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Irrtümer ausräumen

Potentialausgleich an Spülmaschine?

Auf einen Blick Erder und Hauptpotentialausgleich Für Gebäude besteht seit 2007 die Forderung nach einem Fundamenterder nach DIN 18014; ein Hauptpotentialausgleich ist seit über 50 Jahren Pflicht

Anschluss für Potentialausgleich Die Betriebsmittelnorm für Geräte dieser Kategorie fordert einen Anschlussbolzen für einen Potentialausgleich; man muss ihn aber i. d. R. nicht verwenden
Der Monteur, der diese Spülmaschine errichten soll, fragt den Betreiber nach einem Potentialausgleich, an den er das Gerät anschließen will. Der Betreiber ist natürlich durch diese Frage verunsichert und kontaktiert seinen vertrauten Elektroinstallateur, ob denn ein solcher Potentialausgleich wirklich vorgeschrieben sei? Wer wäre dafür eigentlich verantwortlich? Es handelt sich in diesem Fall um ein altes, unterkellertes zweistöckiges Gebäude ohne zusätzliche Tiefenerder, in dem bereits ein neuer Hausanschlusskasten (HAK) vorhanden ist.

Zum Begriff Potentialausgleich

In den Normen der Reihe DIN VDE 0100 sind bezüglich »Potentialausgleich« folgende Aussagen/Festlegungen enthalten:
  1. Schutzpotentialausgleich über die Haupt­erdungsschiene (bisher Hauptpotentialausgleich), nach Abschnitt 411.3.1 von DIN VDE 0100-410:2007-06.
  2. Zusätzlicher (örtlicher) Schutzpotentialausgleich in Bereichen erhöhter Gefährdung, z. B. in medizinischen Bereichen nach Abschnitt 710.415.2 von DIN VDE 0100-710:2012-10.
  3. Zusätzlicher (örtlicher) Schutzpotentialausgleich nach Abschnitt 415.2 von DIN VDE 0100-410:2007-06 in Fällen, in denen die Abschaltbedingungen nicht erfüllt werden können.
  4. Funktionspotentialausgleich, der aber nicht für den Schutz gegen elektrischen Schlag relevant ist. Anforderungen hierfür gibt es z. B. in DIN VDE 0100-712:2016-10. Auch aus Gründen der elektromagnetischen ­Beeinflussung kann ein Funktionspoten­tialausgleich gefordert sein. Solche Funk­tionspotentialausgleichsleiter dürfen nicht mit grün-gelber Markierung ausgeführt sein.

Zuordnung a) bis d) für Gewerbespül­maschine

Zu a) gilt, dass in den Schutzpotentialausgleich über die Haupterdungsschiene in erster Linie nur solche Teile einbezogen werden müssen, die ein Potential in ein Gebäude einführen können. Ein elektrisches Verbrauchsmittel kann ein solches Potential nicht einführen. Daher ist ein Schutzpoten-tialausgleichsleiter im Sinne von a) an gewerblichen Spülmaschinen und ähnlichen Geräten nicht relevant. Welche leitfähigen Teile in den Schutzpotentialausgleich über die Haupterdungsschiene einbezogen werden müssen, ist in DIN VDE 0100-410 und DIN VDE 0100-540 festgelegt.

Zu b) gilt, dass Küchen (sowohl Wohnraumküchen als auch gewerbliche Küchen) nicht als Bereiche mit erhöhter Gefährdung (im Sinne des Schutzes gegen elektrischen Schlag) betrachtet werden. Somit ist auch ein Schutzpotentialausgleichsleiter im Sinne von b) nicht relevant. Das gilt auch unter dem Aspekt, dass gewerbliche Küchen als feuchte und nasse Bereiche gelten und damit zusätzlich DIN VDE 0100-737 zutrifft, wo allerdings ein Schutzpotentialausgleich auch nicht gefordert wird.

Zu c) gilt, dass bei Anschluss über Stecker und Steckdosen davon ausgegangen werden kann bzw. muss, dass die Abschaltbedingung erfüllt wird. Ansonsten würde eine fehlerhafte Errichtung vorliegen.

Nur bei einem Festanschluss von elektrischen Verbrauchsmittel kann es in ganz wenigen Fällen dazu kommen, dass die Abschaltbedingung nicht erfüllt werden kann. Nur dann wäre der zusätzliche Schutzpotentialausgleich nach c) gefordert.

