Die Messverfahren lehnen sich an die bisherigen von DVB-T an. Auf die bei DVB-T2 HD neuen Messungen gehen wir in der Serie näher ein Umstellung auf DVB-T2 erfolgt ab Ende März 2017 zunächst in Ballungsgebieten Deutschlands, später auch in Flächengebieten Verbesserte Bildqualität Die terrestrische Übertragung der zweiten Generation T2 bietet nun HD-Bildqualität an
Elektrofachbetriebe, die sich mit der Errichtung und Wartung von digitalen Empfangsanlagen befassen, benötigen eine umfassende Schulung oder Erfahrung in der Technik der digitalen Fernsehübertragungstechnik. Während vor etlichen Jahren die Radio-und Fernsehtechniker noch Fernsehröhrengeräte repariert haben, konzentrieren sich die Aufgaben des heutigen Fernsehtechnikers auf die Installation und die Wartung der Fernsehverteilnetze. Eine davon ist die terrestrische Verteilung über DVB-T, bzw DVB–T2 HD (siehe Fachbeitrag »Umstellung auf DVB-T2 HD« in »de« 5.2017). Beide, T und T2 HD, sind terrestrische Übertragungsverfahren mit identischen Übertragungsbedingungen, daher gibt es bei T2 HD die gleichen Probleme (z. B. Echos) wie bereits bei DVB-T, der bisherigen Übertragungstechnik.
Gibt es Unterschiede?
Im Wesentlichen sind die zu messenden Werte beider Versionen identisch. Es gibt im Detail allerdings Unterschiede, da z. B. ein T2 HD-Signal mehrere sogenannte PLPs (= Physical Layer Pipes) innerhalb eines Kanales verwenden kann, die jeweils unterschiedlich moduliert und mit Fehlerschutz versehen werden können und somit separat gemessen werden müssen. Das bedeutet in der Praxis: Misst man den identischen Kanal z. B. 48, erhält man bei drei PLPs unterschiedliche Messwerte für die BER (Bitfehlerrate)und die PER (Paketfehlerrate). Die anderen Werte dürften kaum unterschiedlich sein, da die Rahmenbedingungen, wie Dämpfung und Übertragungsstörungen in der Regel gleichmäßig auf den gesamten Kanal einwirken. Auf weitere Details gehen wir später genauer ein.
- LTE: Long term evolution, vierte Generation der Mobilfunkgeneration mit erhöhter Bandbreite gegenüber UMTS
- LDPC: Low-Density-Parity-Check-Codes oder Gallager-Codes bezeichnet, sind Blockcodes zur Fehlerkorrektur.
- BCH: (Bose-Chaudhuri-Hocquenghem-Codes) sind zyklische fehlerkorrigierende Codes, welche in der digitalen Signalverarbeitung eingesetzt werden. BCH: Anfangsbuchstaben der drei Wissenschaftler, die diesen Code entwickelt haben: R. C. Bose, D. K. Ray-Chaudhuri
- Reed-Solomon-Codes: (kurz RS-Codes) sind eine Klasse von zyklischen Blockcodes und werden im Rahmen der Kanalkodierung zum Erkennen und Korrigieren von Übertragungs- oder Speicherfehlern als Teil einer Vorwärtsfehlerkorrektur eingesetzt.
Die Antennentechnik bleibt
Da in den Kernversorgungsgebieten die vorhandenen Sendeantennen bei der Umstellung auf DVB-T2 HD weiter genutzt werden, lassen sich somit die bisher verwendeten Dach- und Zimmerantennen (Bild 1) sowie terrestrische Verstärker weiterhin nutzen. Zur Vermeidung von LTE-Störungen (siehe Glossar) ist jedoch der Einsatz von Filtern ratsam, speziell wenn UHF-Kanäle oberhalb vom Kanal 50 empfangen werden sollen. Die im Rahmen der »digitalen Dividende« versteigerten Frequenzen werden seit 2011 für schnelle LTE-Handynetze genutzt (LTE = Long Term Evolution, Datenraten bis 100 Mbit/s). Diese arbeiten im Frequenzbereich ab 791 MHz. Um Störungen beim Empfang von DVB-T zu reduzieren, gibt es Filter, welche die Sendesignale anderer Endgeräte (Handys, PCs) blockieren. Weitere Frequenzbänder stehen ebenfalls zur Diskussion (Digitale Dividende II, ab Kanal 49 bzw. genauer 700 MHz. nach 2018)
Verbesserte Bildqualität
Die Vorteile von DVB-T2 HD, die einen solchen Umstieg auch mehr als rechtfertigen, begründen sich im überarbeiteten Übertragungsverfahren sowie in der zeitgemäßen Videokompression H.265 (HEVC = High Effiicient Video Compression, statt bisher MPEG-2). DVB-T2 HD erlaubt durch verbesserte Verfahren die Übertragung von mehr Programmen pro Kanäle in besserer Qualität. Bei den verbesserten Verfahren handelt es sich z. B. um die effizienteren Fehlerschutz-Decoder LDPC und BCH (statt Viterbi und Reed-Solomon) und flexibleren Übertragungsparameter. Bei den Übertragungsparametern hat sich folgendes geändert: 16k-Träger anstatt bisher max. 8k, 256 QAM anstatt bisher max. 64 QAM, Guard Interval bis 1/128 anstatt bisher 1/32.
