Ich habe in der letzten Zeit mehrere interessante Gespräche mit Netzbetreibern und Elektroinstallationsunternehmen zur Umsetzung der VDE-AR-N 4100 geführt. Dabei ging es um den Einsatz von selektiven Überstrom-Schutzeinrichtungen bei Anschluss von Erzeugungsanlagen sowie Bezugsanlagen mit nicht haushaltsüblichem Lastverhalten. Es wird behauptet oder gefordert, dass überhaupt keine SH-Schalter 63 A eingesetzt werden dürfen. Vorhandene SH-Schalter 63 A müssten daher gegen SH-Schalter mit max. 35 A oder 50 A Auslösestrom getauscht werden. Es wird an dieser Stelle auch immer wieder die Tabelle 7 der VDE-AR-N 4100 angeführt, aus der diese Forderung hervorgeht.
Weiterhin wird behauptet, dass die Leistungen von Erzeugungs- und Bezugsanlagen addiert werden müssen. Ich kann diese Forderungen an keiner Stelle in der Norm finden. Unter Punkt 7.3.1 werden zwar Ströme von SH-Schaltern genannt, aber nur, wenn dieser den Überlastschutz übernimmt. Bei fest angeschlossenen Betriebsmitteln mit einer definierten Leistung, welche unterhalb oder gleich der zulässigen Strombelastbarkeit liegt, ist es aber nicht erforderlich, einen Überlastschutz zu installieren. Hier wird lediglich der Leitungsschutz betrachtet. Ein Überlastschutz ist nur erforderlich, wenn es z. B. möglich ist, bei Fehlschaltungen eine größere Leistung zu erzeugen. Ich denke hier z. B. an den Ausfall des Lastmanagements bei Ladeeinrichtungen. Dieser Überlastschutz muss dann aber nicht durch den SH-Schalter übernommen werden, sondern kann durch entsprechende Absicherung in der Kundenanlage erfolgen. Die Absicherung in der Kundenanlage muss dann mit Leitungsschutzschaltern von 25 A, 32 A oder 40 A erfolgen, da bei Beachtung der großen Prüfströme von 1,45 hier unterhalb der SH-Schalter mit den großen Prüfströmen von 1,2 geblieben werden muss.
Hierbei ist auch auf die entsprechende Zählerplatzverdrahtung zu achten. Die Tabelle 7 der VDE-AR-N 4100 wird bei der Verwendung von Zweirichtungszählern oftmals fehlinterpretiert, obwohl in Satz 1 steht, dass die max. Ströme auch für diese Anwendung gelten. Es wäre wünschenswert die Tabelle 7 etwas ausführlicher darzustellen. Beim Betrieb von Erzeugungs- und Bezugsanlagen sind diese nicht zu addieren, da sich die Leistungen am Zählerplatz im Idealfall aufheben und im schlechtesten Fall immer maximal die Leistungsstärke Last ansteht. Gerne würde ich hierzu ihre Meinung hören.
M. L., Nordrhein-Westfalen