Zu d) gilt, dass auch ein Funktionspoten-tialausgleich bei einer derartigen Spülmaschine sicher nicht notwendig sein wird.

Bei den obigen Betrachtungen spielt es keine Rolle, dass es sich um ein altes Gebäude ohne Tiefenerder handelt, vorausgesetzt beim System nach Art der Erdverbindung handelt es sich um ein TN-System und das Gebäude wurde vor Juni 2007 errichtet.

Erder und Hauptpotentialausgleich

Seit diesem Zeitpunkt, mit einer Übergangsfrist bis 1.6.2009, wird für neue Gebäude, nach Abschnitt 542.2.3 von DIN VDE 0100-540 ein Fundamenterder nach DIN 18014 gefordert.

Des Weiteren gilt, dass seit mehr als 50 Jahren für jedes Gebäude ein Schutzpotentialausgleich (früher Hauptpotentialausgleich) über die Haupterdungsschiene gefordert wird und zwar unabhängig vom System nach Art der Erdverbindung. Beim Fehlen einer Haupterdungsschiene und dem dazugehörigen Schutzpotentialausgleich müsste beides unbedingt nachgerüstet werden.

Dieser Punkt ist sehr wichtig, da der Schutzpotentialausgleich über die Haupterdungsschiene einen wesentlichen Bestandteil bezüglich des Schutzes gegen elektrischen Schlag darstellt (siehe Abschnitt 411.1 von DIN VDE 0100-410:2007-06.

Neben den vier oben angeführten Varianten gibt es auch noch den Blitzschutzpotentialausgleich nach DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3), der aber sicher für die Gewerbespülmaschine nicht relevant ist.

Fazit

Da zu vermuten ist, dass für die Gewerbespülmaschine die Ausführungen von a) bis d) nicht zutreffend sind, kann davon ausgegangen werden, dass ein »Potentialausgleich« nicht erforderlich ist.

Irritierende Forderung in der Betriebsmittelnorm

Probleme bezüglich des Anschlusses eines Schutzpotentialausgleichsleiters an gewerblichen Kücheneinrichtungen treten immer wieder auf, weil in der für Gewerbespülmaschinen relevanten Betriebsmittelnorm der DIN EN 60335-58 (VDE 0700-58):2016-07 in den Abschnitten 27.1 und 27.2 Folgendes festgelegt ist: »Die Geräte müssen Klemmen zum Anschluss äußerer Potentialausgleichsleiter besitzen.

Ortsfeste Geräte müssen mit einer Anschlussklemme für die Verbindung mit einem äußeren Potentialausgleichsleiter ausgerüstet sein. Diese Anschlussklemme muss in gut leitender Verbindung mit allen befestigten und frei zugänglichen Metallteilen des Gerätes stehen und den Anschluss eines Leiters mit einem Nennquerschnitt bis zu 10 mm2 zulassen. Sie muss zudem so angeordnet sein, dass der Anschluss des verbindenden Leiters nach der Aufstellung des Gerätes möglich ist.«

An keiner Stelle der Betriebsmittelnorm DIN EN 60335-58 (VDE 0700-58) wird aber gefordert, dass an diesen Anschlussstellen auch ein Schutzpotentialausgleichsleiter anzuschließen ist. Da es auch in den Normen der Reihe DIN VDE 0100 diesbezüglich keinerlei Forderungen gibt, ist dieser Punkt nicht relevant. Warum diese Forderung nach einer Anschlussstelle für einen Schutzpotentialausgleichsleiter in der Betriebsmittelnorm enthalten ist, ist heute nicht mehr nachvollziehbar.

Es sei noch angemerkt, dass es auch in der DGUV Vorschrift 3 (früher BGV A3 bzw. VBG 4) diesbezüglich keine besonderen Festlegungen gibt. Aber auch in der DGUV Regel 110-002 – Arbeiten in Küchenbetrieben (bisher: BGR 111) gibt es bezüglich eines Schutzpotentialausgleichs keine Forderungen.