Das ermöglicht bei DVB-T2 HD auch erstmals in Deutschland die HDTV-Übertragung im Format 1080p 50 (1080 Zeilen, also FullHD mit 50 Vollbildern je Sekunde) – dieses Videoformat war bisher nur auf Blu-Rays zu finden, TV-Übertragungen via Kabel-TV oder über den Satelliten. Bei DVB-S2 gibt es in der Regel nur 720p50 oder 1080i50 (i = Interlaced, also 50 Halbbilder bzw. nur 25 Vollbilder je Sekunde, siehe auch Info-Kasten weiterführende Fachbeiträge. Es hat sich auch das Videokompressionsverfahren geändert: Das HDTV-Signal – bei optisch gleicher Qualität – lässt sich komprimieren via
- MPEG-2 = H.262: 14 Mbit/s
- MPEG4 = H.264 = AVC: 7 Mbit/s und
- H.265=HEVC: 4 Mbit/s
Somit ist H.265 fast doppelt so effizient wie H.264 und vierfach so effizient wie MPEG-2.
Der Umstieg in Ballungsgebieten
In den Ballungszentren findet am 29.3.2017 ein »harter« Umstieg von DVB-T auf DVB-T2 HD statt. Seit 31.5.2016 werden in vielen dieser Regionen bereits Testübertragungen in DVB-T2 HD durchgeführt, so dass bereits ausreichende Praxistests erfolgen konnten. Zum Umschalttermin bietet man ca. 40 TV-Sender in HDTV-Qualität an. Davon sind ca. 20 öffentlich-rechtliche Sender, frei empfangbar und weitere 20 Privatprogramme, können nach Entschlüsselung gesehen werden. Zur Prüfung für Endkunden, ob DVB-T- Empfang verwendet wird, werden Laufbänder oder Schrifttafeln mit Hinweisen eingeblendet und auf einigen Sendern spezielle Videotext-Seiten geschaltet (Das Erste und RTL, jeweils Seite 199).
Neue Empfangstechnik erforderlich
Besonders zu beachten ist, dass DVB-T2 zwar bereits in einigen Ländern genutzt wird und auch schon so manches Endgerät einen DVB-T2 Tuner hat. Diese unterstützen jedoch meist nicht in Deutschland diesen Empfang. DVB-T2 HD in Deutschland stellt aus zwei Gründen eine Besonderheit dar: Erstens reicht ein DVB-T2 Tuner alleine nicht aus: Es muss auch ein HEVC-Bilddecoder vorhanden sein (betrifft TVs und Receiver gleichermaßen). Zweitens muss das Endgerät zumindest einen CI+ Kartenschacht aufweisen oder die Entschlüsselungsmethode freenet.tv embedded beherrschen, da man sonst die privaten TV-Sender nicht ansehen kann (speziell bei einfacheren Import-Receivern und USB-Receivern zum Empfang mit Mobilgeräten problematisch).
Technische Grundlagen zu DVB-T2
Zunächst stellen wir die verwendeten Modulationsarten der gängigen digitalen Empfangstechniken gegenüber: Bei dem Satellitenempfang DVB-S2 kommt die QPSK-Modulation zur Anwendung (Quadrature / 8-Phase Shift Keying). In Kabelnetzen (DVB-C) moduliert man die Signale mit QAM (Quadrature Amplitude Modulation). Dagegen verwendet man bei dem terrestrischen Empfang die Modulatin COFDM, Coded Orthogonal Frequency Division Multiplex. Diese kommt übrigens auch nun bei dem DVB-C2-Empfang (neue Generation des Kabelempfangs) zum Einsatz. Das COFDM-Verfahren hat folgende Charaktereigenschaften: DVB-T wird in Deutschland im sogenannten 8k-Modus übertragen d. h. es befinden sich 6817 einzelne Träger innerhalb des Kanals mit der Bandbreite von 8 MHz. Weiterhin besteht gegenüber dem Satellitenempfang (gerichteter Empfang, mit einem gebündeltem Signal) der Unterschied des »gestreutem« Empfangs. Außer dem direkten Signal empfängt eine Antenne auch reflektierte Signale, diese aber mit Zeitversatz (Bild 2). Die übertragenen Signale bestehen neben dem Nutzsignal auch noch aus »Korrekturschutzzeiten«. Zusätzliche Schutzzeiten (Zeitlücken) zwischen den einzelnen Signalen garantieren eine Korrektur der Laufzeitverzerrungen durch die reflektierten Signale (Guard-Intervalle). Dadurch ist guter Empfang auch bei starken Reflexionen noch möglich. Dieses Verfahren gab es bei DVB-T und wird auch bei dem neuen DVB-T2-HD-Verfahren genutzt.
