Protokolle durch die Bohrfirma sowie Weitergabe der Daten an die zuständigen Behörden. Für den Bauherrn stellt sich nach der Häufung von Schäden durch Erdwärmesonden-Bohrungen zusätzlich die Frage der Risikoabwägung bzw. der Haftung und einer möglichen Wertminderung seiner Immobilie bei Verkauf.
Komplexe Anforderungen an die Ringraumverfüllung
Wie stark das Gesamtsystem Wärmepumpenanlage/Erdwärmesonden von der Qualität der Ringraumverfüllung abhängt, verdeutlichten die beiden Referenten Bernd Wilke und Walter Erben von der Schwenk Zement KG, Ulm. Auszüge aus ihrem Vortrag »Fachgerechte Ringraumverfüllung«.- Ad-hoc-Beurteilung der chemisch angreifenden Umgebung des Bohrlochs (Wasser, Boden, Gase) durch das Bohrunternehmen, um den entsprechenden Verfüllbaustoff auszuwählen
- Baustoff darf keine nachteiligen Auswirkungen auf das Grundwasser haben (DVGW-Arbeitsblatt W 347 beachten); chromatreduzierte Zemente verwenden (Grundwasserschutz)
- Anmachwasser ist wesentlicher Bestandteil des Verfüllbaustoffs und muss den Anforderungen der DIN EN 1008 (Trinkwasser) entsprechen
- Wasserdichtigkeit der Ringraumverfüllung sollte mindestens den Forderungen der Leitlinie Qualitätssicherung Erdwärmesonden (LQS EWS) entsprechen
- Prüfung der Sedimentation im Messzylinder vor der Verpressung und Messung der Auslaufzeit im Marsh-Trichter, um die sogenannte »Marsh-Zahl« zu ermitteln
- Messung des spezifischen Gewichts der angemischten Suspension als Nachweis des korrekten Mischungsverhältnisses
- Drucktest der Sondenrohre noch während der Frischsuspensionsphase, damit Dehnungen der Sondenrohre kompensiert werden können
- Begrenzung der Hydrationswärme auf unter 50 °C.
Bei den Verfüllbaustoffen gehe der Trend, so die Referenten, eindeutig zu magnetisch dotierten Materialien, da damit eine vergleichsweise einfache und direkte Detektion des Verfüllmaterials über eine Sondierung über die Erdwärmesonden mittels Magnetik-LOG-Verfahren möglich ist. Eine solche Messkurve sei quasi ein unverwechselbarer »Fingerabdruck« des jeweiligen Sondenrohrs (Bild 2).
Mischtechnik entscheidend für Verpressqualität
Von den Bohrfirmen eher unterschätzt werde nach Ansicht des Referenten Walter Erben das Thema Mischtechnik/Mischverfahren, da der Mischvorgang die Qualität des Verpressvorgangs entscheidend mitbestimmt. Die Erfahrungen von Schwenk Zement:- Chargen-Mischern sollte der Vorzug gegeben werden; Durchlaufmischer seien eher ungeeignet
- die Mischzeit ist entscheidend für die Qualität der Suspension
- zu lange Mischzeiten führen zu zähen Suspensionen und damit zu unvollständigen Verfüllungen
- Hochgeschwindigkeitsverpressungen führen zu Turbulenzen im Ringspalt und ggf. zur Entmischung der Suspension
- bei magnetisch dotierten Verfüllmaterialien muss darauf geachtet werden, dass die Magnetpartikel gleichmäßig in der Suspension verteilt sind und nicht absinken.
- Mischertyp
- Mischzeit
- Fassungsvermögen (Chargengröße)
- Verfüllgeschwindigkeit (Pumpenleistung Liter/Minute) und Verfüllmenge
- Bestimmung Wasser-/Bindemittelwert
- Messung der Suspensionsdichte vor Verfüllung, regelmäßig während der Verfüllung und am Bohrlochaustritt zum Ende der Verfüllung
- Marsh-Zahl (zur Bestimmung der Viskosität der Suspension und Sedimentation)
- Anzahl der in der Bohrung verbliebenen Verfüllschläuche mit Tiefenangabe.
