Das südbadische Brandschutzunternehmen Hekatron hat Mitte Oktober 2017 seine »wertvollsten« Kunden zum 7. Partnerforum nach Mainz eingeladen. Das dreitägige Treffen von über 100 Elektrohandwerkern mit Schwerpunkt Brandschutz unter dem Motto »Leistung gemeinsam verbinden« stand ganz im Zeichen der Digitalen Transformation.
Auf einen BlickDigitalisierung Anbieter von digitalen Diensten gehen zunehmend in den Hardware-Bereich und treten damit in Konkurrenz zu den klassischen Herstellern
Brandschutz 4.0 Um zukunftsfähig zu bleiben, muss der Brandschutzmarkt globaler denken und stärker mit anderen Gewerken
kooperieren
Vor welche großen Herausforderungen die Digitalisierung die Sicherheitsbranche stellt, welche zukunftsweisenden Perspektiven sie jedoch auch bietet, war am 20. Oktober 2017 in der Alten Lokhalle in Mainz das große Thema zahlreicher Fachvorträge und intensiver Diskussionen (Bild 1).
Die Zeichen der Zeit rechtzeitig erkennen
»Digitale und analoge Welt werden immer weiter miteinander verschmelzen«, betonte Hekatron-Geschäftsführer Peter Ohmberger einleitend. »Jetzt geht es darum, wie wir die Digitalisierung in unserer Branche vorantreiben und wie eine erfolgreiche Partnerschaft in der analogen und digitalen Welt von morgen aussieht.«
Wolfgang Henseler, Professor an der Hochschule Pforzheim für Digitale Medien und Master of Creative Directions, gab zunächst einen branchenübergreifenden Überblick zur Digitalisierung (Bild 2). In einer kleinen Zeitreise erinnerte er an die technische Entwicklung vom PC über das Notebook mit grafischer Benutzeroberfläche bis hin zum Smartphone, das als »Lebensgerät« fast schon zu einem Organ des Menschen geworden sei. Im Verlauf der Digitalisierung seien die Geräte immer kleiner, schneller und besser geworden. »Was jetzt kommt, ist das Internet der Dinge und Dienste, das ›Internet of everything‹«, so Wolfgang Henseler. »Als fast unsichtbares Gebilde wird der Computer omnipräsent in allen Objekten und auch in den Diensten, die in den Objekten stecken.«
Daten entscheiden über Erfolg
In diesem Zuge führe die Entwicklung vom Produkt zum Produkt-Ecosystem, bei dem die Produkte sinnvoll miteinander verknüpft sind. »Der Mehrwert eines in ein Ecosystem integrierten Produktes ist signifikant größer für den Nutzer ist – es bietet mehr Dienste«, so Wolfgang Henseler. »In der digitalen IoT-Welt sind sowohl Dienste als auch Dinge wichtig.«
Die großen Internetgiganten, wie Amazon, Google oder Facebook, gingen daher jetzt zunehmend in den Hardware-Bereich. »Mit den Dingen kommen sie ganz nah an den Endkonsumenten und seine Daten heran – und die entscheiden in einer Welt des Data-Driven Business über den Erfolg.«
Wie Amazon den Bereich der Hardware für sich nutzt, um Daten zu gewinnen und Märkte zu erobern, machte Wolfgang Henseler am Beispiel des Amazon Holodecks deutlich, das nächstes Jahr auf den Markt kommen soll. »Dieses kleine Gerät, das an der Decke hängt, hat sehr viel Sensorik und Aktorik. Es kann zuhören, zuschauen und riechen, wenn es brennt. Es wird auch die Hersteller von Rauchwarnmeldern in die Enge treiben, wenn die nicht von ihrer eigenen Kompetenz kommend in Diensten denken, kollaborieren und rechtzeitig einen Schritt schneller und besser werden.«
Die Zukunft des Brandschutzmarktes – Brandschutz 4.0
