»de«: Herr Grohmann, Ihre Smart-Home-Systeme »Homematic« und »Homematic IP« finde ich als Kunde bei vielen Online-Shops und weiteren Anbietern. Warum sollen sich Fachhandwerk und Fachhandel diesen Produkten zuwenden, wo es doch auch viele Systeme gibt, die exklusiv für Fachpartner zur Verfügung stehen.
B. Grohmann: Die Kritik von Fachhandwerkern an Herstellern, die mehrere Vertriebskanäle bedienen, bezieht sich vielfach nicht auf die Tatsache an sich, sondern darauf, dass mit Rabatten nicht sauber umgegangen wird. Wenn Sie als Elektrohandwerker beim Großhandel ein Produkt teurer einkaufen als es der Kunde beim Onlinehändler bekommt, haben Sie in der Tat ein Argumentationsproblem. Findet Ihr Kunde die von Ihnen angebotenen Produkte mit z.B. über 40 % Rabatt im Online-Handel, erscheint Ihr Angebot schon fast als Wucher. Das Vertrauen des Kunden, einen fairen Preis von Ihnen erhalten zu haben, ist dann meistens zerstört.
Wir vertreiben unsere Systeme über vielfältige Kanäle und gehen damit ganz offen um. eQ-3 hat sich klar für ein Preisschema entschieden, bei dem wir unsere Partner für Leistungen honorieren. Dafür sind wir auch bereit, auf Umsatz aus Kanälen zu verzichten, die rein auf Maximalrabatte ausgerichtet sind. Unser Ziel in enger Kooperation mit Sonepar ist es, dass Fachhandwerker dem Endkunden den gleichen fairen, marktgerechten Endpreis bieten können wie jeder andere Vertriebskanal auch. Dass wir für das Fachhandwerk nicht so ganz uninteressant sein können, zeigt die Tatsache, dass wir anlässlich der diese Tage stattfindenden Messe IFA in Berlin den 1000. Elektrohandwerks-Fachpartner begrüßen können.
»de«: Wenn der Kunde die Produkte, darunter auch solche, die einen Eingriff ins 230-V-Netz erfordern, direkt online kaufen kann, wofür braucht er dann noch einen Fachmann?
»de«: Und damit kann der Fachhanderker noch Geld verdienen?
B. Grohmann: Die Frage ist doch: Was ist die Alternative? Mit anderen, bislang üblichen Systemen entstehen typischerweise Kosten im fünfstelligen Bereich. Bei einem Haus mit 3 Mio. € Netto-Bausumme mag dies in einem für die Bauherren attraktiven Rahmen liegen. Und selbst hier ist ein solches Smart-Home-Upgrade für den Fachhandwerker angesichts von Aufwand und benötigter Subunternehmer wirtschaftlich nicht unbedingt interessant. Entsprechend wenig Lösungen sind realisiert worden. Das wächst doch jetzt nicht urplötzlich.
Mehrkosten für Smart Home von vielleicht 30.000 € bei einer Netto-Bausumme von 300.000 €? Die Chancen, hier Mehrkosten selbst von »nur« 10.000 € zu verkaufen, sind so gering, dass die allermeisten Betriebe es wohl zu Recht überhaupt nicht versuchen. Benötigt werden preislich attraktive Lösungen,
- die robust und zuverlässig sind,
- die problemlos zu installieren und auch durch den Endkunden selbst zu konfigurieren sind,
- die alle vom Kunden gewünschten Applikationen abdecken und auch moderne Trends wie Sprachsteuerung vorantreiben,
- die in unsere Internet-geprägte Welt passen und dennoch in Sicherheit und Datenschutz zertifizierte, überzeugende Lösungen bieten,
- und das von einem Hersteller, bei dem man sicher ist, dass er in 10 bis 20 Jahren noch weiter kompatible Lösungen bietet.
Wir sind überzeugt, dass die Kosten für Home Control vielleicht bei 0,5…1 % der Nettobausumme liegen dürfen. Bei einem Haus für 300.000 € wären das etwa 1500…3000 €. Das ist für den Kunden so attraktiv, dass es sich für den Fachbetrieb lohnt, aktiv ein Angebot zu machen. Das verstehen wir als preislich attraktiv.
»de«: Angesichts dieser Entwicklung stellt sich mir nochmal die Frage nach den Verdienstmöglichkeiten: Bleibt das für die beteiligten Handwerker oder Händler noch attraktiv?
B. Grohmann: Wenn Sie das Smart Home auf die Zentrale reduzieren würden, dann sicher nicht. Wir haben viele Jahre Erfahrung auf dem Gebiet, und eines hat sich ganz klar gezeigt: Die Kunden sind bereit, für Endgeräte oder Funktionen wie die Bedienung per Smartphone einen gewissen Betrag auszugeben, der Zentrale selbst messen sie aber keinen Wert bei.
»de«: Sie bezeichnen Ihr System als Standard, so wie viele andere Anbieter auch. Dennoch ist die Smart-Home-Welt weit von einem einheitlichen Standard entfernt. Ein Markthindernis?
B. Grohmann: Natürlich wäre der Markt weiter, wenn es schon einen einheitlichen und vor allem tauglichen Standard gäbe. Neben teilweise etablierten, primär drahtbasierten Systemen stehen die meist funkbasierten »Anwärter«. Es gibt eine sogar noch weiterwachsende Reihe von sogenannten Funk-»Standards«. Warum entwickelt ein Hersteller wie eQ-3 seine eigene Technologie? Weil wir mit keinem der sogenannten »Standards« die Anforderungen der Kunden in Europa alleine nur im Bereich der Heizungsteuerung erfüllen könnten.
In der Hausautomation erwarten Kunden etwas Anderes als bei Handys. Wir bieten FS20 seit rund 20 Jahren an, bieten Kompatibilität und liefern immer noch neue Geräte. Homematic ist seit über 10 Jahren im Markt und eine Abkündigung ist noch lange nicht vorgesehen. Homematic IP ist kompatibel zu Homematic und stellt die nächste Generation dar. Wir sagen mindestens 10+5 Jahre Verfügbarkeit zu.
Homematic IP ist eine offene Technologie, die auch von anderen Herstellern eingesetzt wird, beispielsweise Bosch. Auf IPv6 basierend und mit der heutigen Marktbedeutung sind wir auf jeden Fall einer der relevanten Standards im Markt.
»de«: Könnten Anbieter wie Google oder Apple eine wichtige Rolle im Smart-Home-Markt einnehmen?
B. Grohmann: Diese Anbieter haben gemeinsam, dass sie eine neue Bedienoberfläche anbieten, die nicht auf Home Control beschränkt ist, sondern sich auf fast alle Bereiche des Lebens auszudehnen scheint. Alle drei Hersteller benötigen ein Portfolio einfach integrierbarer Produkte. Entsprechend sehen wir – Stand heute – in diesen Angeboten eine wertvolle Ergänzung und Chance für Partnerschaften, die das Interesse an Smart Home in neue Segmente trägt.
»de«: Herr Grohmann, vielen Dank für das Gespräch.