Die Entwicklung einer stimmigen Beleuchtung für Kulturbauten, wie Konzerthäuser, Museen oder Kirchen, stellt ganz spezifische und sehr unterschiedliche Anforderungen an die Lichtplanung. Bei einem Themenabend der Seebacher GmbH im Herbst 2017 wurden im Tölzer Planetarium verschiedene Aspekte der Lichtentwicklung und Lichtsteuerung diskutiert.
Das Marionettentheater Bad Tölz wurde im Jahre 1908 auf dem Gelände des ehemaligen, im 18. Jahrhundert durch einen Erdrutsch zerstörten Schlosses Bad Tölz gegründet. Albert Maly-Motta ist seit dem Jahr 2000 einer der Leiter des Theaters. Der renommierte Theatermacher und leidenschaftlicher Hobby-Astronom konnte die Stadt Bad Tölz von dem Bau eines Planetariums überzeugen, das als Anbau direkt an das Marionettentheater anschließt. Bereits vor Jahren hatte Maly-Motta auf eigene Kosten über das Internet einen Zeiss-Projektor erworben. Dieser war ursprünglich für ein Planetarium in Mainz bestimmt, das jedoch aus räumlichen Gründen nicht zustande kam. Mit dem Bau des neuen »Sternentheaters« konnte es nun endlich seiner Bestimmung gemäß eingesetzt werden. Die Lichtplanung des 2014 eröffneten Planetariums wurde von der Seebacher GmbH übernommen.
Etwa 20 Lichtplaner aus der Region waren der Einladung der Seebacher GmbH zu einem Thementag zum Thema »Licht und Lichtsteuerung in Kulturbauten« ins Marionettentheater nach Bad Tölz gefolgt, in deren Mittelpunkt naturgemäß das neue Planetarium stand.
Zu Beginn des Thementags gab Christoph Melovski, CEO der Isyfyd System Gmbh einen kurzen Überblick über dieses Unternehmen, das als Vertriebs- und Beratungsgesellschaft eng mit der Seebacher GmbH zusammenarbeitet. Ein wichtiger Schwerpunkt bildet hier das Gebäudesteuerungsystem ISYGLT. Dieses Bus-System ist frei programmierbar und hat flexible Systemgrenzen. Das System eignet sich besonders gut für die Lichtplanung und -steuerung.
Lichtplanung in Kirchen
Frau Dr. Eva-Maria Kreuz von der Lichtplanungsagentur Kreuz + Kreuz referierte im Anschluss daran über Lichtplanung und Leuchtenentwicklung in Kirchen. Die Agentur Kreuz + Kreuz ist seit 1988 auf die Lichtplanung in Kirchen spezialisiert und hat seitdem etwa 200 Kirchen und 22 Gemeindezentren beleuchtet sowie 25 Kirchen renoviert.
Wenn es um Licht geht, gehe es um das richtige Licht, am richtigen Ort, in der richtigen Menge und zur richtigen Zeit, so Frau Kreuz.
Das richtige Licht: bedeutet beim Tageslicht die richtigen Fenster, beim Kunstlicht die richtigen Leuchten
Am richtigen Ort: hier lautet das Stichwort Zonierung. Der Kirchenraum wird in verschiedene Zonen und in verschiedene Schalt- und Dimmgruppen eingeteilt.
In der richtigen Menge: dies ist eine Frage der Lichtsteuerung
Zur richtigen Zeit: hier geht es um verschiedene Lichtstimmungen
Lichtplanung und -steuerung in Kirchen gibt es bereits seit dem Mittelalter, erinnerte Frau Kreuz. Über die Jahrhunderte hätten sich nur die Instrumente geändert, mit denen man dies zu bewerkstelligen versuche. So wurde im (damals noch unvollendeten) Kölner Dom bereits im 16. Jahrhundert die notwendige Anzahl von Kerzen detailliert je nach Ort und Art der Messe festgelegt. Während man im Mittelalter die Lichtsteuerung nur mit der Anzahl der Kerzen und Fackeln erreichen konnte, kamen über die Jahrhunderte neue Mittel hinzu. Von Petroleumlampen und Gasleuchten im 19. Jahrhundert über erste Dimmungsmöglichkeiten mit mechanischem Stelltrafo im 20. Jahrhundert bis hin zu den heutigen Möglichkeiten der Lichtsteuerung etwa mittels Dali.