Peter Ohmberger beschäftigte sich in seinem Vortrag mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf den Brandschutzmark. (Bild 3). »Das Verhalten unserer Branche erinnert in vielen Punkten noch an das Mittelalter«, merkte er kritisch an. »Die jährliche Überprüfung jedes einzelnen Melders direkt vor Ort, unterschiedlichste, voneinander unabhängige Brandschutzgewerke wie Brandmeldeanlage, Feststellanlage und RWA-Anlagen in einem Gebäude und ein Datenmanagement mit aufwändigsten Transformationen vom Butterbrotpapier in verschiedene Datenbanken – das ist Brandschutz 1.0.« Er glaube nicht, »dass unsere Kunden solche ineffizienten Prozesse und Datengräber, solches Silodenken in einer technologischen und vernetzten Welt der Zukunft akzeptieren.«
Es sei absehbar, dass ein Unternehmen wie Hekatron nur dann zukunftsfähig bleibe, wenn es die Zeichen der Zeit rechtzeitig erkenne und die Chancen dieser Entwicklung nutze. Als abschreckendes Beispiel erinnerte Ohmberger an den finnischen Handyhersteller Nokia, der die Entwicklung des Smartphones verpasste. Das resignative Schlusswort von Stephen Elop, dem letzten CEO von Nokia vor dem Verkauf an Microsoft lautete: »Wir haben nichts falsch gemacht, aber irgendwie haben wir verloren.«
Um einen Idee zu entwickeln, in welche Richtung die zukünftige Entwicklung gehen könnte, hat Hekatron in Kooperation mit dem Zukunftsforschungsinstitut 2b Ahead ThinkTank und dem Berliner Sicherheitsfacherrichter Schlentzek & Kühn die Trendstudie »Das Sichere Gebäude der Zukunft« erarbeitet. Aus dieser Studie resultieren sieben Sicherheitsversprechen des Gebäudes der Zukunft: Es wehrt Gefahren ab, wird einfach im Sinne von mehr Usability, steigert den Komfort, wird flexibel, effizient, fördert die Gesundheit und wird schließlich zum unmittelbaren Teil des Lebens. »Letztendlich wird jedes Bauteil zur Sicherheit eines Gebäudes beitragen«, betonte Peter Ohmberger.
Vor diesem Hintergrund müsse man in seinem Denken weg vom Meldepunkt, hin zum Datenpunkt kommen. Dieser werde vielleicht ein paar mehr physikalische Kenngrößen erfasst als heutige Melder. Es gehe dabei um den Mehrwert und die Geschäftsmodelle, die man mit diesen Daten generieren könne. »Brandschutz 4.0 bedeutet, dass wir Brandschutz neu denken und zum Brandschutz- und Sicherheitsmanager für unsere Kunden werden. Einerseits müssen wir uns spezialisieren, vertikal die absoluten Profis in unserem Fach sein, andererseits horizontal Kooperations-Weltmeister werden.«
Denkfabrik »Digitale Transformation«
Der Nachmittag des Partnerforums stand ganz im Zeichen der Denkfabrik »Digitale Transformation«. Tobias Fuchs, Leiter Digitalisierung bei Hekatron,eröffnete ihn mit einem kurzen Überblick zum aktuellen Stand der Digitalen Transformation bei Hekatron. Er rief dazu auf, diese große Aufgabe gemeinsam anzugehen. »Die Frage, ob wir die Digitalisierung in Angriff nehmen oder nicht, stellt sich gar nicht mehr«, betonte er. »Wir müssen sie nutzen, um unser Kerngeschäft zu stärken.«
In den anschließenden sechs Workshops diskutierten Hekatron-Experten und Unternehmenspartner dann verschiedene Fragestellungen zu Geschäftsmodellen, nötigen Investitionen, Kompetenzen und der Kommunikation im Zeitalter der Digitalisierung (Bild 4).
Während des Thementages sorgte Barbara Schneider von Visual Facilitators für eine sehr anschauliche Visualisierung der Fragestellungen und Ergebnisse der Vorträge und Workshops (Bild 5).
»Wir wollen gemeinsam mit Ihnen das Thema Digitale Transformation angehen«, betonte Peter Ohmberger in seinem Schlusswort. »Hekatron will dabei der Katalysator sein. Zusammen werden wir einen visionären Schritt in Richtung gemeinsame Zukunft machen.« Keineswegs beabsichtige man, wie vom einen oder anderen Teilnehmer des Partnerforums befürchtet, an den Unternehmenspartnern vorbei direkt mit den Endkunden in Beziehung zu treten.