Die Besonderheit des terrestrischen, digitalen Empfangs ist die Möglichkeit des mobilen Empfangs (mit Rundstrahlantenne), d. h. auf Schiffen und in Fahrzeugen). Nachteile ergeben sich durch die geringe Bandbreite (8-MHz-Kanalraster) mit starken Störungen durch Rauschen und Reflexionen. Die Modulation des DVB-T2 HD hat ein überarbeitetes COFDM mit bis zu QAM256 pro Träger, was einen guten Fehlerschutz gewährleistet. D. h., jedes der 6817 Signale wird mit der QAM moduliert.
Es gibt Argumente für den terrestrischen Empfang: Es stellt sich hier die Frage, warum soll man über den terrestrischen Weg die Programme empfangen, gibt es doch die Möglichkeit über den Stelliten oder das Kabel, für jene, die keine Schüssel montieren können/dürfen. Wir befragten dazu den Geschäftsführer Mike Tänzler, Schwaiger GmbH, Langenzenn. »de«: Herr Tänzler, für welche Kunden bietet sich vorzugsweise der terrestrische Empfang des Fernsehens an? M. Tänzler: Für Kunden in Ballungsgebieten, die auf einfache Art und Weise Fernsehen empfangen wollen und auf Sky verzichten können. Oder Kunden, die Fernsehen mobil oder im Garten ohne viel Aufwand empfangen möchten. »de«: In der Tagespresse bestätigte man, dass für Streamingdienste die Stunde gekommen sei. Was ist das Besondere daran? M. Tänzler: Der Kunde kann seine Wunschsendung zu seinem Wunschzeitpunkt sehen. Und das nicht nur auf dem Fernseher, sondern auch auf dem Tablet oder Smartphone. Anbieter Entertain der Telekom, Zattoo bietet App für verpasste Sendungen und Vodafone: Giga TV. »de«: Herr Tänzler, welche Rolle übernimmt Freenet im Zusammenhang mit dem terrestrischen TV? M. Tänzler: Freenet übernimmt die Verbreitung der privaten Sender über DVB-T2 HD. Um die Programme empfangen zu können, zahlt der Endkunde nach einer Testphase 5,75 € pro Monat. »de«: Ist das der derzeit einzige Anbieter? M. Tänzler: Die öffentlich rechtlichen Sender können auch mit DVB-T2 frei empfangen werden. Für die privaten Sender über DVB- T2 braucht der Kunde aber ab Juni 2017 ein Abo über Freenet. Die Alternative sind Streamingdienste, wie oben erwähnt. »de«: Herr Tänzler, sehen Sie Lieferengpässe bei den neuen Receivern aufkommen? M. Tänzler: Lieferengpässe sehe ich nicht, da alle Lieferanten sich auf die Nachfrage eingestellt haben. Um bei seinem Händler der Wahl aber seinen Wunschreceiver zu bekommen, würde ich rechtzeitig kaufen. Das erspart einen schwarzen Bildschirm am Tag der Umstellung und den damit verbundenen Stress mit der Familie. »de«: besten Dank für das Gespräch, Herr Tänzler.
Welche Parameter werden gemessen?
Bei Inbetriebnahmen und Wartungen an DVB-T2 HD-Systemen werden folgende Werte untersucht:
- Leistung, C/N (Träger/Geräusch),
- MER (Modulationsfehlerrate),
- BER (Bitfehlerrate) vor und nach LDPC (Blockcodes zur Fehlerkorrektur: Glossar) sowie
- PER (Paketfehlerrate).
Messungen und Interpretationen
Eine der wichtigsten Fehlerermittlungen neben dem Verhältnis des Träger/Geräusch-Verhältnisses C/N ist die Modulationsfehlerrate MER (Modulation Error Ratio) und die Bitfehlerrate BER (Bit Error Ratio). Die MER ist das Verhältnis der durchschnittlichen Signalleistung zur durchschnittlichen Fehlerleistung und gibt Aufschluss über die Signalgüte (in dB, Bild 3). Diese MER sollte mindestens 12 dB betragen. Eine weitere Qualitätsbeurteilung ergibt sich aus der BER (Bild 4), sie sollte besser als 1 x 107 sein. Über die weiteren Messungen berichten wir im Einzelnen im zweiten Teil dieser Serie.
Ausblick
Im nächsten Beitrag gehen wir auf die weiteren Messungen von Parametern mit dem Messgerät Ranger Neo Light von Promax (Bild 5) zu DVB-T2 HD näher ein.