Je nach Nutzung stehen unterschiedliche Bereich des Kirchenraums im Fokus. Dies bezieht sich sowohl auf den Ort, als auch auf Art und Intensität der Beleuchtung. Bei einem Gottesdienst müssen andere Bereiche ausgeleuchtet werden als bei einem Orgel- oder Chorkonzert, bei einem Jugendgottesdienst ist eine andere Art und Verteilung der Beleuchtung notwendig als bei einem traditionellen Hochfest, wie Weihnachten oder Ostern. Demgemäß müssen in der Lichtsteuerung verschiedene Szenen je nach Anlass hinterlegt werden. Je größer der Kirchenraum und je vielfältiger die Nutzung, desto mehr unterschiedliche Szenen werden benötigt.
Wie eine entsprechende Lichtplanung konkret aussehen kann, verdeutlichte Frau Kreuz anhand von vier sehr unterschiedlichen Kirchen, bei denen Kreuz + Kreuz die Renovierung der Beleuchtung realisiert hat. Bei der Anscharkirche in Neumünster etwa bestand die Beleuchtung vor der Renovierung überwiegend aus sehr hoch unter der Decke angebrachten Kronleuchtern. Diese wurden im Zuge der Renovierung durch zwei jeweils 13,6m lange schlanke Lichtprofile ersetzt. Diese folgen in ihrer Kontur dem Verlauf der Empore und fügen sich so mit ihren mehrfach schalt-und dimmbaren Lichtkomponenten unauffällig in den Raum ein. Die Lichtprofile wurden in sechs Schalt- und Dimmgruppen aufgeteilt. Alle Leuchten lassen sich über ein EIB/KNX-Bussystem mit integrierter Lichtsteueranlage schalten und dimmen. 24 Lichtszenen sind programmiert und können von einem Touchscreen am Platz des Küsters abgerufen werden. Im Zuge der Renovierung wurde zudem der vorher weiße Innenraum zu einem kräftigen Blau verändert. Damit wurde der zuvor auffallende Kontrast zwischen prächtigem Äußeren und eher nüchternem Innenraum abgemildert.
Lichtplanung in Kulturbauten
Helmut Angerer von Conceptlicht GmbH beschäftigte sich in seinem Vortrag mit der Lichtplanung von Kulturbauten. Die Conceptlicht GmbH war unter anderem für die Lichtplanung bei den Kolonnadenhöfen und beim Bodemuseum auf der Museumsinsel in Berlin, beim Kulturpalast Dresden und beim NS-Dokumentationszentrum in München verantwortlich. Lichtplanung sei weit mehr als reine Leuchtenplanung, betonte Angerer. Die Leuchten sind nur ein Mittel zum Zweck. Idealerweise sollen sie nicht als solche wahrgenommen werden.
Am Beispiel des Kulturpalastes Dresden stellte Angerer eine Analogie zur Musik her: »Weshalb besucht man wohl ein Konzert? Wohl kaum der Instrumente wegen, sondern wegen der Musik.« Leuchten seien wie die Instrumente der Musiker und sollten sich nicht selbst in den Vordergrund drängen. Im Vordergrund steht nämlich die Musik und das Klangerlebnis. Werde dieses Prinzip nicht befolgt, so leide in einem Raum mit hohem gestalterischem Anspruch die Atmosphäre. Besonders wichtig sei es beispielsweise, sichtbare Lichtkegel von Downlights zu vermeiden. Beim Kulturpalast in Dresden sei dies gelungen. Anhand einiger anderer berühmter Konzertsäle weltweit, demonstrierte Angerer die negativen Auswirkungen von Lichtkegeln auf die Saal-Atmosphäre.