Positive Erfahrungen, aber keine 100% Qualitätssicherung
Inga Nietz, Landratsamt Lörrach, zieht nach rund einem Jahr Erfahrung mit den Verfahren Michalik und Cem-Tracker eine positive Bilanz. Beide Verfahren seien bei der Qualitätssicherung des Verpressvorgangs hilfreich. Nicht überzeugen konnte, so Nietz, das digitale Überwachungssystem DBO-3. Trotz der Fortschritte dürfe nicht vergessen werden, dass mit den drei Verfahren keine 100 %ige Qualitätssicherung möglich ist. Nietz appellierte an die Bohrfirmen, den Unteren Wasserbehörden (UWB) eine möglichst ausführliche Dokumentation des Verpressvorgangs zeitnah einzureichen. Sonst sei eine Plausibilisierung des Verpressvorgangs durch die UWB nur schwer möglich.
Auch Eva de Haas, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, betont, dass die Pflicht zur Überwachung und Dokumentation des Verpressvorgangs nach LQS EWS für alle Beteiligten Vorteile bringt. In geologisch schwierigen Gebieten sei jedoch die »Ansprache« durch Sachverständige weiterhin unerlässlich. Wichtig sei es, mögliche Grundwasserflüsse zu erkennen und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen bereits bei der Einrichtung der Bohrstelle zu treffen. Ein typischer Schwachpunkt sei eine offene Bohrung mit Grundwasserfluss, die nicht sofort abgedichtet wird und – noch schlimmer – übers Wochenende unverpresst offen steht. Eine genaue Dokumentation mit Interpretation und Kommentierung durch die Bohrfirma und Plausibilisierung durch einen Sachverständigen entlaste die Bohrfirma gegenüber Bauherren und Behörden. De Haas: »Je mehr und je besser Erdwärmesonden dokumentiert werden, desto genauer kann man die Bohrungen auch noch nach Jahren nachverfolgen, zum Beispiel bei Gebäudeschäden in der Nachbarschaft.«
Kritischer sieht Dr. Rainer Klein, Boden & Grund GmbH, Amtzell, den Einsatz digitaler Überwachungssysteme. »Leider sind viele Messungen nicht nachvollziehbar«, räumt Klein ein. Typische Probleme seien die Kalibrierung des Systems und das Auffinden des Suspensionsspiegels. Auch stelle die Komplexität der Bedienung bei gleichzeitiger Verpressung hohe Anforderungen an den Geräteführer. Ohne zweiten Mann sei das kaum zu schaffen. Erschwerend komme hinzu, dass vielen Geräteführern die innere Einstellung zur Messtechnik fehle. Zweifellos hätte sich seit der Verschärfung der LQS EWS die Qualität der Verfüllung verbessert, aber dies schlage sich nicht ausreichend in den Messprotokollen nieder. Freiwillig würde kaum ein Bohrunternehmen die in Baden-Württemberg vorgeschriebenen Überwachungssysteme einsetzen. Dr. Klein: »Außerhalb Baden-Württembergs setzt kaum jemand diese Geräte ein.«
Die nicht repräsentative Umfrage des BWP bei Bohrunternehmen bestätigt die offensichtliche Zurückhaltung der Akteure. Nur etwa 30 % der befragten Bohrunternehmen beurteilen die Qualität der Ringraumverfüllung durch den Einsatz von Überwachungssystemen als »deutlich verbessert«, rund 60 % als »geringfügig verbessert« oder »nicht verbessert«.
Mehr als die Hälfte der befragten Bauherren ärgern sich über die zusätzlichen Kosten oder ignorieren die technischen Details der Messungen. Mit rund 20 000 € pro Gerät werden die Anschaffungskosten von vielen Bohrfirmen als zu hoch bewertet.
Auf Aussagen zur Qualität bestimmter Fabrikate soll hier nicht näher eingegangen werden, zu jung ist die Entwicklung. Allgemein wird die Geräterobustheit bemängelt. Bemerkenswert ist, dass ein Fabrikat, das in Deutschland eher unbeliebt ist, in der Schweiz als Marktführer gilt.