Im Abschnitt 3.2.12 der DGUV Regel 110-002 von 2006 ist zu elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln nur Folgendes festgelegt: »Elektrische Anlagen und Betriebsmittel müssen den allgemein anerkannten Regeln der Elektrotechnik entsprechen, insbesondere
  • DIN VDE 0100-100 ›Errichten von Niederspannungsanlagen; Anwendungsbereich, Zweck und Grundsätze‹
  • DIN VDE 0100-718 ›Errichten von Niederspannungsanlagen; Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art; Teil 718: Bauliche Anlagen für Menschenansammlungen‹
  • DIN VDE 0100 -737 »Errichten von Niederspannungsanlagen; Feuchte und nasse Bereiche und Räume und Anlagen im Freien« und
  • DIN EN 61140 (VDE 0140-1) ›Schutz gegen elektrischen Schlag; Gemeinsame Anforderungen für Anlagen und Betriebsmittel‹.«
Bestätigt wird dies auch in § 3 der Unfallverhütungsvorschrift »Elektrische Anlagen und Betriebsmittel« (BGV A3).

Wann ist also ein Potentialausgleich vorgeschrieben?

Die Antwort ergibt sich aus den Hinweisen zu a) bis d), d. h. für Gewerbespülmaschinen gibt es bis auf den seltenen Fall nach c), keine Notwendigkeit für den Anschluss eines Schutzpotentialausgleichsleiters. In wenigen Ausnahmefällen kann bei Festanschluss der gewerblichen Spülmaschine ein Schutzpotentialausgleichsleiter nach c), unter Beachtung von Abschnitt 415.2 von DIN VDE 0100-410 :2007-06, gefordert sein.

Wer ist dafür verantwortlich?

Verantwortlich für das Betreiben einer elektrischen Anlage ist der Betreiber bzw. Mieter und ggf. auch der Eigentümer des Hauses oder der Wohnung. Der Eigentümer ist aber zumindest für die Erhaltung des ordnungsgemäßen Zustandes der elektrischen Anlage verantwortlich.

Die Elektrofachkraft ist nur dann verantwortlich, wenn sie etwas unterlassen hat. Wenn eine Elektrofachkraft, z. B. bei einer wiederkehrenden Prüfung, einen Fehler in der elektrischen Anlage feststellt, muss sie den Betreiber der elektrischen Anlage darüber informieren. Wenn dieser den Fehler nicht beheben lässt, kann die Elektrofachkraft dafür normalerweise nicht haftbar gemacht werden.

Schlussbetrachtung

Eine Forderung nach Anschluss eines Schutzpotentialausgleichsleiters an solchen Küchengeräten gibt es nicht. Allenfalls könnte dieser Anschluss in einigen wenigen Fällen dazu dienen, dass daran ein zusätzlicher (zweiter) Schutzleiter angeschlossen werden kann. Dies kann bei festangeschlossenen Verbrauchsmitteln (nicht nur bei Küchengeräten) der Fall sein, wenn aus EMV-Gründen größere Ableitströme auftreten können und der Schutzleiter zu diesen Verbrauchsmitteln weniger als 10 mm² Cu aufweist. Ich verweise hierzu noch auf die Abschnitte 516 von DIN VDE 0100-510:2014-10 und 543.7 von DIN VDE 0100-540:2007-06. In diesen Fällen handelt es sich aber um einen Schutzleiter und nicht um einen Schutzpotentialausgleichsleiter.
Bestimmungen zum Thema
  • DIN VDE 0100-410
  • DIN VDE 0100-510
  • DIN VDE 0100-540
  • DIN VDE 0100-710
  • DIN VDE 0100-712
  • DIN VDE 0100-737
  • DIN EN 62305-3
  • DIN EN 60335-58
  • DGUV Vorschrift 3
  • DGUV Regel 110-002
PP17116
Über den Autor
hoermann
Werner Hörmann

Gelernter Starkstrommonteur und dann viele Jahre als Projektant für Schaltan­lagen und Steuerungen bei Siemens tätig. Aktive Normung in verschiedenen Komitees und Unterkomitees der DKE. Seine Spezialgebiete sind u. a. die Er­richtungsbestimmungen nach DIN VDE 0100 (VDE 0100) – insbesondere Schutz gegen elektrischen Schlag –, die Niederspannungs-Schaltanlagen nach DIN EN 60439 (VDE 0660-500 bis -514) oder das Ausrüsten von elektrischen Maschinen nach DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1). Werner Hörmann ist Verfasser zahlreicher Beiträge in der Fachzeitschrift »de« sowie Autor diverser Fachbücher.

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