Auch beim NS-Dokumentationszentrum in München lag die Lichtplanung bei Conceptlicht. Da es sich hierbei um ein Betongebäude handelt, entschied man sich bei der Beleuchtung für eine neutralweiße Lichtfarbe. Eine warmweiße Lichtfarbe führt bei Beton sehr leicht zu einer schmutzigen Wahrnehmung. Zudem wäre dies auch dem ernsten Thema nicht angemessen. Die Architektur des NS-Dokumentationszentrums ist von klaren geometrischen Strukturen geprägt. Durch den Einsatz von linearen streng orientierten Lichtbändern nimmt das Beleuchtungskonzept die Grundzüge dieser Architektur auf. Die lineare Anordnung der Stromschienen unterstreicht dies zudem. Um ein ruhiges Deckenbild zu erzielen, wurden Strahler nur in ausgewählten Bereichen und so reduziert wie möglich eingesetzt. Eine besondere Herausforderung lag in der Hinterleuchtung der zahlreichen Texttafeln und Tische. Durch Blendrahmen und Konturenschieber gelang es, eine Spiegelung in den Glasflächen der Tischelemente zu vermeiden und so die Lesbarkeit der Textelemente zu gewährleisten. Grundsätzlich nimmt sich die Beleuchtung der Ausstellung stark zurück. Im Vordergrund soll die Ausstellung stehen, nicht die Beleuchtung. Für das Lichtkonzept im NS-Dokumentationszentrum wurde cie Conceptlicht GmbH 2016 mit dem Lichtdesignpreis in der Kategorie Museen ausgezeichnet.
Bei Architekturbeleuchtung sei es generell wichtig, die Strahlung exakt auf die Geometrie abzustimmen, um Lichtkegel zu vermeiden, betonte Helmut Angerer. Bei Conceptlicht werden daher die Leuchten üblicherweise eigens für jedes Projekt selbst entwickelt. Der Hersteller erhält dann direkt die Koordinaten und konstruiert sie nach diesen Vorgaben.
Lichtsteuerung im Planetarium Bad Tölz
Martin Daller, Geschäftsführer bei Seebacher GmbH, berichtet im Anschluss daran über die Planung und Konzeption der Lichtsteuerung im Planetarium Bad Tölz in den Jahren 2013 und 2014. Das Problem bei der Beleuchtung der Planetariumskuppel lag darin, eine möglichst stufenlose Dimmung bis hin zu einem minimalen Endpunkt zu erreichen. Verwendet wurde dazu eine LED-Kette mit insgesamt 208 LED-Stripes 180mm, die in 8 Ketten für 8 Einspeisungen aufgeteilt wurde. Die »leistungslose« Dimmung geschieht über einen ISYGLT 4-Kanal LED-Dimmer. Die Steuerung geschieht über einen ISYGLT-Compact-Controller mit DMX-Schnittstelle. Hieran ist ein 24-Kanal Lichtstellpult angeschlossen.
Bei der Erstinbetriebnahme traten jedoch einige unerwartete Probleme auf. Der minimale Dimmwert stellte sich als viel zu hell heraus. Außerdem kam es immer wieder zu Flackern im unteren Dimmbereich. Zudem waren die einzelnen Dimmsteps auffällig erkennbar. Zur Lösung dieses Problems wurden zunächst eine Optimierung der Dimmkurven und die Verringerung des Maximalwerts für eine feinere Dimmauflösung vorgenommen. Im nächsten Schritt entschloss sich Martin Daller zu einem kompletten Redesign des Dimmers mit einer Verringerung des Leistungsoutputs und einer Optimierung des Steuersignaloutputs, sowie zum Einbau eines Filters in die LEDs.
Auch danach bestand jedoch noch das Problem, dass die blauen LEDs im minimalen Dimmlevel immer noch viel zu hell strahlten.
Die Lösung brachte schließlich die Einführung eines zusätzlichen LED-Schlauch mit insgesamt 2W blauen LEDs für den untersten Bereich. Beim Dimmen wird nun zuerst der LED-Schlauch mit der blauen Farbe hochgefahren. Dies geschieht über 2 verschiedene Schieberegler. Erst im Anschluss daran werden dann die LED-Stripes zugeschaltet. Auf diese Art gelang es schließlich, die für eine Planetariumsvorführung geeignete Lichtsteuerung zu realisieren.
Höhepunkt des Thementags war schließlich die Führung des Theater-Leiter Albert Maly-Motta durch »sein« Planetarium. Die Besucher konnten sich dabei zunächst von der einwandfreien Funktionsweise der Lichtsteuerung überzeugen. In einer etwa 1 ½-stündigen Präsentation erläuterte Maly-Motta anschließend den aktuellen Sternenhimmel über Bad Tölz im Herbst 2017 mit den immer sichtbaren wichtigen Bezugspunkten wie dem großen Wagen und dem Polarstern. In der Simulation demonstrierte er zudem die Veränderung von Sternenhimmel, Sonnen- und Planetenbahnen im Jahresverlauf und in Abhängigkeit vom jeweiligen Breitengrad.